Trail - der Kampf um Gonda-Lah
Trail - der Kampf um Gonda-Lah
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gab es Holzmacherbetriebe, Seilereien und Grossisten, die<br />
alles für den <strong>Trail</strong>bedarf führten, von Reitkleidung bis hin<br />
zu Reisegeschirr. Daneben gab es Obst- und<br />
Gemüsehändler, Bäcker, Schlachter und Suppenküchen,<br />
Tavernen, Bordelle und Rauchhäuser, in denen man<br />
gegen Bares lizensierte Drogen kons<strong>um</strong>ieren konnte.<br />
Viele fliegende Kleinhändler unterschiedlichster<br />
Abstammungen liefen neben den <strong>Trail</strong>s her und boten<br />
Wasser, Wein und Waren feil. Die Geschäfte wurden<br />
hektisch im Laufen getätigt, denn auf <strong>der</strong> Allee einen <strong>Trail</strong><br />
anzuhalten, <strong>um</strong> ein paar Dendra-Feigen o<strong>der</strong> turkesische<br />
Honigkuchen zu erwerben, war so gut wie unmöglich. Um<br />
eine <strong>der</strong> Werkstätten o<strong>der</strong> ein festes Ladengeschäft zu<br />
frequentieren, musste <strong>der</strong> <strong>Trail</strong> seitlich in eine<br />
Dalbenweiche ausscheren, wo er bis z<strong>um</strong> Abschluß eines<br />
Handels geparkt werden durfte.<br />
Mit einem Mal nahm das Kollern <strong>der</strong> Gh<strong>um</strong>pas in unserer<br />
Spur zu und ein lautes, d<strong>um</strong>pfes Trompeten schallte vor<br />
uns durch die Reihen. Ein rot-gelb gesteifter Signalkäfer<br />
<strong>der</strong> Stadtgarde hatte es abgegeben und es bedeutete, dass<br />
unsere gesamte Spur anhalten musste. Die Signalkäfer<br />
liefen auf den seitlichen Staatswegen und wurden<br />
eingesetzt, <strong>um</strong> den <strong>Trail</strong>weg zu überwachen und<br />
gegebenenfalls in den Verkehrsfluß regulierend<br />
einzugreifen. Je<strong>der</strong> Gh<strong>um</strong>paführer hatte auf die<br />
Signalgaste zu hören und ihren Anweisungen zu folgen.<br />
Die Signalkäfer und ihre Reiter waren z<strong>um</strong> Beispiel –wie<br />
jetzt gerade- dafür da, <strong>um</strong> den Vorwärtstrieb <strong>der</strong> <strong>Trail</strong>s<br />
für einen Stop schrittweise zu verlangsamen, <strong>um</strong> Aufläufe<br />
und Karambolagen zu verhin<strong>der</strong>n. So konnte <strong>der</strong> Verkehr<br />
geordnet z<strong>um</strong> Stehen gebracht werden, Chaos wurde<br />
vermieden. Der Signalkäfer kam trompetend an uns<br />
vorbei, während ich den Trak und die Chalais<br />
verlangsamte, den Abstand z<strong>um</strong> Vor<strong>der</strong>mann nicht aus<br />
den Augen lassend. Der Signalgast hatte eine Rote Fahne<br />
mit weißen Kreisen darauf am Mast auf dem Rücken des<br />
Käfers gehisst, das bedeutete: Eiablage. Das war für die<br />
Behörden durchaus ein Grund, die <strong>Trail</strong>s zu stoppen.<br />
In <strong>Gonda</strong>-<strong>Lah</strong> herrschte das Gesetz, dass alles, was auf<br />
öffentlichen Boden fiel, dem Staat und damit dem Kaiser<br />
gehörte und unverzüglich von <strong>der</strong> Stadtverwaltung zu<br />
konfiszieren war. Das galt für Waren, an<strong>der</strong>e Dinge je<strong>der</strong><br />
Art, und letztlich sogar für Gh<strong>um</strong>pa-Eier. Wenn also eine<br />
Gh<strong>um</strong>pa-Kuh auf dem <strong>Trail</strong>sweg beschloß, ihre Eier<br />
abzusetzen, dann gehörten diese –so sie den Boden<br />
berührten- dem Staat und wurden in staatliche Brut- und<br />
Zuchtanstalten verbracht. Dar<strong>um</strong> sah man hier und da<br />
immer wie<strong>der</strong> Gh<strong>um</strong>pas, die seltsam geformte Schlitten<br />
hinter sich herzogen, die schnabelförmig bis unter <strong>der</strong>en<br />
Kloake reichten. Damit wurden die Eier im Falle einer<br />
ungewollten Ablage aufgefangen und daran gehin<strong>der</strong>t,<br />
den Boden zu berühren. Im konkreten Fall sah es so aus,<br />
als habe ein Gh<strong>um</strong>paführer weiter vorn die Zeichen nicht<br />
recht gedeutet und den Schlitten nicht angehängt. O<strong>der</strong><br />
eine seiner Kühe hatte sich spontan entschlossen, ihre<br />
Eier abzustoßen.<br />
Zwei o<strong>der</strong> drei <strong>Trail</strong>s voraus wurde es hektisch. Geschrei<br />
und Gezeter, ein ordentlicher Lärm war zu hören und es<br />
