Trail - der Kampf um Gonda-Lah
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Öffnungen zu den Schächten. Möglicherweise handelte es<br />
sich <strong>um</strong> ein Belüftungssystem o<strong>der</strong> ähnliche<br />
Einrichtungen, vielleicht waren früher auch Maschinen<br />
darin gewesen. An je<strong>der</strong> Öffnung war die N<strong>um</strong>mer <strong>der</strong><br />
Ebene in Stein gehauen und es gab in den Wänden<br />
Aussparungen, wie für Griffe o<strong>der</strong> so. Die alte Architektur<br />
war merkwürdig. Aber letztlich hatte vieles die Zeiten<br />
nicht überdauert, im Grunde waren nur die Steinbauten<br />
aus <strong>der</strong> ersten Hochzeit geblieben. Alles an<strong>der</strong>e war<br />
zerstört worden, gestohlen o<strong>der</strong> schlichtweg verrottet. Die<br />
Wache wies uns eine Tür, die zu einem großen,<br />
ausladenden Zimmer mit Balkon führte. Dies war also <strong>der</strong><br />
Ort, an dem <strong>der</strong> Mah´di Khan, <strong>der</strong> Führer <strong>der</strong><br />
gondrischen Rebellen, sterben sollte. Ich fühlte mich<br />
nie<strong>der</strong>geschlagen.<br />
Wir betteten den Khan auf eine groß, fellbespannte Liege,<br />
die in <strong>der</strong> Mitte des Ra<strong>um</strong>es aufgestellt war. Chahani ging<br />
zu einem in die Wand eingelassenen Waschtisch und kam<br />
mit einer Schüssel klaren Wassers und einigen Lappen<br />
zurück. Sie wusch vorsichtig das Gesicht und den Hals des<br />
Khan, dann entledigte sie ihn seiner <strong>Kampf</strong>uniform,<br />
wickelte ihn in Laken, die dort bereit lagen und versorgte<br />
seine Wunde. Der St<strong>um</strong>pf des abgetrennten<br />
Unterschenkels sah übel aus. Das Fleisch war grau und<br />
roch nicht gut. Man konnte sehen, dass das Gift des<br />
Shrinta in seinen A<strong>der</strong>n schwarz emporgekrochen war,<br />
sein gesamtes Bein war von einem schwarzen Netz<br />
zerstörter A<strong>der</strong>n durchzogen. Chahani versorgte ihn, so<br />
gut es eben ging. Dann begann sie, verschiedene Stellen<br />
seines Körpers mit einer Chi´ii-Massage vom Schmerz zu<br />
befreien. Ich kannte diese Technik aus meiner Heimat,<br />
dort wurde sie angewendet, wenn verletzten Kriegern<br />
Gliedmaßen abgenommen werden mußten. Man betäubte<br />
die betreffenden Stellen vollständig, indem man<br />
bestimmte Knotenpunkte fest drückte und so die Chi´ii-<br />
Energiekanäle unterbrach. In <strong>der</strong> segurianischen<br />
Nahkampfausbildung hatte ich gelernt, durch bestimmte<br />
Fingerstöße den Gegner außer Gefecht zu setzen, indem<br />
ich seine Knotenpunkte lähmte. Auf diese Weise konnte<br />
man sogar völlig lautlos einen Gegner töten.<br />
Als Chahani fertig war, gingen wir zusammen auf den<br />
Balkon hinaus.<br />
„Wie steht es <strong>um</strong> ihn?“ fragte ich besorgt.<br />
„Nicht gut. Ich konnte die Vergiftung nicht stoppen, nur<br />
sein Leiden etwas lin<strong>der</strong>n. Das Fieber steigt, er wird<br />
bald sterben, Fela. Was sollen wir jetzt tun?“<br />
Ich sah hinaus auf die Stadt, die sich zu unseren Füßen<br />
ausbreitete. Der Abend zog auf, die Sonnen sanken dem<br />
Horizont entgegen. In den Gassen und Straßen herrschte<br />
rege Betriebsamkeit. Direkt unter unserem Balkon bot ein<br />
Händler seine waren unter einem bunten Baldachin feil,<br />
es wurde gefeilscht und gehandelt, was in <strong>der</strong> recht<br />
gutturalen Sprache <strong>der</strong> Mandraken bisweilen bedrohlich<br />
klang. Der Duft des Marktes stieg zu uns herauf, Obst,<br />
Gemüse, Gewürze. Aus den Stockwerken unter uns<br />
verbreitete sich <strong>der</strong> Geruch verschiedener Räucherharze,<br />
irgendwo erklang ein Zupfinstr<strong>um</strong>ent, das eine<br />
schwermütige Melodie von sich gab. Hier oben wehte eine<br />
leichte Brise. Die Schatten <strong>der</strong> vor ewigen Zeiten<br />
