gesamt 12 - Evolutionsfehler.de
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Erkenntnisse <strong>de</strong>r Chromosomentheorie, <strong>de</strong>r Vererbungslehre, <strong>de</strong>r Populationsgenetik, <strong>de</strong>s biologischen Konzepts <strong>de</strong>r Spezies und<br />
vieler an<strong>de</strong>rer biologischer und paläontologischer Vorstellungen. Die neue Synthese lehnt je<strong>de</strong> Vererbung erworbener Eigenschaften<br />
vollständig ab und unterstreicht <strong>de</strong>n schrittweisen Charakter <strong>de</strong>r Evolution. Sie erkennt, dass sich Evolutionsphänomene immer als<br />
Populationsphänomene beschreiben lassen und bestätigt wie<strong>de</strong>rum die überragen<strong>de</strong> Wichtigkeit <strong>de</strong>r Rolle, die <strong>de</strong>r natürlichen<br />
Auslese zukommt.<br />
Die Synthetische Theorie hat viel zum Verständnis <strong>de</strong>s Evolutionsprozesses beigetragen. Ihr großer Einfluss auf die weitere<br />
biologische Forschung führte zu <strong>de</strong>r Erkenntnis, dass je<strong>de</strong>s biologische Problem eine Evolutionsfrage birgt, dass es richtig und<br />
legitim ist, bei je<strong>de</strong>r Betrachtung einer Struktur, einer Funktion o<strong>de</strong>r eines Prozesses in <strong>de</strong>r Biologie zu fragen: Warum gibt es das?<br />
Welchen Überlebensvorteil brachte sein Erwerb? Fragen dieser Art hatten einen enormen Einfluss auf alle Gebiete biologischer<br />
Forschung, beson<strong>de</strong>rs auf Molekularbiologie, Verhaltensforschung und Ökologie.<br />
Philosophen, Physiker und die meisten Nichtbiologen haben immer noch Schwierigkeiten, die mo<strong>de</strong>rne Begründung <strong>de</strong>r Evolution<br />
durch natürliche Auswahl zu begreifen. Selbst auf die Gefahr hin, mich zu wie<strong>de</strong>rholen, möchte ich hier noch einmal die wichtigsten<br />
Gesichtspunkte <strong>de</strong>r heutigen Evolutionstheorie zusammenfassen und beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>n Unterschied zwischen <strong>de</strong>r Evolution <strong>de</strong>s<br />
Lebendigen und <strong>de</strong>r Evolution <strong>de</strong>s Kosmos o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>rer Vorgänge, mit <strong>de</strong>nen sich die Physiker befassen, herausstellen.<br />
Evolution durch natürliche Selektion ist, ich wie<strong>de</strong>rhole das, ein Prozess in zwei Stufen. In <strong>de</strong>r ersten Stufe wird durch<br />
Rekombination, Mutation o<strong>de</strong>r sonstige Zufälle eine genetische Variante gezeugt; in <strong>de</strong>r zweiten wird durch Selektion Ordnung in die<br />
Masse <strong>de</strong>r Varianten gebracht. Die erzeugten Varianten sind, da we<strong>de</strong>r von <strong>de</strong>n laufen<strong>de</strong>n Bedürfnissen <strong>de</strong>s Individuums verursacht<br />
noch von <strong>de</strong>r Natur seiner Umwelt beeinflusst, immer zufallsbedingt.<br />
Die natürliche Auslese kann <strong>de</strong>shalb so erfolgreich sein, weil ihr ein unerschöpflicher Strom von Varianten zufließt. Er entspringt aus<br />
<strong>de</strong>m hohen Individualitätsgrad aller biologischen Systeme. Noch nicht einmal zwei Zellen <strong>de</strong>sselben Organismus sind einan<strong>de</strong>r<br />
vollkommen gleich; je<strong>de</strong>s Individuum ist einmalig, je<strong>de</strong> Spezies, je<strong>de</strong>s Biotop, je<strong>de</strong>s Ökosystem. Nichtbiologen können sich das<br />
Ausmaß organisch möglicher Varianten oft nicht vorstellen. Abgesehen davon ist es unvereinbar mit <strong>de</strong>m Denken in<br />
essentialistischen Kategorien. Ein ganz an<strong>de</strong>res Begriffssystem wird notwendig: Denken in Populationen. (Die Individualität<br />
biologischer Systeme und die Tatsache, dass es für beinahe alle Umweltvorgaben mehrere unterschiedliche Lösungen gibt, machen<br />
zusammen je<strong>de</strong> Evolution im organischen Bereich unwie<strong>de</strong>rholbar. Astronomen mit <strong>de</strong>terministischen Ansichten lassen sich von<br />
