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Nr. 5/2005 September & Oktober Ausgabe 21

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wenn wir unsere Dehnübungen machen. Das würde wahrscheinlich auch so mancher 80jährigen<br />

Omi gefallen. Doch ja, umschwärmt werden wir alle! Uniform und Autorität machen<br />

sexy. Gut, unsere Uniform ist eher nackig …<br />

FM: Hat sich in den letzten Jahren etwas verändert?<br />

MM: Das Umfeld des Rettungsschwimmens ist professioneller geworden. Früher waren<br />

viele Rettungsschwimmer Haudegen, die viel feierten und die Weiber auf dem Stand hatten.<br />

Heute machen wir regelmäßig Übungen, was sinnvoll ist, denn wir stehen voll in der Pflicht.<br />

Der Unterschied zwischen uns und den Rettern des DLRG ist, dass sie ihr Leben nicht in<br />

Gefahr bringen müssen. Wir hingegen müssen raus, egal bei welchen Bedingungen. Machen<br />

wir es nicht, können wir einen Prozess an den Hals bekommen. Wir sind voll haftbar zu<br />

machen. Tja, das sind wir Rettungsschwimmer. Komm mal vorbei, wenn es regnet. Dann<br />

sitzen wir hier aneinander gekuschelt, wie verheiratet, und erzählen uns Geschichten.<br />

Du musst dich echt leiden mögen.<br />

FM: Und im Winter? Was macht ihr da?<br />

MM: Die letzten 17 Jahre war ich jeden Winter drei Monate lang weg. Aber das ist jetzt leider<br />

vorbei, weil meine kleine Tochter in die Schule kommt. Ich bin ja eigentlich am Strand bei<br />

den Rettungsschwimmern aufgewachsen und habe schon gelernt, dass man noch eine andere<br />

Tätigkeit braucht, um Geld zu verdienen. Die Jungs waren alle Handwerker und haben ihr<br />

eigenes Geld verdient und – das Größte war natürlich – dass sie im Winter immer weggefahren<br />

sind. Also habe ich auch Tischler gelernt, um mir mein eigenes Geld zu verdienen,<br />

und bin im Winter immer mit meiner Freundin weggefahren. Die beiden Berufe, Tischler und<br />

Rettungsschwimmer, lassen sich prima miteinander kombinieren. Hier in den Touristengebieten<br />

hast du einen Sonderstatus. Da gibt es für Handwerker bestimmte Saisons wie vor<br />

Ostern, Weihnachten oder kurz vor dem Sommer, denn zu den Ferienzeiten will kein<br />

Vermieter einen Handwerker im Haus haben. Also kann man immer weg, wenn man nicht<br />

gebraucht wird. Im Sommer würde ich nie wegfahren wollen, weil es hier so schön ist. Und<br />

überleg mal: Wir haben hier 40 Kilometer Strand, wir können Surfen gehen oder abends<br />

am Strand spazieren. Ich schnapp mir meine Kinder und springe ins Wasser. Das ist schon<br />

toll. Nun ja, jetzt wo unsere Kleine in die Schule kommt, müssen wir die nächsten Jahre<br />

bei unseren Winterreisen etwas zurückstecken. Ein Drei-Monate-Trip im Winter ist in den<br />

nächsten Jahren nicht mehr möglich, aber ich gebe meinen Kindern genau 16 Jahre, bis<br />

sie wieder aus dem Haus sein müssen, damit ich wieder meine Trips machen kann – ist<br />

natürlich Spaß! Meine Kurztrips werde ich trotzdem machen. Das weiß meine Familie auch.<br />

Tom Körber<br />

FM: Ist die Sylter Surf-Szene etwas Besonderes?<br />

MM: Für uns ist die Szene total normal und Surfen<br />

nicht die coolste Sportart überhaupt. Wir sind in der<br />

Szene groß geworden, von daher denken wir gar<br />

nicht so, wie viele andere uns oftmals sehen. Wir<br />

fühlen uns eher wie Fußballer, die in einer Liga groß<br />

werden. Wir leben damit. Woanders sind die Surf-<br />

Szenen teilweise nur durch die Medien gewachsen.<br />

Da geht man mit dem Trend und springt deswegen<br />

auf den Zug auf, weil man auch so ein cooler Typ<br />

sein will. Wir sind jedenfalls offen für alles und alle<br />

Neuen! Es sollen ruhig andere Leute auf die Insel<br />

kommen. Das wollen wir zumindest und das kann<br />

ich auch von meiner Surf-Gang behaupten. Wir<br />

freuen uns tierisch. Dadurch, dass wir reisen und<br />

immer überall willkommen waren, sogar in den härtesten<br />

Local-Gebieten von Lanzarote, verhalten wir<br />

uns auf Sylt genauso. Wenn ich an jemanden vorbeipaddele<br />

und „Moin“ sage, der andere aber seinen<br />

Mund nicht auf bekommt, vielleicht noch die<br />

Miene verzieht, denke ich auch „Hallo – kann man<br />

nicht einmal freundlich grüßen?“ Seid wir klein<br />

sind, sind für uns alle Surfer und Windsurfer willkommen<br />

und das ist auch heute noch so. Aber ich<br />

bekomme schon mit, dass nicht alle so denken.<br />

Man muss aber auch daran denken, dass eine<br />

anfängliche Zurückhaltung gegenüber Fremden<br />

einfach typisch norddeutsch ist. Das macht wohl<br />

auch den Unterschied im Nord-Süd-Gefälle aus.<br />

Im Süden Deutschlands sind die Leute auf Anhieb<br />

freundlich, aber oberflächlich. Im Norden dauert<br />

das sich einander Annähern etwas länger,<br />

aber unfreundlich sollte eigentlich keiner sein.<br />

Tom Körber<br />

Tom Körber Tom Körber<br />

Tom Körber<br />

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