Emmerich Heilsgeschichte - Theologisches.info
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Kissen anders legen. Sie lehnte es mit den Worten ab: Es ist ja bald aus, ich liege auf dem Kreuz.<br />
Dies war mir sehr rührend. Ich gab ihr die Generalabsolution und betete die Sterbegebete. Am<br />
Schlüsse ergriff sie meine Hand, drückte sie, dankte und nahm Abschied. Als einige Zeit darauf<br />
ihre Schwester herein trat und um Verzeihung bat, wendete sie sich nach ihr, schaute sie starr an<br />
und wendete sich dann an mich: ,Was sagt sie?' ,Sie bittet um Verzeihung', gab ich zur Antwort;<br />
worauf sie sehr ernst versetzte: ,Es ist kein Mensch auf Erden, dem ich nicht verziehen habe. Sie<br />
sehnte sich sehr nach dem Tode und seufzte oft: ,So komm doch, o Herr Jesus!' Ich tröstete sie<br />
und sagte, sie möge ruhig sein und mit ihrem Erlöser leiden, der auch dem Schächer am Kreuze<br />
vergeben habe. Da sprach sie die merkwürdigen Worte: Ja, alle damals und der Mörder am Kreuz<br />
hatten nicht so viel zu verantworten; denn sie hatten nicht so viele Gnaden als wir; ich bin<br />
schlechter als der Mörder am Kreuz; und später: Ich glaube, dass ich nicht sterben kann, weil viele<br />
gute Leute aus Irrtum Gutes von mir denken. Sagen sie es doch allen, dass ich eine elende<br />
Sünderin bin! Als ich sie wieder trösten wollte, versetzte sie mit Kraft und wie protestierend: Ach,<br />
könnte ich doch laut rufen, dass alle Menschen es hörten, dass ich nichts bin als einen elende<br />
Sünderin, viel schlechter als der Mörder am Kreuz! Nachher wurde sie ruhiger. Es war unterdessen<br />
der Vikar Hilgenberg angekommen, der auch bei ihr betete. Der alte Mann kniete betend vor ihrem<br />
Bette wohl eine Stunde."<br />
„Der Pilger nahte um halb 6 Uhr ihrer Wohnung. Der Beichtvater zog soeben die<br />
Fensterladen zu und sagte: ,Es geht zu Ende.' Er fand in der Stube die Schwester, den Bruder und<br />
die Nichte der Sterbenden, den Vikar Hilgenberg, die ehemalige Hausfrau. Sie knieten und beteten.<br />
Die Türe der kleinen Nebenkammer, wo die Kranke lag, war geöffnet, um ihr das Atmen zu<br />
erleichtern. Es brannte die Sterbekerze. Sie lag halb sitzend in ihrem Bettkorbe. Sie atmete kurz.<br />
Ihr Angesicht hatte den höchsten Ernst. Die Augen waren empor auf das Kreuz gerichtet. Nach<br />
einer Weile zog sie die rechte Hand unter der Bettdecke hervor und legte sie auf dieselbe. Der<br />
Beichtvater tröstete sie und gab ihr oft das Kreuz zu küssen. Sie suchte immer die demütig Füße,<br />
nie das Haupt oder die Brust berührend, und schloss dieselben zwischen die Lippen. Hierauf<br />
schien sie dem Beichtvater noch etwas mitteilen zu wollen. Sie sprach bis zum Ende ganz<br />
gehorsam mit ihm, so er sagte. Er entfernte alle aus der Stube. Der Pilger sah sie lebend zum<br />
letzten Mal. Als er in die Vorstube zu den andern trat, welche sitzend und kniend beteten, schlug es<br />
8 Uhr. Der Beichtvater erzählte, dass sie nochmals von einer schon gebeichteten Kleinigkeit<br />
gesprochen und darauf gesagt habe: ,Nun bin ich so ruhig und habe ein solches Vertrauen, als<br />
hätte ich nie eine Sünde getan.' Sie küsste noch das Kreuz.<br />
Der Beichtvater betete die Sterbegebete. Sie seufzte mehrmals: „O Herr hilf! Hilf o Herr<br />
Jesus!" Der Beichtvater gab ihr die Sterbekerze in die Rechte und klingelte mit einem<br />
Lorettoglöckchen, das von jeher in Agnetenberg beim Verscheiden der Nonnen im Gebrauch<br />
gewesen war, und sagte: ,Sie stirbt.' Es war halb 9 Uhr. Der Pilger nahte ihrem Lager und sah sie<br />
nach der linken Seite zusammengesunken, das Haupt gegen die Brust geneigt; die rechte Hand lag<br />
auf der Bettdecke, die wundervolle Hand, an welche der Gnadengeber vom Himmel die Gnade<br />
geknüpft hatte, alles Heilige und von der Kirche Geweihte durch das Gefühl zu erkennen, eine<br />
Gnade, wie sie in diesem Maße vielleicht noch nie auf Erden gegeben war. Ihre reine, bräutlich<br />
geschmückte Seele war von den keuschen Kinderlippen ihres gekreuzigten Leibes dem<br />
himmlischen Bräutigam entgegengeeilt, voll der Hoffnung, ewig das neue Lied zu singen im Chore<br />
der Jungfrauen, welche dem Lamme folgen wohin es geht." Nach ihrem Tode wurde sie auf ihren<br />
eigenen Wunsch in ein großes Leintuch eingehüllt, so dass man nur ihren Kopf und das Fußende<br />
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