news science - ÖZBF
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Tagungsberichte<br />
BEGABUNGSFÖRDERUNG FÜR ALLE - ALS SELBST‐<br />
VERSTÄNDLICHE AUFGABE JEDER SCHULE<br />
ÖSTERREICHWEITE DIREKTORinnEN/DIREKTOREN-TAGUNG<br />
Unter dem Titel „Begabungsförderung für<br />
alle – als selbstverständliche Aufgabe<br />
jeder Schule“ fand am 12. Oktober 2006 in<br />
den Räumen des özbf ein ganztägiges Seminar<br />
statt, zu dem AHS-Direktorinnen und Direktoren<br />
aus ganz Österreich eingeladen waren,<br />
die an ihren Schulen konkrete Schritte<br />
zur Begabungsförderung entweder für die<br />
nahe Zukunft planten oder bereits eingeleitet<br />
hatten. Folgendes Ziel der Veranstaltung war<br />
in der Ausschreibung definiert worden:<br />
„Die Teilnehmer/innen sollen vermittelt bekommen,<br />
• dass es sich in der nunmehr verordneten<br />
Begabungsförderung nicht um eine lästige<br />
Verpflichtung für die Schulen, sondern um<br />
ein Grundrecht jedes jungen Menschen handelt;<br />
• dass deren Umsetzung in jeder Schule<br />
möglich ist, wenn bei den Schulpartnern<br />
das richtige Verständnis dessen, was im<br />
Lernprozess passiert, gesichert ist;<br />
• dass es nicht auf Strukturen, sondern auf<br />
Haltungen ankommt.<br />
Am Beispiel zweier existierender Modelle<br />
sollen Erfahrungen mit<br />
• integrativer vs. homogener Begabungsförderung<br />
• Akzeleration, Enrichment und Grouping als<br />
den klassischen Säulen der Begabungsförderung<br />
• konkreten Maßnahmen zur Individualisierung<br />
und zur Demokratisierung des Lernprozesses<br />
kritisch beleuchtet werden und auf die Unverzichtbarkeit<br />
von<br />
• professioneller Teambildung,<br />
• permanenter innerer und äußerer Evaluation<br />
durch<br />
• eine institutionalisierte Feedbackkultur<br />
• regelmäßige kollegiale Hospitation<br />
• Schüler/innen – Eltern – Leitungsteam<br />
– Foren<br />
• „critical friends“ von außen<br />
hingewiesen werden.<br />
Idealerweise sollte jede Teilnehmerin/jeder<br />
Teilnehmer aus der Veranstaltung<br />
• Motivation zur Innovation<br />
• einen konkreten Plan für die eigene Schule<br />
• eine verbindliche Teamvereinbarung mit<br />
einem „critical friend“<br />
mitnehmen.“<br />
Als Referenten waren zwei Schulleiter eingeladen<br />
worden, die in zwei verschiedenen Ländern<br />
unter unterschiedlichen systemischen<br />
Voraussetzungen zu verschiedenen Zeitpunkten<br />
mit unterschiedlichen organisatorischen<br />
Zugängen eine identische „Philosophie“<br />
der Begabungsförderung umzusetzen<br />
begonnen hatten. Die Sir-Karl-Popper-Schule<br />
in Wien begann vor acht Jahren (im September<br />
1998) mit einem segregativen Oberstufenmodell,<br />
das Deutschhaus Gymnasium in<br />
Würzburg vor fünf Jahren mit einem ebensolchen<br />
Unterstufenmodell, das Wiedner Gymnasium,<br />
an dem die Sir-Karl-Popper-Schule<br />
als Schulversuch läuft, vor drei Jahren mit<br />
einem integrativen Unterstufenmodell. Seit<br />
einem gemeinsamen dreijährigen Comenius-<br />
Projekt unter dem Titel „Lebensgestaltendes<br />
Lernen“ (für welches die Sir-Karl-Popper-<br />
Schule im November 2006 mit dem Sokrates<br />
Gütesiegel ausgezeichnet wurde) entwickeln<br />
