PDF-Download 2,7 MB - FHVD - Fachhochschule für Verwaltung ...
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Die dringend gesuchten Hochschulabsolventinnen<br />
mussten anders angesprochen<br />
werden. Sie schlugen also vor, einen<br />
Recruiting-Event nur <strong>für</strong> Studentinnen zu<br />
organisieren. Vorher hatten sie sich an<br />
uns gewandt, um sich zu vergewissern,<br />
ob ihr Vorhaben in die Zeit passt, ob so<br />
etwas überhaupt machbar sei.<br />
Die ersten Widerstände kamen aus den<br />
eigenen Reihen. Benachteiligen wir dann<br />
nicht die jungen Männer? Wir sind doch<br />
<strong>für</strong> die Gleichberechtigung!<br />
Auch die mit der Werbung <strong>für</strong> die<br />
Veranstaltung betraute Agentur tat sich<br />
schwer. Wie solle man denn diese Frauen<br />
ansprechen? Wie seien die denn so drauf?<br />
Entstanden ist eine wunderschöne<br />
Kampagne mit einem gelungenen Motiv<br />
und einer super Veranstaltung.<br />
Teilgenommen hatte auch der Personalvorstand.<br />
Ich konnte richtig spüren, wie<br />
sehr er von der geballten Ladung<br />
Kompetenz und Selbstbewusstsein der<br />
Frauen beeindruckt war.<br />
Ihm wurde schlagartig deutlich, dass die<br />
Zielvereinbarung des Konzerns, den<br />
Frauenanteil an der Belegschaft von<br />
derzeit 11,5 % auf etwa 15 % bis 2005 zu<br />
erhöhen auch erreicht werden kann. Jedes<br />
Jahr ein Prozent, das ist auf den ersten<br />
Blick nicht viel. Schafft es aber ein<br />
Großteil der jungen Frauen, bis in die<br />
oberen Führungsetagen voran zu kommen,<br />
ist das doch sehr erfreulich!<br />
Und wenn sich nur ein Fünftel der<br />
Teilnehmerinnen <strong>für</strong> eine Karriere in dem<br />
Unternehmen entscheidet, so hat sich die<br />
Investition allemal gelohnt.<br />
Nicht unterschätzen darf man dabei die<br />
Mund-zu-Mund-Propaganda. Auch starten<br />
die jungen Frauen mit einem ganz<br />
anderen Verhältnis zu ihrem neuen<br />
Arbeitgeber.<br />
Sie fragen sich, was das mit Gender<br />
Mainstreaming zu tun hat?<br />
Die beiden hatten die üblichen Rekrutierungsverfahren<br />
daraufhin analysiert, ob<br />
sie nur scheinbar neutral sind oder vielleicht<br />
doch geeignet sind, ein Geschlecht<br />
diskriminieren.<br />
Und über diesen Event haben die beiden<br />
Mitarbeiterinnen es geschafft, bei den<br />
Personalverantwortlichen Bewusstsein<br />
da<strong>für</strong> zu wecken, dass die bisherigen<br />
Verfahren unvollständig sind. Natürlich<br />
war die Veranstaltung auch gleichzeitig<br />
eine Frauenfördermaßnahme. Aber<br />
dadurch, dass die beiden Frauen an ihrem<br />
Vorhaben sehr viele unterschiedliche<br />
Bereiche Werbung, Marketing, die<br />
Bereiche, die einstellen wollen, PE,<br />
Controlling, beteiligt haben, haben sie<br />
mehr erreicht, als eine einmalige<br />
Frauenfördermaßnahme zu initiieren.<br />
Sicher ist so etwas nicht in jedem<br />
Unternehmen zu machen. Aber ein wenig<br />
mehr Sensibilität bei der Ansprache der<br />
Zielgruppe wünsche ich mir sehr. Auch<br />
könnten dadurch sicher einiges an Kosten<br />
gespart werden.<br />
Beispiel: Vereinbarkeit von Beruf und<br />
Familie, eines meiner Lieblingsthemen.<br />
Besonders dieses Thema bietet sehr leicht<br />
die Gefahr, in bestimmte stereotype Bilder<br />
zu verfallen: Männer sind an Karriere<br />
interessiert, Frauen vorwiegend familiär<br />
orientiert.<br />
Das wäre zu einfach. Es geht nicht um<br />
Männer oder Frauen, es geht um weibliche<br />
und männliche Beschäftigte des<br />
Unternehmens. Und <strong>für</strong> diese Gruppen<br />
werden differenzierte Daten benötigt.<br />
Mehrere Untersuchungen zeigen, dass<br />
diese Stereotype nicht mehr stimmen. Das<br />
Gros der Beschäftigten, Männer und<br />
Frauen, ist an einer flexiblen Arbeitszeitregelung<br />
interessiert. Vor allem Männer<br />
sind bereit, täglich mehr zu arbeiten,<br />
wenn sie Einfluss auf die Verteilung der<br />
Arbeitszeit nehmen können. Männer<br />
wollen ihre Arbeitszeit also nicht unbedingt<br />
reduzieren, sonder aktiv gestalten.<br />
Gleichzeitig wächst unter jungen, gut ausgebildeten<br />
Männern die Bereitschaft,<br />
zumindest zeitweise in Teilzeit zu arbeiten.<br />
Noch ist die Angst vor dem Verlust<br />
von Macht und Anerkennung, vor einem<br />
möglichen Karriereknick sehr groß. Auch<br />
fehlen die positiven Vorbilder. Dazu habe<br />
ich vor kurzem folgendes erlebt:<br />
Im Rahmen der Auftaktveranstaltung <strong>für</strong><br />
ein Mentoring-Projekt ist es üblich, dass<br />
die Mentees kurz schildern, was sie von<br />
ihrem Mentor erwarten. Ein junger Mann,<br />
in der Revision tätig, hoch qualifiziert und<br />
bereits sehr gut angesehen, steht auf und<br />
verkündet, er würde gern von seinem<br />
Mentor lernen, wie er Beruf und Familie<br />
unter einen Hut bekommen kann. Er sei<br />
zur Zeit sehr oft unterwegs, sein kleiner<br />
Sohn würde ich kaum kennen. Das fände<br />
er sehr schade und würde diese Situation<br />
gern ändern. Sie können sich sicher das<br />
»andächtige« Schweigen der versammelten<br />
Führungskräfte vorstellen. Vor<br />
deren Augen muss sich ein echtes<br />
Problem aufgetan haben, denn den jun-<br />
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