statistischen Überlegungen zu <strong>de</strong>r Überzeugung verleiten, dass alles, was sich auf <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> ereignet hat, auch auf Planeten an<strong>de</strong>rer<br />
Sterne stattgefun<strong>de</strong>n haben muss. Biologen betrachten es dagegen unter <strong>de</strong>m Eindruck <strong>de</strong>r geringen Wahrscheinlichkeit je<strong>de</strong>s<br />
einzelnen Entwicklungsschrittes in <strong>de</strong>r Evolution <strong>de</strong>s Menschen praktisch als ausgeschlossen, dass es zum zweitenmal gibt, was<br />
Simpson die "Vorherrschaft <strong>de</strong>r Humanoi<strong>de</strong>n" genannt hat.<br />
Voneinan<strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>ne Individuen sind in kreuzungsfähigen Populationen und in Arten organisiert. Alle Mitglie<strong>de</strong>r einer Spezies<br />
sind sozusagen ein Teil von ihr, <strong>de</strong>nn sie sind alle aus <strong>de</strong>m gemeinsamen Genpool entstan<strong>de</strong>n und tragen zu ihm wie<strong>de</strong>r bei. Die<br />
einzelne Population o<strong>de</strong>r auch eine Spezies als Ganzes ist das eigentliche "Individuum", das <strong>de</strong>r Evolution ausgesetzt ist, nicht ihre<br />
einzelnen Mitglie<strong>de</strong>r.<br />
Biologisch gesehen besitzt je<strong>de</strong>s Individuum einen eigentümlichen Dualismus. Es gehört zu einem Genotyp (die Gesamtheit seiner<br />
Gene, von <strong>de</strong>nen nicht alle ausgeprägt sein müssen) und ist ein Phänotyp (<strong>de</strong>r Organismus, <strong>de</strong>r aus <strong>de</strong>r Translation <strong>de</strong>r Gene <strong>de</strong>s<br />
Genotyps hervorgegangen ist). Der Genotyp ist Teil <strong>de</strong>s Genpools <strong>de</strong>r Population. Der Phänotyp konkurriert mit allen an<strong>de</strong>ren<br />
Phänotypen um <strong>de</strong>n reproduktiven Erfolg. Dieser Erfolg, <strong>de</strong>r die Darwinsche Fitness" <strong>de</strong>s Individuums bestimmt, ist nicht von innen<br />
her <strong>de</strong>terminiert, son<strong>de</strong>rn ist das Ergebnis vielfältiger Interaktionen mit Fein<strong>de</strong>n, Konkurrenten, Krankheitserregern und an<strong>de</strong>ren<br />
Auslesefaktoren. Die Konstellation <strong>de</strong>r Faktoren än<strong>de</strong>rt sich mit <strong>de</strong>n Jahreszeiten, von Jahr zu Jahr, o<strong>de</strong>r von Ort zu Ort.<br />
Die zweite Stufe <strong>de</strong>r natürlichen Auslese, <strong>de</strong>r eigentliche Akt <strong>de</strong>r Selektion, ist ein von außen wirksames Ordnungsprinzip. In einer<br />
Population von Tausen<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r Millionen eigenständiger Individuen wer<strong>de</strong>n einige von ihnen bestimmte Gensätze besitzen, die sie<br />
besser mit <strong>de</strong>n vorherrschen<strong>de</strong>n Umweltbedingungen fertig wer<strong>de</strong>n lassen als an<strong>de</strong>re Individuen. Sie bekommen eine statistisch<br />
höhere Überlebenschance und wer<strong>de</strong>n wahrscheinlich mehr Nachkommen hinterlassen als an<strong>de</strong>re Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r gleichen<br />
Population. Erst in dieser zweiten Stufe bekommt die natürliche Auslese eine gewisse Richtung. Es wird die Häufigkeit <strong>de</strong>r Gene und<br />
Genkonstellationen zunehmen, die zu einer gegebenen Zeit und an einem gegebenen Ort anpassungsfähig sind, die Fitness<br />
erhöhen, Spezialisierung för<strong>de</strong>rn, einer sprunghaften Ausbreitung Vorschub leisten und <strong>de</strong>n evolutionären Prozess vorantreiben.<br />
Evolution durch Auslese unterliegt, mit an<strong>de</strong>ren Worten, we<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m reinen Zufall, noch ist sie zielgerichtet. Evolution ist ein<br />
zweistufig hintereinan<strong>de</strong>r ablaufen<strong>de</strong>r Prozess, in <strong>de</strong>m Zufall und Notwendigkeit vorteilhaft miteinan<strong>de</strong>r verknüpft sind. Mit <strong>de</strong>n<br />