kunstvoll gearbeiteten Türme wurden länger und<br />
wan<strong>der</strong>ten über das Dächermeer.<br />
„Schwer zu sagen“ entgegnete ich, „Wir sollten die Dinge<br />
auf uns zukommen lassen, denke ich. Wenn Xul uns<br />
feindlich gesonnen wäre, würden wir nicht hier sein,<br />
son<strong>der</strong>n tot o<strong>der</strong> auf <strong>der</strong> Flucht. Xul hat etwas vor, und<br />
ich schätze, er wird uns seinen Plan morgen mitteilen.<br />
Heute sollten wir für unseren Freund das tun, was wir<br />
noch tun können. Bei ihm sein und ihm ein gutes letztes<br />
Geleit geben.“<br />
Chahani nickte wortlos. Sie drückte sich an mich, und ich<br />
nahm sie in die Arme. Ihr Kuß schmeckte wun<strong>der</strong>bar, ich<br />
genoss es, wenn sich unsere Energien so verbanden. Als<br />
wir unsere Lippen voneinan<strong>der</strong> lösten, sah sie mich ernst<br />
an.<br />
„Was immer auch geschieht, Fela. Ich liebe Dich. Auf<br />
ewig.“<br />
„Ich liebe Dich auch, Chahani. Auf ewig.“<br />
In <strong>der</strong> Dämmerung verließen wir den Balkon wie<strong>der</strong>,<br />
wissend, dass nun die unangenehmen Dinge zu regeln<br />
waren Wir gingen wie<strong>der</strong> in das Zimmer, hin zur Liege,<br />
auf <strong>der</strong> unser Kamerad z<strong>um</strong> Sterben lag. Sein Gesicht<br />
hatte bereits eine fahle Färbung, und <strong>der</strong> Leib zitterte<br />
leicht. Seine Augen waren geöffnet, es schien, er sei bei<br />
Bewußtsein. Chahani nahm seine Hand, die kraftlos und<br />
kalt war, und drückte sie. Eine Träne lief über ihre<br />
Wangen. Als ich sah, dass sich die Lippen des Khan leicht<br />
bewegten, ging ich z<strong>um</strong> Kopfende des Lager und kam nah<br />
an sein Gesicht. In <strong>der</strong> Tat, er flüsterte. Seine Stimme war<br />
flach und ausdruckslos, als er zu mir sprach.<br />
„Fela“ hauchte er gebrochen, „führe den Krieg an meiner<br />
Stelle. Nimm mein Amulett, trage es in die Schlacht.“<br />
Ich sah ihm tief in die Augen, die seltsam leer wirkten. Da<br />
war nichts mehr vom Feuer des Mah´di Khan, des<br />
Bezwingers von <strong>Gonda</strong>-<strong>Lah</strong>. Ich sah in die Augen eines<br />
Sterbenden, Augen, in denen das Feuer langsam erlosch.<br />
„Ich habe Euch mein Wort gegeben, Khan.“ entgegnete<br />
ich. „Ich werde Euer Werk im Rahmen meiner<br />
Möglichkeiten fortsetzen. Eure Anhänger werden Euch<br />
schmerzlich missen, Khan. Ich werde Euch niemals<br />
vollständig ersetzen können. Aber ich werde mein Bestes<br />
tun.“<br />
Er versuchte zu lachen, heraus kam jedoch nur ein<br />
heiseres Krächzen. Er keuchte schwächelnd:<br />
„Segurianer. Du hast es immer noch nicht verstanden.<br />
Ich war nur ein Kelch <strong>der</strong> Götter, in den sie ihren Wein<br />
gegossen haben. Du jedoch,“ ein Hustenanfall unterbrach<br />
ihn, „Du jedoch hast soviel mehr. Du bist das Schwert des<br />
heiligen Krieges. Du wirst die Stämme einen und in die<br />
letzte Schlacht führen. Tritt nun an meine Stelle, Fela. Es<br />
ist an <strong>der</strong> Zeit ... Ich bin so müde...“<br />
Er hustete erneut, und Chahani richtet ihn in den Kissen<br />
etwas auf Noch einmal glühte ein letzter Rest des Feuers<br />
in seinen Augen. Mit letzter Kraft setzte er seine Rede<br />
fort.<br />
„Schwertmeister von Seguria, verstehst Du nicht? DU<br />
bist <strong>der</strong> Khan. Ich hatte nur die Aufgabe, das Banner bis<br />
hierher zu tragen. Nimm meinen <strong>Kampf</strong>anzug, Dein<br />
Schwert und das Siegel. In diesem Zeichen wirst Du<br />
siegen.“<br />
Dies waren seine letzten Worte. Sein Kopf sackte zur<br />
Seite, und sein Herz hörte auf zu schlagen. Der Mah´di<br />
Khan war tot. Ich zog mein Schwert, richtete mich auf<br />
und erwies ihm den Gruß <strong>der</strong> Sonnenkrieger. Chahani<br />
legte seine Hände über <strong>der</strong> Brust verschränkt zusammen<br />
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