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DAS MEISTERHEFT Mai 2011 - Evonik

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Der Hauptsponsor: Dr. Klaus Engel (55) ist seit 2009 Vorstandsvorsitzender<br />

von <strong>Evonik</strong> Industries und hat den Sponsorenvertrag mit dem BVB, der bereits 2006 –<br />

damals noch zwischen der RAG und dem Bundesligisten – geschlossen wurde,<br />

vorzeitig bis 2013 verlängert. Gefragt ist aber auch die Fachkompetenz des Konzernchefs<br />

im Wirtschaftsrat von Deutschlands einzigem börsennotierten Fußballklub<br />

<strong>Evonik</strong>-Magazin <strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2011</strong><br />

gung, unsere Fans auf der anderen Seite aber hohe<br />

Erwartungen haben. Wir brauchten also junge Spieler.<br />

Und der entscheidende Schritt war, einen Trainer<br />

zu finden, der sich mit der Philosophie junger Spieler<br />

identifizieren kann und sich in diesem Umfeld wohlfühlt.<br />

Ottmar Hitzfeld beispielsweise, den ich als Trainer<br />

sehr schätze, der hätte das niemals gekonnt. So<br />

entstand die Königsidee mit Jürgen Klopp. Es sollte ein<br />

geschlossenes System werden.<br />

Engel: Und es hat prima geklappt.<br />

Uli Hoeneß von Bayern München hat kürzlich<br />

eingeräumt, auch mit Jürgen Klopp geliebäugelt<br />

zu haben.<br />

Watzke: Er hätte ihn verpflichten können. Er war vor<br />

uns an ihm dran. Er hat sich offenbar nicht getraut.<br />

Herr Klopp, Sie erstürmen gerade den Gipfel Ihrer<br />

Karriere als beliebter, als angesehener, als<br />

erfolgreicher Trainer. Wie lebt es sich damit, bei<br />

einem Riesenverein ein Riesenheld zu sein?<br />

Klopp: Für mich ist das unproblematisch. Ich kann<br />

mich einschätzen. Ich bin schließlich 43 Jahre mit<br />

mir zusammen und habe das Talent, meine Schwächen<br />

zu tolerieren und mich trotzdem weiterzuentwickeln.<br />

Dabei ist die öffentliche Wahrnehmung<br />

durchaus wichtig. Sie ist ein entscheidender<br />

Teil meines Berufes und lässt sich nicht ignorieren.<br />

Ich arbeite nun mal in der Öffentlichkeit und<br />

bin damit öffentlich. Ich weiß auch: Bisher hatte ich<br />

deutlich mehr Glück als Verstand. Schon als Trainer<br />

bei <strong>Mai</strong>nz 05.<br />

Man hatte mich oft gewarnt, wer weiß, ob ich das<br />

in ähnlicher Weise auch in einem größeren Verein<br />

verwirklichen könnte. Was ich dann bei Borussia<br />

Dortmund vorgefunden habe, war nicht nur ein Rie-<br />

senverein, sondern auch eine große Menschlichkeit.<br />

Glauben Sie mir, es war ein unfassbares Glück, in diesem<br />

Verein zu landen, wo die Menschen mit wahnsinnigem<br />

Herzblut arbeiten.<br />

Herr Dr. Engel, was können Sie als Vorstandsvorsitzender<br />

von <strong>Evonik</strong> Industries von Borussia<br />

Dortmund lernen?<br />

Engel: Darüber könnte man abendfüllend reden. Es<br />

gibt tatsächlich viele Parallelen, eine wichtige ist vielleicht:<br />

Man muss in den beiden Spitzenpositionen, als<br />

Trainer und als Vorstandschef, authentisch bleiben.<br />

Auch wenn alles gut läuft, darf man sich nicht größer<br />

machen, als man ist. Auch keine Dinge verkünden,<br />

die nicht zur Kernkompetenz gehören, das merken<br />

die Menschen schnell. Auf dem Boden bleiben, wie<br />

es die Herren Klopp und Watzke vormachen, ist auch<br />

meine Devise. Wer einseitig auf Show und Inszenierung<br />

setzt, bekommt schnell ein Glaubwürdigkeitsproblem.<br />

Im Fußball braucht es nur eine Fehlentscheidung,<br />

eine verpasste Torchance oder einen verletzten<br />

Spieler, und schon kann es auch mal danebengehen.<br />

Solche Rückschläge muss man aushalten und zurückkommen.<br />

Im Sport ebenso wie in einem internationalen<br />

Industrieunternehmen.<br />

Sie würden also auch sagen, dass Sie für Ihr<br />

Unternehmen Vorbild sein müssen, so wie<br />

die beiden – der eine für das Team und der andere<br />

für den Verein – Vorbild sind?<br />

Engel: Ein Cheftrainer, ein Wirtschaftskapitän, ein<br />

Geschäftsführer, jemand, der Verantwortung trägt<br />

in einer Organisation, lebt natürlich die Kultur des<br />

Unternehmens vor, und die Menschen schauen auf<br />

ihn. Ich kann doch nicht sagen, meine Mitarbeiter sollen<br />

auf dem Teppich bleiben und pflege selbst höfische<br />

Rituale. Das geht nicht.<br />

Herr Watzke, es gibt Spieler, die sind<br />

17 Millionen € wert, und andere werden mit<br />

150.000 gehandelt. Wie geht die<br />

Mannschaft mit solchen Unterschieden um?<br />

Watzke: Ich glaube, dass jeder, der mit 18 auf dem<br />

Transfermarkt mit 150.000 bewertet wird, da reinwachsen<br />

muss. Diesen Prozess zu begleiten ist die<br />

Aufgabe des Trainers und unseres Sportdirektors<br />

Michael Zorc. Die beiden machen das auch sehr gut.<br />

Jürgen Klopp beispielsweise legt größten Wert auf<br />

Charakter. Da beobachtet er die Spieler unglaublich<br />

intensiv. Wenn sich einer verändert, bemerkt er das<br />

sofort, reagiert und holt ihn auf den Boden zurück.<br />

„Der Borussia-Faktor ist keine Mode, die glücklich vom Himmel gefallen ist,<br />

sondern Ergebnis einer logischen und systematischen Arbeit“ Dr. Klaus Engel<br />