Worten Sewall Wrights, einem <strong>de</strong>r ersten Populationsgenetiker: "Der darwinsche Prozess ständiger Wechselwirkung zwischen einem<br />
zufallsbedingten und einem selektiven Vorgang ist keineswegs ein Mittelding zwischen nacktem Zufall und reinem Determinismus;<br />
<strong>de</strong>nn die Folgen dieses Prozesses sind von grundsätzlich an<strong>de</strong>rer Qualität als die seiner bei<strong>de</strong>n Komponenten."<br />
Soviel ich weiß, zweifelt kein Darwinist an <strong>de</strong>r Tatsache, dass alle Prozesse <strong>de</strong>r organischen Evolution im Einklang mit<br />
physikalischen Gesetzen ablaufen; daraus lässt sich jedoch nicht <strong>de</strong>r Umkehrschluß ziehen, die biologische Evolution sei auf die<br />
Gesetze <strong>de</strong>r Physik reduziert. Bei <strong>de</strong>r biologischen Evolution wirken ganz bestimmte Prozesse auf ganz bestimmte Systeme ein, die<br />
sich wie<strong>de</strong>rum nur aus <strong>de</strong>m Zusammenhang mit <strong>de</strong>n gleichen Prozessen und Systemen sinnvoll beurteilen lassen, nicht aber<br />
bezüglich ihrer einzelnen Elemente. Die klassische Evolutionstheorie ist weit davon entfernt, zur "Molekulartheorie <strong>de</strong>r Evolution"<br />
reduziert zu wer<strong>de</strong>n, trotz <strong>de</strong>r auf reduktionistischen Definitionen beruhen<strong>de</strong>n Unterstellung, Evolution sei nichts an<strong>de</strong>res als "ein<br />
Wechsel in <strong>de</strong>n Genfrequenzen natürlicher Populationen"; <strong>de</strong>nn bei dieser Definition fallen die entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Aspekte <strong>de</strong>r Evolution<br />
unter <strong>de</strong>n Tisch: Än<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r Vielfalt und <strong>de</strong>r Anpassung. (Eines Tages gab ich einem Waschbären im Zoo ein Stück<br />
Würfelzucker. Er rannte damit zum Wasserbassin und wusch <strong>de</strong>n Zucker mit Hingabe solange, bis nichts mehr übrig war. Man soll<br />
kein komplexes System so weit auseinan<strong>de</strong>rnehmen, dass nichts Sinnvolles übrig bleibt.)<br />
Als wir in <strong>de</strong>n dreißiger und vierziger Jahren die neue Synthese erreicht hatten, fragten uns einige Außenstehen<strong>de</strong>, ob damit nicht<br />
das En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Evolutionsforschung erreicht sei, ob nicht alle Fragen eine Antwort gefun<strong>de</strong>n hätten. Die Antwort auf bei<strong>de</strong> Fragen ist<br />
ein entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>s "Nein". Das macht schon <strong>de</strong>r exponentielle Anstieg in <strong>de</strong>r Zahl <strong>de</strong>r Publikationen über Evolutionsbiologie <strong>de</strong>utlich.<br />
Lassen Sie mich auf einige <strong>de</strong>r Fragen eingehen, die zur Zeit die wissenschaftliche Forschung auf diesem Gebiet bewegen. Nach wie<br />
vor ist die Rolle <strong>de</strong>s Zufalls Gegenstand vieler Untersuchungen. 1871 wur<strong>de</strong> zum ersten Mal darüber diskutiert, ob die Selektion nicht<br />
vielleicht nur für <strong>de</strong>n kleineren Teil evolutionärer Verän<strong>de</strong>rungen verantwortlich zu machen sei, und ob nicht viele o<strong>de</strong>r gar die<br />
meisten Verän<strong>de</strong>rungen wirklich nur zufällige Varianten sind, sogenannte "neutrale" Mutationen.<br />
Seit es mit <strong>de</strong>r Technik <strong>de</strong>r Elektrophorese möglich ist, auch kleinste Unterschie<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Zusammensetzung eines bestimmten<br />
Enzyms herauszufin<strong>de</strong>n, haben Vergleiche zwischen einer großen Zahl zufällig ausgewählter Individuen einer Population<br />
veranschaulicht, welche enorme Menge von Allelen (mutierten Genen) dabei auftritt. Die erste Frage war, welcher Teil davon entfällt<br />
auf evolutionäres "Hintergrundrauschen", und welcher verdankt seine Existenz <strong>de</strong>r Selektion? Wie lassen sich die Genvarianten