sah aus, als würde die Strecke eine Weile dicht bleiben.<br />
Solche Geschehnisse waren eher selten, doch wenn es<br />
passierte, waren die Stadtbüttel mit ihren Traks schnell<br />
zur Stelle, denn ein Gh<strong>um</strong>pagelege war äußerst wertvoll.<br />
Eine Gh<strong>um</strong>pa-Eiablage konnte mitunter fünf bis zehn<br />
Glasen dauern, und es brauchte viele Hände, <strong>um</strong> die bis<br />
zu 300 schweren, kopfgroßen Eier aufzulesen und<br />
wegzutransportieren.<br />
Chahani und ich stiegen ab und gingen zu einer<br />
Suppenküche, die sich am Wegesrand auf unserer Höhe<br />
befand. An einem großen runden torfbefeuerten Kessel<br />
stand inmitten von Dunstschwaden eine nicht min<strong>der</strong><br />
runde Mamsell und rührte mit einen großen Holzlöffel in<br />
ihrem Kessel her<strong>um</strong>. Die Dämpfe, die dem Kochzuber<br />
entstiegen, rochen verführerisch.<br />
„Aye, was gibt es bei Euch Gutes?“ rief ich ihr zu, als wir<br />
uns ihrem Höllenkessel näherten. Sie sah mich an und<br />
grinste breit.<br />
„Schnappschinellen-Eintopf, Jungchen! Heiß, scharf und<br />
lecker! Iß davon, und es wird Deiner Süßen in <strong>der</strong> Nacht<br />
Freude bereiten!“ Sie lachte laut und <strong>der</strong>be, ebenso wie<br />
die Leute, die <strong>um</strong> ihren Stand her<strong>um</strong>lungerten.<br />
Schnappschinellen waren gondische Flussmuscheln,<br />
<strong>der</strong>en Muskelfleisch sehr proteinreich war und etwas<br />
streng schmeckte. Aber wie es roch, waren sie mit<br />
reichlich syrillianischen K´rbaschoten eingekocht. Da<br />
würde man den Eigengeschmack <strong>der</strong> Muscheln wohl<br />
ka<strong>um</strong> bemerken. Ich sah Chahani an, und sie nickte mir<br />
zu.<br />
„Dann gib uns zwei Portionen, Mamsell. Und<br />
Rieselgrasbrot dazu und Ale!“ Ich warf ihr drei große<br />
Kupferschekel mit gondrischer Prägung zu, die sie<br />
geschickt auffing. Für ihre Körperfülle war sie reichlich<br />
beweglich, fand ich. Wir setzten uns an einen <strong>der</strong> roh<br />
gezimmerten Tische und ihr Helfer tischte uns das Essen<br />
in einfachen Holzschüsseln auf.<br />
Ebenso roh geschnitzt waren die Gegenstände, welche<br />
wohl Löffel darstellen sollten. Naja, z<strong>um</strong>indest waren sie<br />
geeignet, zwei hungrigen Mün<strong>der</strong>n das zu geben, was in<br />
den Schüsseln schwamm. Das Brot kam, ein Viertel Laib,<br />
<strong>der</strong> recht hart war und gewiß nicht am heutigen Tag<br />
gebacken. Das Ale war auch schon etwas schal. Aber <strong>der</strong><br />
Eintopf war besser, als <strong>der</strong> erste Eindruck verhieß. Er<br />
schmeckte scharf, aber auch sehr fruchtig, und das<br />
Muschelfleisch war zart. Ich ertappte mich bei <strong>der</strong><br />
Vorstellung, dass die Alte da mit dem<br />
Rauchkrautst<strong>um</strong>mel im Mund die Muscheln vielleicht<br />
vorkaute, bevor sie diese in die Suppe warf und musste<br />
grinsen.<br />
„Was erheitert Euch, Dom?“ fragte Chahani.<br />
„Es ist nichts, nur ein amüsanter Gedanke.“ entgegnete<br />
ich. Sie sah mich fragend an, überging dann aber die<br />
weitere Nachfrage.<br />
„Wie geht es weiter, Dom Fela?“ fragte Chahani<br />
„Wenn die Strecke wie<strong>der</strong> freigegeben ist, werden wir<br />
uns z<strong>um</strong> Entladeplatz in <strong>der</strong> Hauptstadt begeben und<br />
unsere Ware verhökern. Ich hoffe, wir schaffen es bis zur<br />
Tageswende.“ Ebenso hoffte ich, dass Chahani noch an<br />
die Lippenleser dachte. Aber z<strong>um</strong> Glück blieb sie<br />
unverfänglich.<br />
„Aye! Ich hoffe, <strong>der</strong> Preis für die Ware entspricht den<br />
Erwartungen des Hauses, Dom. Nicht, dass uns <strong>der</strong><br />
Haushofmeister nach unserer Rückkehr noch<br />
Schwierigkeiten macht.“ Sie schmatzte und rülpste beim<br />
Essen wie ein echter Gh<strong>um</strong>paführer und sprach mit<br />
vollem Mund. Es gab nichts an diesem kahlrasierten<br />
Weib, das an ihre aristokratische Herkunft erinnerte. Sie<br />
hatte eine komplette Wandlung durchgemacht. Aber so,<br />
wie sie jetzt war, gefiel sie mir weitaus besser, als vorher.<br />
Ihre Mimikri war nahezu perfekt.<br />
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