KAUFLEUTE KAUFLEUTE - Kaufmännische Verband Zürich
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Das kultivierte Tischgespräch wird plötzlich unterbrochen durch<br />
Technobeat und Samba-Rhythmen. Derart laut, dass der Marketing-Managerin<br />
vor Schreck der Löffel ins Broccoli-Schaumsüppchen<br />
fällt. Es ist das Handy des Vertriebschefs, das mal<br />
wieder klingelt. Wild gestikulierend brüllt er auf das Gerät ein,<br />
stopft sich derweil den Mund mit Salatblättern voll – und<br />
quas selt hemmungslos weiter. Ein überzeichnetes Bild? Nein<br />
– oftmals Realität beim Busi ness lunch. «Die guten Manieren<br />
sind verloren gegangen, sogar das obere Kader benimmt sich<br />
schlecht», sagt Doris Pfyl (siehe Nachgefragt). Sie bietet Benimmkurse<br />
für Geschäftsleute an – und beobachtet zuweilen<br />
«schaurige Dinge». In den edelsten Lokalen läuten und piepsen<br />
die Smartphones, werden Mails und SMS gecheckt, Termine<br />
abgemacht. Und Weingläser müs sen weichen, weil Laptops<br />
aufgeklappt werden. Doch da mit nicht genug: Teilnehmer von<br />
Geschäfts essen verlieren biswei len auch die Haltung. Sie fläzen<br />
sich in den Stuhl, beugen sich übers Gedeck und ignorieren<br />
jene simple Regel, die man bereits im Kindergarten lernt:<br />
Ellenbogen vom Tisch!<br />
Eine Frage des charakters. Was sich in keinem Knigge-Kurs<br />
ler nen liesse, sei Höflichkeit und Respekt im Umgang mit den<br />
Mitmenschen, sagt Kurt Weissen, der als Headhunter arbeitet.<br />
Wie man mit anderen umgeht, sei vor allem eine Frage des<br />
Charakters und der Einstellung, also der Erziehung. Peter Beutler,<br />
Trainer für Persönlichkeitsentwicklung, ist sich sicher: Viele<br />
Berufstätige hätten den Umgang mit modernen Kommunikationsmitteln<br />
nie gelernt. Beutler ortet darin eine der Ursachen<br />
für schlechtes Benehmen. «Die meisten Leute sind schlicht<br />
überfordert», sagt er. Ihnen fehle der Mut, ein, zwei Stunden<br />
nicht erreichbar zu sein. Sie verstossen damit ge gen eine der<br />
wichtigsten Regeln guten Benehmens: Bei Tisch wird gegessen<br />
und Konversation geübt – mit den Leuten, die einem gegenüber<br />
sitzen, wohlverstanden. Warum? Weil Telefongespräche im Restaurant<br />
generell stören und oftmals ausgerechnet jene Leute<br />
vor den Kopf stossen, die zum Essen eingeladen haben.<br />
regeln sind notwendig für den umgang mit smartphone und laptop.<br />
Peter Beutler thematisiert in seinen Benimmkursen deshalb<br />
auch den «Handy-Knigge» (siehe rechts). Und der Coach<br />
findet, dass ein paar Grundsätze zum Thema Benehmen in Firmen-Leitbildern<br />
angebracht wären: Wer gute Manieren vermissen<br />
lässt, ist für sein Unternehmen schliesslich ein miserabler<br />
Repräsentant. Zu reden gab kürzlich ein Vorfall im Zürcher<br />
Nobelrestaurant Kronenhalle. Er steht symptomatisch für die<br />
Konflikte rund um die moderne Kommunikation: «Kronenhalle»-<br />
Direktor Andreas Wyss hatte eine Frau im Restaurant auf-<br />
gefordert, ihren Laptop wieder einzupacken. «Wir sind ein<br />
Speiselokal und kein Büro», erklärte er gegenüber dem «Tages-Anzeiger».<br />
Es sei schon schlimm genug, dass auf den gedeckten<br />
Tischen überall Handys liegen würden.<br />
hANDy-KNiGGE<br />
«es gibt führungskräfte,<br />
die glauben,<br />
gutes benehmen<br />
und etikette nicht<br />
mehr nötig zu haben,<br />
nachdem sie es<br />
nach oben geschafft<br />
haben. es macht<br />
sich eine gewisse<br />
arroganz breit.»<br />
STECKEN LASSEN. Das Handy während eines Gesprächs auf<br />
den Tisch legen: Besser können Sie kaum zeigen, dass je ne<br />
Per so nen, die Ihnen gegenübersitzen, allenfalls eine Nebenrolle<br />
spielen. Denn Sie signalisieren Bereitschaft, einen Anruf<br />
entgegenzunehmen und dafür die Unterhaltung jederzeit zu<br />
unter brechen. Deshalb: Lassen Sie das Mobiltelefon in der<br />
Tasche stecken.<br />
LEISER MACHEN. Handy-Benutzer schöpfen nicht nur gerne aus<br />
dem reichen Fundus unvergessener Melodien, um mit Klingeltönen<br />
aufzufallen, sondern stellen sie oft auch viel zu laut<br />
ein. Deshalb: Regulieren Sie die Lautstärke! Übrigens: Auch die<br />
menschliche Stimme lässt sich punkto Laut stärke anpassen.<br />
Nicht alle müssen mitbekommen, dass der Arbeitskollege im<br />
Meeting gepatzt hat.<br />
ABSCHALTEN. Ihr elektronischer Begleiter hat nicht nur eine<br />
Laut stärke-Regulierung, sondern auch eine Taste zum Ausschalten.<br />
Empfehlung: öfter benutzen! Immer, wenn Sie mit<br />
Kunden und Geschäftspartnern essen gehen. Auch in Sitzungen<br />
und Verhandlungen macht man die Geräte aus. Es ist unanständig<br />
und respektlos, während eines offiziellen Termins<br />
Telefonate zu führen. Und grotesk, einen Anruf nur entgegenzunehmen,<br />
um den Anrufer wissen zu lassen, dass man<br />
das Telefongespräch jetzt gerade nicht führen kann.<br />
DAUMEN RUHIG HALTEN. Was fürs Telefonieren gilt, ist uneingeschränkt<br />
auch fürs SMS-Schreiben gültig. Eine Regel, die<br />
insbe sondere jüngere Semester verinnerlichen sollten. Dass<br />
deren Daumen treffsicher und im Affenzahn über die Handy-<br />
Tasten huscht, zeugt zweifellos von Medienkompetenz. Unter<br />
Knigge-Todsünde läuft jedoch, Kurznachrichten zu tippen,<br />
während man isst oder mit jemandem redet. Es ist ebenso<br />
tabu, wie nebenbei Mails zu checken oder auf dem Smartphone<br />
die neuesten Schlagzeilen abzurufen.