2,8 mb - Ludwig-Maximilians-Universität München
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MUM 01 | 2006 PROFILE<br />
12<br />
KOMMUNIKATOREN<br />
AHNENFORSCHUNG<br />
AUF HÖCHSTEM NIVEAU<br />
Der Astrophysiker Professor Harald Lesch von der LMU ist ein<br />
gefragter Experte in Wissenschaftssendungen des öffentlichrechtlichen<br />
Fernsehens. Nicht ohne Grund: Mit Eloquenz und<br />
Sprachwitz vermag er komplexe wissenschaftliche Inhalte einem<br />
breiten Publikum zu vermitteln.<br />
Perry Rhodan sei Dank! Der Weltraumheld hat nicht nur unzählige<br />
Male das Universum gerettet, sondern mittelbar auch dafür gesorgt,<br />
dass wir jeden Mittwoch um 22.45 Uhr in der Sendung Alpha-Centauri<br />
des TV-Senders BR Alpha eine Viertelstunde einen spannenden<br />
Einblick in die astronomischen und physikalischen Kausalitäten erhalten<br />
und so einiges über unseren (und andere) Planeten erfahren.<br />
Wenn Perry Rhodan nicht gewesen wäre, hätte Harald Lesch wahrscheinlich<br />
nicht Astrophysik studiert und wäre so auch nicht zu einem<br />
gleichermaßen beschlagenen wie gefragten Moderator einer Wissenschaftssendung<br />
geworden. „Ich habe die Romane früher verschlungen“,<br />
sagt der Professor für Astrophysik an der LMU. „Obgleich<br />
natürlich Science-Fiction, haben sie mein Interesse geweckt, die Welt<br />
zu verstehen. Astronomie ist Ahnenforschung auf höchstem Niveau.“<br />
Hierin sieht der Wissenschaftler und Medienprofi auch einen Grund,<br />
warum die Astronomie auf so großes Interesse in der Öffentlichkeit<br />
stößt und dies nicht erst seit dem Einsteinjahr, das gerade zu Ende<br />
ging: „Durch die Astronomie können die Leute etwas über den Himmel<br />
erfahren, über die Welt und vielleicht auch über sich selbst“, erklärt<br />
Lesch, der die Sendung Alpha-Centauri bereits seit 1998 moderiert<br />
und trotz Ausstrahlung in einem Spartenkanal eine stetig<br />
wachsende Fangemeinde verzeichnen kann. Das verwundert<br />
zunächst, kommt die Studioausstattung der Sendung doch schon fast<br />
anmaßend karg daher: eine alte Tafel, noch ältere, zudem leere Schulbänke,<br />
ein offenbar das Universum darstellender Bluebox-Hintergrund<br />
und ansonsten nur der Professor, der das jeweilige Sendungsthema<br />
aber eben nicht – wie das Interieur vermuten lässt –<br />
oberlehrerhaft darreicht, sondern mit Sprachwitz und Stringenz anbietet.<br />
Man spürt die Begeisterung Leschs für sein Arbeitsgebiet, und<br />
er versteht es, diese Begeisterung auf sein Publikum zu übertragen.<br />
Professor Lesch verzichtet bewusst auf das Film-, Animations- und<br />
Grafikgewitter, mit dem sich TV-Wissenschaftssendungen zum Teil<br />
selbst zu übertreffen versuchen: „Informationen kann man am besten<br />
über Sprache transportieren. Viele Sendungen machen meiner<br />
Meinung nach den Fehler, dass sie den Zuschauer mit dem Einsatz<br />
zu vieler verschiedener Medien überfrachten – die Konzentration auf<br />
das Kernthema bleibt da auf der Strecke.“ Lesch will mit seiner medial<br />
asketisch aufbereiteten Wissenschaft Neugier bei seinen Zuschauern<br />
erzeugen – nicht mehr, nicht weniger. „Ich sehe die Sendung<br />
als ein Instrument der Aufklärung. Wenn sie hilft, dass jemand<br />
ein Buch in die Hand nimmt, um mehr zu erfahren, so habe ich mein<br />
Ziel erreicht.“<br />
Dass sie Aufklärer im klassischen Sinn sind, versucht Lesch auch den<br />
Studierenden zu vermitteln, die in seine Vorlesungen und Seminare<br />
kommen. „Ihr vertretet eine Branche und müsst ihr ganz bestimmtes<br />
Weltbild kompetent darstellen können“, versucht er den zukünftigen<br />
Astrophysikerinnen und -physikern einzuschärfen.<br />
BERÜHRUNGSÄNGSTE ÜBERWINDEN<br />
Wenn Lesch in seinen Sendungen über Relativitätstheorie, Paralleluniversen,<br />
über schwarze Löcher oder den Sachse-Wolfe-Effekt referiert,<br />
will er aber nicht nur für wissenschaftliche Themen begeistern.<br />
Es geht ihm auch darum, das Ansehen der Wissenschaft in der<br />
breiten Öffentlichkeit zu verbessern. „Bildungseinrichtungen werden<br />
gemeinhin etwas abschätzig behandelt. Viele Nicht-Akademiker lehnen<br />
sie mit dem Diktum ‚alles Faulenzer’ gar ab“, erläutert der 44-<br />
Jährige. Gesellschaftliche Akzeptanz erreiche man nur, wenn Wissenschaft<br />
interessant gemacht werde. „Die Forscher müssen erklären<br />
können, warum sie nicht Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater geworden<br />
sind.“ Der Astrophysiker wünscht sich deshalb mehr Kollegen,<br />
die auf die Öffentlichkeit zugehen. Natürlich verfügt nicht jeder<br />
über die Kamerafestigkeit und Bühnentauglichkeit eines Harald<br />
Lesch. Er ist sich aber sicher, dass die Bereitschaft in der Bevölkerung<br />
sehr groß ist, sich mit wissenschaftlichen Themen auseinanderzusetzen.<br />
Etwaige Berührungsängste ließen sich überwinden,<br />
wenn die Wissenschaftler beherzt den Anfang machen.<br />
Erst kürzlich erhielt Lesch die Medaille für Naturwissenschaftliche<br />
Publizistik der Deutschen Physikalischen Gesellschaft. Nach dem<br />
Communicator-Preis 2005 der Deutschen Forschungsgemeinschaft