die beiden Schulen gemeinsam ihre Vision<br />
laufend weiter, begleiten einander bei diesem<br />
Prozess und lernen voneinander durch<br />
regelmäßigen Austausch von Personen und<br />
Ideen sowie durch regelmäßige gegenseitige<br />
Evaluationsbesuche der Schulleiter.<br />
Gemeinsam ist den beiden Schulleitern die<br />
Überzeugung, dass sich Begabungsförderung<br />
weder von oben verordnen noch durch „kosmetische“<br />
Veränderungen von Stundentafeln<br />
erzwingen lässt, sondern eine spezifische<br />
pädagogische Haltung aller Beteiligten (Behörde,<br />
Schulleitung, Lehrende, Lernende) voraussetzt.<br />
Diese manifestiert sich in uneingeschränkter<br />
Offenheit für<br />
• innovative Ideen<br />
• Transparenz<br />
• die Beseitigung redundanter hinderlicher<br />
Hierarchien<br />
• demokratische Strukturen.<br />
Diese Haltung, die auf Seiten der Lehrenden<br />
untrennbar verbunden ist mit einem neuen<br />
Rollenverständnis, ist in einer zeitgemäßen<br />
Pädagogik konsequent einzufordern, da – zu-<br />
mindest nach dem Selbstverständnis der Referenten<br />
– „jedes nicht begabungsadäquate<br />
Fortschreiten eines beliebigen Lernerindividuums<br />
für eine Schule zwingender Anlass<br />
für positive Fördermaßnahmen sein muss,<br />
um dem von der Natur vorgegebenen Plansoll<br />
gerecht zu werden“ (Schmid). Damit erhält<br />
das Recht auf Förderung eine neue Dimension,<br />
indem es zu einer Art Grundrecht wird,<br />
auf das jeder Einzelne pochen kann.<br />
Die anwesenden Schulleiterinnen und Schulleiter<br />
aus verschiedenen Bundesländern<br />
Österreichs legten durch ihre Offenheit für<br />
die ihnen gebotenen Erfahrungsberichte<br />
und ihre Bereitschaft, eigene Erfahrungen<br />
zu teilen, diese Haltung in eindrucksvoller<br />
Weise zutage. Anregungen wurden mit kritisch-konstruktivem<br />
Interesse aufgegriffen,<br />
und es herrschte offensichtliche Einigkeit<br />
darüber, dass es Sinn macht, nicht in neun<br />
verschiedenen Bundesländern mühsam das<br />
Rad neu zu erfinden, sondern aus positiven<br />
Erfahrungen ebenso wie aus anderswo begangenen<br />
Fehlern zu lernen, um Leerkilometer<br />
zu vermeiden.<br />
Nach einer Einleitung grundsätzlicherer Natur,<br />
in der vom Leiter der Sir-Karl-Popper-<br />
Schule die bekannten abstrakten Grundprinzipien<br />
der Begabungsförderung (Individualisierung,<br />
Akzeleration, Enrichment, Grouping,<br />
Demokratisierung des Lernprozesses)<br />
durch praktische Beispiele aus dem eigenen<br />
Bereich (Assignment, Drehtürmodell, Tutoring,<br />
„KoSo“, „enrichment clusters“, Contracting,<br />
…) konkretisiert, erläutert und illustriert<br />
wurden, präsentierte Armin Hackl<br />
das Modellprojekt „Begabtenförderung“<br />
des Deutschhaus Gymnasiums. Weil darin<br />
die „Philosophie der Begabungsförderung“,<br />
wie sie von der Achse Wien-Würzburg verstanden<br />
wird, paradigmatisch zum Ausdruck<br />
kommt, ist dieser Beitrag im Folgenden im<br />
Wortlaut wiedergegeben.<br />
„Seit 2001 hat sich im Deutschhaus-Gymnasium<br />
Würzburg, einem staatlichen Gymnasium<br />
mit sprachlicher und mathematisch-naturwissenschaftlicher<br />
Ausbildungsrichtung,<br />
ein dritter Schwerpunkt, die Modellklassen