GoebbelsJoseph-DerSteileAufstieg1944159S.Text c20130123 [159].
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Diese neue Ordnung wird halten, weil sie auf den Schlachtfeldern mit Blut getauft wurde. Jeder Soldat, der dafür sein Leben<br />
einsetzte, wird zu ihrem Schutze bereit stehen; und die Toten würden sich aus ihren Gräbern erheben, wenn sie nicht das<br />
vollendete, für das sie kämpften und starben:<br />
Das ewige Reich.<br />
77<br />
Über die politische Leidenschaft<br />
29. November 1942<br />
Wir Deutschen sind Objektivitätsfanatiker. Manchmal gehen wir darin sogar so weit, daß wir aus lauter Angst, dem Gegner zu<br />
nahe zu treten, uns selbst Unrecht zufügen. Wir halten es für unter unserer Würde, eine Sache, und beträfe sie unser ureigenstes<br />
Interesse, allein aus der Leidenschaft des Herzens heraus zu entscheiden. Bei uns muß alles seine Art haben, und ehe wir einen<br />
Feind verurteilen, halten wir es für unsere Pflicht, auf das gründlichste zu untersuchen, ob er das auch verdient.<br />
Es gibt in normalen Zeiten an einem Volke keine schönere Tugend als diese. Sie hat uns in unserer Geschichte viel Ruhm und<br />
Anerkennung eingetragen, aber auch viel Blut gekostet. Im Kriege stand sie uns immer nur im Wege. Oft, wenn es angebracht<br />
gewesen wäre, aus dem Fanatismus einer starken politischen Leidenschaft heraus zu handeln und das Wohl und den Nutzen<br />
unseres Vaterlandes zur Richtschnur unseres Denkens und Fühlens zu machen, wurden wir unsicher und bedienten uns statt<br />
dessen der politischen Lauheit, die uns schon so manches Unglück gebracht hat. Eine gewisse Sorte unter uns verirrt sich dabei<br />
sogar so weit, aus lauter Angst, vom Feinde als nicht objektiv angesehen zu werden, ihrem Volke selbst den schwersten<br />
Schaden zuzufügen. Hätten wir nicht hin und wieder in unserer Geschichte einen Staatsmann gefunden, der darin typisch<br />
undeutsch war, daß er uneingeschränkt und ohne sentimentale Rücksichten deutsche Nationalinteressen vertrat, so würden wir<br />
heute das ärmste und bemitleidenswerteste Volk der Welt sein.<br />
78<br />
Denn es ist nicht zu bezweifeln, daß die Politik, d. h. die Vertretung und Wahrung der Lebensbelange eines Staates und einer<br />
Nation, eine Sache ist, die mit passionierter Leidenschaft betrieben werden muß. Das Leben zwischen den Völkern ist nicht so<br />
einfach, als daß man es nach den Regeln normaler Bürgerlichkeit ordnen könnte. Besonders im Kriege ist der im Vorteil, der,<br />
ohne nach links und nach rechts zu schauen, auf sein Ziel losgeht und die Berechtigung seines Handelns lieber vom Erfolg als<br />
von der Moral ableitet. Wir erleben es heute fast jeden Tag, daß unsere Gegner in diesen Dingen ohne alle Hemmungen sind.<br />
Sie geben sich meistens nicht einmal die Mühe, für ihr Vorgehen auch nur den Schein einer sittlichen Berechtigung zu finden.<br />
Der Erfolg ist ihnen lieber als die Moral. Sie stehen, wie ihre Praxis beweist, auf dem Standpunkt, daß es besser ist. Recht zu<br />
bekommen, als Recht zu haben.<br />
Diese Unvoreingenommenheit des Handelns im Kriege nach den Gründen der reinen Zweckmäßigkeit müssen wir als Volk erst<br />
noch lernen. Wir sind noch jung in der Politik, und auch das Kriegführen haben früher unsere Monarchen für uns besorgt. Wir<br />
gewöhnen uns nur schwer daran, als Volk den Gang der Dinge mit ganzer heißer Leidenschaft zu verfolgen und die Sentimentalitäten<br />
aufzusparen, bis die Gefahr vorbei ist. Man wird zugeben müssen, daß, wenn es überhaupt eine Sache des Fanatismus<br />
gibt, der Krieg eine solche ist. Er fordert von einem Volk eine bedingungslose Hingabebereitschaft, die beim Einzelnen bis zum<br />
Verzicht auf das eigene Leben geht. Die nationalen Leidenschaften werden durch ihn bis in ihre tiefsten Tiefen aufgewühlt. Der<br />
Mensch tritt wieder in seiner wilden Urform in Erscheinung, und die Ereignisse sinken in das barbarische Zeitalter zurück. Es<br />
geht nicht mehr so sehr darum, was moralisch und gesittet ist, als vielmehr darum, was Erfolg verspricht. Am besten fährt dabei<br />
der, der sich ausschließlich von den Grundsätzen des Wohles und Vorteiles der<br />
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eigenen Sache leiten läßt und dabei die alte Weisheit zur Richtschnur seines Wirkens macht, daß man zuerst handeln und dann<br />
philosophieren soll.<br />
Treitschke spricht einmal davon, daß große politische Leidenschaft ein köstlicher Schatz sei, das matte Herz der Mehrzahl der<br />
Menschen aber leider nur wenig Raum dafür biete. Er sagt das vor allem im Hinblick auf sein eigenes Volk, und er hat Recht<br />
damit. Viele unter uns glauben, einfach nicht deutsch zu sein, wenn sie nicht zuerst auch den Gegner zu Worte kommen lassen.<br />
Das wäre an sich keine Gefahr, wenn der Gegner das nicht auch selbst wüßte. Aber da er es weiß, hat er immer die Möglichkeit,<br />
darauf zu spekulieren und daraus seine Vorteile zu ziehen. Wir können als Volk von einem rasenden Haß gegen ein anderes<br />
Volk erfüllt sein; man braucht aber nur an unsere Großzügigkeit und Objektivität zu appellieren, dann werden wir gleich weich<br />
in den Knien. Das kommt vor allem auch daher, daß wir zu wenig Übung in den Dingen der Politik haben. Wir sehen unsere<br />
Gegner so, wie wir selbst sind und, was noch schlimmer ist, wie wir selbst gern sein möchten. In keinem Lande ist der<br />
Bildungsphilister so verbreitet wie bei uns. Es wird noch lange dauern, bis sich in unserem Volke der Grundsatz durchsetzen<br />
wird, der bei den Engländern selbstverständlich ist, daß es nicht um Recht oder Unrecht, sondern um das Vaterland geht.<br />
Das alles ist nicht gefährlich, sondern nur lästig, wenn an der Spitze des Reiches eine Führung steht, die diesem deutschen<br />
Nationallaster nicht verfallen ist. Sie muß die politischen Interessen unseres Volkes nach der reinen Zweckmäßigkeit verfolgen