Schneller-Magazin 1/2006 (PDF, 600KB) - EMS

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2. Vergegenwär Vergegenwärtigung tigung des Erinnerten Erinnerten Das Erinnerte wird Wirklichkeit. Wenn die östlichen Kirchen ihre Liturgie feiern, die das Wirken Gottes in der Geschichte der Menschheit ins Gedächtnis ruft, dann wird dieser Akt Gottes zu einer präsenten Wirklichkeit mit der Hilfe des Geistes, der den Gläubigen zu diesem Ereignis emporhebt. Das heißt: im Feiern der Liturgie wird der Gläubige durch den Geist einen Schritt weitergeführt auf dem Weg der Vergöttlichung. 8 SCHWERPUNKT: OSTERN IM NAHEN OSTEN 3. Ritus und Ikonographie Eine Ikone ist in der östlichen Kirche nicht nur ein schönes Bild, das die Kirche ziert. Sie ist wie ein Fenster, durch das der Gläubige die Geschichte der Errettung sehen kann. In Gottesdienst und Kontemplation sind die Gläubigen eingeladen, die irdische Wirklichkeit zu verlassen und an der göttlichen Wirklichkeit teilzuhaben. Es ist kaum möglich, alle Details der Passions- und Osterliturgie hier ausführlich zu behandeln. Als Beispiel für den liturgischen Reichtum der östlichen Kirchen soll hier die Karfreitagsliturgie näher betrachtet werden. Die Klageliturgie am Karfreitagabend Eigentlich gehört dieses Klagegebet in die Matutin des Karsamstagmorgens. Üblicherweise findet es aber schon am Karfreitagabend statt. In Gottesdienst, Gebet und Bibellektüre bereiten sich orthodoxe Christinnen und Christen auf Ostern vor. Das Klagegebet besteht aus Psalmen, Hymnen und Lesungen, die vom Tod Christi handeln, der im Gegensatz steht zu Seiner Göttlichkeit. Gleichzeitig schwingt auch die Erwartung der Auferstehung mit. In einem Hymnus heißt es: „Er, der alles in seinen Händen hält, ist ans Kreuz genagelt worden und alle Kreatur beklagt, Ihn nackt am Kreuz hängen zu sehen.“ Die Gesänge, vom Chor vorgetragen, stellen das Mitleid Gottes der Grausamkeit des Menschen gegenüber und die Macht Gottes der moralischen Schwachheit des Menschen. Sie beschreiben, wie die Schöpfung erbebt, wenn sie bezeugen muss, dass ihr Schöpfer von seinen Geschöpfen ans Kreuz genagelt wurde. „Die Schöpfung war zutiefst erschüttert, als sie Dich in Golgatha hängen sah“, heißt es in einem Hymnus. Während dieses Gottesdienstes wird der Gekreuzigte in einer Prozession durch die Kirche getragen. In einigen Gemein-
Foto: <strong>EMS</strong>/Martina Waiblinger den wird ein vollständig mit Blumen bedeckter Sarg, der das Grab symbolisiert, herumgetragen. Die gesamte Gemeinde stimmt ein in den Hymnus. Daraufhin besprengt der Priester den Sarg und die Gemeinde mit wohlriechendem Wasser. Es wird nicht länger das Leiden des Gekreuzigten beklagt, sondern hauptsächlich unsere eigenen Sünden , weil wir uns von Gott entfernt haben. Christen begehen den Karfreitag mit Fasten, Beten, Reinlichkeit, Selbstbetrachtung, Beichte und guten Taten, in Demut und Buße, damit die Gnade des Kreuzes auf sie herabkomme. Das Klagegebet am Karfreitagabend erklärt vielleicht ein wenig die ganzheitliche Beteiligung der Gläubigen in Liturgie und Ritus an dem historischen Ereignis. Es bringt sie näher an das Wirken Gottes in der Geschichte. Pfarrer Hanna Mansour ist Direktor der Theodor-<strong>Schneller</strong>-Schule in Amman, Jordanien. GEBET ZUM GRÜNDONNERSTAG O Herr, ich glaube und bekenne, dass du wahrlich Christus bist, der Sohn des lebendigen Gottes, der in die Welt kam, um Sünder zu retten, von denen ich der erste bin. Lass mich an Deinem heiligen Mahl teilnehmen, o Sohn Gottes, auf dass ich Deine Geheimnisse nicht enthülle vor unseren Feinden, noch dass ich Dir einen Kuss gebe, wie Judas es tat, auf dass ich mich aber wie der Dieb zu Dir bekenne. Erinnere Dich meiner, o Herr, wenn Du in Dein Königreich einziehen wirst. Erinnere Dich meiner, o Meister, wenn Du in Dein Königreich einziehen wirst. Erinnere Dich meiner, o Du Heiliger, wenn Du in Dein Königreich einziehen wirst. Gib, dass die Teilhabe an Deinen heiligen Geheimnissen, o Gott, mir nicht zum Urteil oder zur Verdammung werde, sondern zur Heilung von Seele und Leib. Dieses Gebet wird am Gründonnerstag in der Kirche der TSS gebetet. 9
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