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sicherlich einig sein, daß im lieben deutschen Vaterland alles gut sei: "bene,<br />

quod non sic" (also in erläuternder Umschreibung übersetzt: es ist gut, daß es bei<br />

uns nicht so ist, wie ich es Dir, lieber Leser, gleich an einem Beispiel zeigen<br />

werde). Und in der Nachricht des Übersetzers steht nur ein lateinisches Motto,<br />

"welches jeder, der Latein versteht, sich selber übersetzen kann" 3<br />

Der Text beginnt mit einem Bericht über die Zusammenkunft des ersten<br />

bayrischen Landtags im Januar 1819. Mit einer Nordpolexpedition hat das also<br />

nichts zu tun. Blättert man ihn eilig durch, so erhellt rasch, daß auch über den<br />

zweiten Landtag 1822 gehandelt wird. Kein Kapitän Roß weit und breit. Nur<br />

Reden verschiedener Delegierter über Steuergesetzgebung, politische<br />

Philosophie und eine hanebüchene Geschichte über die Suche nach einer<br />

entschwundenen Glückskugel. Ganz am Schluß schließlich die Aufklärung über<br />

die Umstände der Niederschrift: Der Landtag hat sich selber zum Souverän<br />

erklärt (was in Bayern natürlich undenkbar gewesen wäre) und will nicht mehr<br />

nur alle zwei Jahre zusammentreten, sondern in Permanenz tagen. Der Autor ist<br />

zum Sekretär ernannt worden und soll die Abgeordneten besuchen, um einen<br />

gemeinsamen Beschluß zu erwirken. Die Regierung hat aber davon Wind<br />

bekommen, läßt ihn festnehmen und auf eine der neuen Festungen des<br />

Deutschen Bundes bringen. Perfiderweise mit der Begründung, daß ihn ein<br />

langer Aufenthalt dort schon zur Einsicht führen würde, wie notwendig derartige<br />

"feste Plätze" wären (man fühlt sich - am Anfang des 19. Jahrhunderts - an den<br />

Gröfaz erinnert). Dort sitzt er nun, langweilt sich, ist von der Notwendigkeit<br />

derartiger Festungen natürlich immer noch nicht überzeugt und gerät über seinen<br />

Barbier schließlich an ein Buch, das ein reisender Engländer in einem Gasthof<br />

vergessen hat. Eben jenen "Fünften Reisebericht". Diesen fängt er nun an zu<br />

übersetzen, der Engländer fordert das Buch zurück, und der Übersetzer schickt<br />

es ihm mit der Bitte, doch ein zweites Exemplar zu übermitteln, "da in<br />

Deutschland die Preßfreiheit bisher großen Theils nur im Titel der hierüber<br />

promulgirten Edikte zu finden sey". Das schon übersetzte Bruchstück bringt der<br />

Barbier zum Drucker. Dieser legt los, und ... Ja "was und?" ist hier mit Recht zu<br />

fragen. Denn hier bricht die Ursprungslegende in sich zusammen. Ein<br />

Reisebericht liegt eben nicht vor, sondern eine "Reportage" über die beiden<br />

ersten bayrischen Landtage. Die Fiktion ist in sich nicht schlüssig, sondern ganz<br />

arg gichtbrüchig.<br />

Viele Zeitgenossen dürften also mit dem Werk nichts anzufangen gewußt haben.<br />

Eventuell hatten sie aber auch kaum Gelegenheit, ein Exemplar beim<br />

Buchhändler durchzublättern. Denn wenn der Zensor nicht ganz debil war,<br />

dürfte ein Verbot des Werkes nicht lange auf sich gewartet haben. Wie dem<br />

auch immer gewesen sein mag, das weitere Schicksal des Buches ist traurig: es<br />

3 "Sta pes, sta mi pes, ne labere mi pes / ne mihi stes mi pes, lectus erunt lapides". - Also in etwa: Fuß, halt ein,<br />

mein Fuß halt ein, und gleite nicht aus/ und halte auch in Zukunft nicht ein, die Steine werden dir zum Bett<br />

dienen.

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