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»Ich darf in einer Woche raus, du<br />
musst noch bleiben«, necken sich die<br />
Patienten gegenseitig. Tatsächlich haben<br />
Lucia und ihre Freunde auf Zeit aus Mazedonien,<br />
Russland und der Türkei noch<br />
Glück. Das Röntgenbild ihrer Lungen<br />
zeigt nur einen kleinen weißen Fleck. Sie<br />
alle wissen, dass der TBC-Spuk bald vorüber<br />
ist. Wann und wo er begann, kann<br />
keiner sagen. Es mag im Café, bei der<br />
Arbeit, im Bus oder sonstwo gewesen sein.<br />
Fast als Einziger hier glaubt Helmut<br />
Speckbacher zu wissen, wie die Krankheit<br />
begann. Im Traktor auf einem Feldweg in<br />
Paraguay. Es war kurz vor Weihnachten,<br />
40 Grad heiß und Schwärme von Moskitos<br />
stachen auf Speckbacher ein. Von diesem<br />
Tag an siechte er schlapp vor sich<br />
hin. Ein anderer Patient glaubt, sein Teppichboden<br />
habe ihn angesteckt.<br />
Oberarzt Albert Neher, der die Station<br />
leitet, redet sich über solche »Hirngespinste«<br />
schnell in Rage. Aber nur kurz, denn<br />
allzu sehr will er sich mit den Einzel-<br />
Gezielt gegen Krebs<br />
Merck geht neue Wege<br />
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www.onkologiepartner.de<br />
Merck Oncology | Targeting Cancer for Better Lives<br />
schicksalen seiner Patienten nicht beschäftigen.<br />
Viele ertränken ihren Frust in<br />
Bier und Schnaps. Dabei schwächt Alkohol<br />
ebenso wie eine HIV-Infektion oder<br />
Diabetes das Immunsystem – weshalb die<br />
Tuberkulose überhaupt erst ausbricht. 90<br />
Prozent der Infizierten bleiben ihr Leben<br />
lang verschont.<br />
Sian freut sich, wenn der Oberarzt,<br />
dessen Namen er sich nicht merken kann,<br />
zur Visite kommt. Er fühlt sich einsam in<br />
der Fremde. Auf seinem Nachttisch steht<br />
ein Foto des Dalai Lama. Halt gibt ihm<br />
das Bestreben, trotz widriger Umstände<br />
ein guter Mensch zu sein. Eine Fliege will<br />
nach draußen und scheitert an der Scheibe.<br />
Sian öffnet das Fenster. Zwischendurch<br />
reiht der Junge Puzzle-Stücke<br />
aneinander.<br />
Manchmal trifft er Gerda Reinsch.<br />
Den Schlauch, der vom Brillenbügel in<br />
ihre Nase führt, sieht man fast nicht. Seit<br />
zehn Jahren funktioniert ihre Lunge nur<br />
noch eingeschränkt. Ohne Sauerstoffge-<br />
Medizin & Wissenschaft<br />
rät kann sie nicht mehr atmen. Vor kurzem<br />
entdeckten die Ärzte darüber hinaus<br />
Mykobakterien in ihrer Lunge: Verdacht<br />
auf Tuberkulose, ab nach Gauting. Frau<br />
Reinsch hat eine mit TBC verwandte<br />
Krankheit. Sie wird Monate im Krankenhaus<br />
bleiben, danach ein weiteres Jahr<br />
Tabletten nehmen müssen. Warum es<br />
gerade sie, die nie rauchte, so schlimm<br />
erwischt hat, begreift sie nicht.<br />
Deshalb schmökert Gerda Reinsch in<br />
Thomas Manns »Zauberberg«. Jetzt kann<br />
sich die Frau vorstellen, wie dereinst Liegekuren<br />
in einem Sanatorium abliefen.<br />
Ihre Fragen an das Schicksal bleiben jedoch<br />
unbeantwortet. Egal, wie viel sie<br />
bohrt, forscht und grübelt. Nur das Puzzle<br />
vor ihr auf dem Tisch wird demnächst<br />
komplett sein. Und das norwegische<br />
Städtchen Åesund zeigen. In klarer, kalter<br />
Winterluft.<br />
Werner Kurzlechner<br />
*Namen aller Patienten geändert<br />
EB-06-72-1-01