GoebbelsJoseph-DerSteileAufstieg1944159S.Text c20130123 [159].
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geprägt als die heutigen europäischen Gegensätze. Trotzdem mußte die Union durch ihre unheilvollen Folgen hindurch, um zu<br />
einer kontinentalen Konzentration ihrer Kräfte zu kommen. Heute werden diese Gegensätze nur noch als altertümlich empfunden<br />
und führen ein bescheidenes Dasein in New-Yorker Witzblättern. Jedenfalls wäre es ein kindischer Unsinn, in den Vereinigten<br />
Staaten noch von der Möglichkeit eines Krieges zwischen ihren einzelnen Teilen zu sprechen. Und das ist das<br />
Entscheidende. Europa wird so lange Krieg unter sich führen, als es nicht seine gemeinsamen Interessen erkennt und Anstalten<br />
trifft, diese auch einheitlich zu vertreten. Aber es ist zu viel von den Engländern verlangt, wenn man von ihnen, die doch seit<br />
jeher die Nutznießer unserer kontinentalen Zerrissenheit waren und sind, erwartet, daß sie uns bei der Erreichung dieses Zieles<br />
helfen sollten.<br />
Es bedarf keines langatmigen Beweises, um darzutun, daß eine europäische Solidarität zwar gewisse Verzichte der daran<br />
beteiligten Staaten mit sich bringen, zugleich aber eine ungeahnte Blüte wirtschaftlicher, kultureller und sozialer Art unseres<br />
Kontinents heraufführen wird. Unser Erdteil besitzt zuzüglich der entsprechenden Teile des fruchtbaren und rohstoffreichen<br />
Ostens ein Lebenspotential, das unerschöpflich ist. Wir haben nur noch nicht die Kraft gefunden, es zu organisieren. Dieser<br />
Krieg wurde uns vor allem auch aufgezwungen, um uns daran zu hindern. Unterdes aber geht die Intensivierung der modernen<br />
Wirtschaft ihren vorbestimmten Gang, und es ergeben sich daraus bei Fortdauer unserer kontinentalen politischen<br />
Gegensätzlichkeiten soziale Konfliktsmöglichkeiten, denen vor allem die kleineren europäischen Staaten auf die Dauer nicht<br />
gewachsen sein dürften.<br />
Es ist eine undankbare Aufgabe, im harten Tagewerk des Krieges von kommenden Dingen zu sprechen. Aber der aufmerksame<br />
Zeitbeobachter wird doch zugeben müssen, daß das Schicksal für unsere europäische Zukunft zugleich die schwarzen und die<br />
weißen<br />
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Lose in seinem Schöße bereit hält. England hat leicht mit dem Feuer spielen, da es glaubt —und auch nur glaubt! —durch seine<br />
insulare Lage vor den unheilvollen Auswirkungen des Brandes gesichert zu sein. Sein verhängnisvolles Bündnis mit dem Bolschewismus<br />
ist ein Beweis dafür, daß die kontinentalen Interessen bei ihm keinerlei Schutz finden, und die europäischen Kreise,<br />
die heute bei ihm Anlehnung suchen, würden sich wahrscheinlich sehr wundem, wenn sie einmal in ihrer schwersten<br />
Daseinsprobe seiner Hilfe bedürftig wären.<br />
Wir leben heute zweifellos in einem äußerst kritischen Zeitalter der europäischen Kultur. Es geht in diesem Kriege nicht so sehr<br />
um die Hegemonie dieser oder jener Mächtegruppe auf dem Kontinent, als vielmehr darum, ob es überhaupt gelingen wird, die<br />
abendländische Menschheit vor dem gänzlichen Verfall zu retten. Wenn vielfach gewisse Teile des europäischen Bürgertums<br />
dem gigantischen Ringen im Osten mit ähnlichen Gefühlen zuschauen, mit denen man an einem Fußballspiel zwischen zwei<br />
Mannschaften teilnimmt, von denen keine auf besondere Popularität Anspruch erheben kann, immer bereit, mit seinen<br />
Sympathien nach jedem Torschuß zu wechseln, so ist das ein Beweis dafür, wie stark der kontinentale Lebensinstinkt in diesen<br />
Kreisen schon verkümmert ist. Wir wohnen gegenwärtig einem militärischen Drama bei, das über Leben und Tod unserer<br />
modernen Kultur und Zivilisation entscheiden wird. Vor einer solchen Frage gibt es kein Ausweichen; hier muß man sich<br />
bekennen und aus seinem Bekenntnis auch die entsprechenden Folgerungen ziehen. Es ist auch nicht damit getan, daß man die<br />
Hoffnung hegt, nach dem Kriege wieder da anfangen zu können, wo man vor dem Kriege aufgehört hat. Die bürgerlich-liberale<br />
Welt ist endgültig dahin. Europa hat nicht mehr zu wählen zwischen ihr und uns, sondern nur noch zwischen unserem Sieg und<br />
dem Bolschewismus. Eine andere Alternative ist nicht gestellt.<br />
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Es wäre naiv, in diesem Zusammenhang von einem Verrat Englands an Europa zu sprechen. Die Engländer haben nie europäisch<br />
in unserem Sinne gedacht, von den Amerikanern ganz zu schweigen. Churchill ist die Inkarnation einer insularen<br />
Begriffswelt, die sich europäischer Vorstellungen nur bedient, um das europäische Bild im Interesse Englands zu verwirren.<br />
Immer wenn die Engländer in Europa einbrachen, hinterließen sie nur Blut und Tränen. Aber immer auch fanden sie dabei auf<br />
dem Kontinent Hilfsvölker, die ihnen dabei die Steigbügel hielten. Das britische System der Dienstbarmachung unseres<br />
Kontinents für englische Zwecke war bisher deshalb so erfolgreich, weil es sich stets derselben Methoden bediente. Es zielte<br />
regelmäßig auf den stärksten Exponenten des europäischen. Bewußtseins hin und verstand es dabei, neidische und kurzsichtige<br />
Mitspieler auf dem Kontinent mobilzumachen, die um des Augenblickserfolges willen das große Ziel aus den Augen verloren.<br />
Während unser Kontinent aber früher nur der Gefahr ausgesetzt war, wieder in seine alte Zwietracht und Ohnmacht zu<br />
versinken, steht er heute vor seiner Lebensfrage, nämlich der, entweder zur Vernunft zu kommen bzw. angehalten zu werden<br />
oder aber infolge einer totalen Überflutung durch den Osten sein Dasein zu verlieren.<br />
Es mag absonderlich erscheinen, aus unserem Munde den Ruf zur europäischen Solidarität zu vernehmen. Aber wir glauben, als<br />
Verfechter eines national bedingten Volkstums, dem wir angehören und das wir über alles lieben, sowie einer sozialistisch<br />
bestimmten Erneuerungsvorstellung unseres eigenen Landes eine größere Berechtigung zu diesem Appell zu besitzen, als die<br />
Vertreter einer international verschwommenen Ideologie, die keinen Boden unter den Füßen hat.<br />
Wir wissen, daß unser Land auch bei klügster und weitsichtigster Führung nur in einem gesunden europäischen Kontinent leben<br />
und gedeihen kann. So sehr wir von dem Bewußtsein durchdrungen sind,<br />
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