Wer gibt denn die Beurteilungen vor?<br />

Klopp: Erst mal – ich respektiere meine Jungs absolut.<br />

Und die mich auch. Für die habe ich die einzig relevante<br />

Meinung zum Spiel. Nicht, weil ich der Einzige<br />

bin, der Ahnung hat, sondern weil wir uns auf einen<br />

gemeinsamen Weg geeinigt haben. Den gehen wir<br />

zusammen. Mir ist es lieber, elf Mann machen das<br />

Gleiche falsch, als elf Mann machen, was sie wollen.<br />

Dann ist die Chance für einen Sieg vorbei. Aber<br />

machen alle das Gleiche falsch, kann man immer noch<br />

gewinnen.<br />

Engel: Ja, da hat Jürgen Klopp recht. Weil wir eben<br />

nicht alle als Genies auf die Welt gekommen sind, sind<br />

Einsatzbereitschaft und Teamfähigkeit umso wichtiger.<br />

Und Charakter. Ob nun im Sport oder in der Wirtschaft,<br />

Genies neigen schon irgendwie zur Egomanie.<br />

Ich bin mit den Teamplayern gut gefahren.<br />

Aber einer muss doch das letzte Wort haben?<br />

Engel: Klar, auch wenn bei <strong>Evonik</strong> vermutlich ebenso<br />

wie bei der Borussia viel diskutiert wird. Am Ende<br />

muss einer sagen: „Wir spielen jetzt dieses System<br />

oder jenes.“ Dabei gibt es natürlich auch Entscheidungen,<br />

die man letztendlich nicht mit Zahlen allein<br />

begründen kann. Dann muss ich halt Ja oder Nein<br />

sagen. Das wird bei den Herren Klopp und Watzke<br />

nicht anders sein als bei uns.<br />

Watzke: Im Fußball würde ich immer dafür kämpfen,<br />

dass die Exekutive klare Entscheidungsvollmachten<br />

erhält. Ich halte nichts davon, vor wichtigen Fragen<br />

Wahlkampf zu machen und dann 5 :3 abzustimmen.<br />

Das ist für jeden Fußballklub fatal, wenn Vorstand und<br />

Aufsichtsräte Wochen brauchen, um ein Problem zu<br />

lösen. Das lähmt auch das Spiel.<br />

Sie haben viel Macht…<br />

Watzke: …und deshalb brauchen wir starke Kontrolleure,<br />

die kraft ihrer Persönlichkeit, wie bei uns Dr.<br />

Engel, Friedrich Merz oder Peer Steinbrück, auch in<br />

der Lage sind, den Weg zu weisen und von den Medien<br />

auch als starke Kontrolleure wahrgenommen werden.<br />

Unter vier Augen können und sollen Sie uns ruhig<br />

die Leviten lesen.<br />

In puncto Nachwuchsarbeit jedenfalls scheint dazu<br />

kein Anlass zu bestehen. Welchen Stellenwert hat das<br />

Thema für den aktuellen Erfolg des BVB?<br />

Klopp: Nachwuchsförderung ist ganz, ganz schwierig.<br />

Heute musst du die Jungs mit 14 Jahren im Verein<br />

haben, weil 16- oder 17-Jährige in der Bundes liga<br />

nicht mehr abgeworben werden. In dem Alter kann<br />

aber noch in alle Richtungen viel passieren. Es ist also<br />

wirklich schwer, aber natürlich wichtig. Wir haben in<br />

den letzten drei Jahren jeweils den besten Jugendjahrgang<br />

gehabt. Die kommen alle aus Dortmund oder der<br />

näheren Umgebung. Fantastisch. Das sind die Herren<br />

Ginczek, Stiepermann, Götze war dabei, das ist Hornschuh,<br />

das ist Sobiech.<br />

Kein leichter Weg für die jungen Männer.<br />

Klopp: Es ist wahnsinnig schwierig für die Jungs, denn<br />

die haben einen Tagesablauf, den möchte keiner von<br />

uns haben. Die stehen mitten im Wachstum zu einer<br />

Uhrzeit auf, wo sie eigentlich noch fünf Stunden Schlaf<br />

bräuchten. Es geht früh los, dann ab in die Schu-<br />

BVB-TALK 29<br />

Der Cheftrainer:<br />

Jürgen Klopp (43) trainiert<br />

seit Juli 2008 die BVB-Elf.<br />

Der Diplomsportwissenschaftler<br />

war zuvor beim<br />

1. FSV <strong>Mai</strong>nz 05 – von 1990<br />

bis 2001 als Profispieler<br />

und danach als Trainer. Im<br />

TV hat er die WM 2006,<br />

die EM 2008 und die<br />

WM 2010 kommentiert

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