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Fichte versus Sartre Alfred Dandyk Der Vergleich mit anderen ...

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Nietzsches, wenn es darum geht, individuelle Situationen möglichst plastisch zu beschreiben, und es<br />

macht ihm gar nichts aus, wenn die dabei benutzten Wörter und Begriffe im philosophischen Sinne<br />

von zweifelhafter Herkunft sind. Es stört ihn auch nicht sehr, wenn sich die unterschiedlichen<br />

Methoden <strong>mit</strong>einander mischen, wenn man also zum Beispiel nicht so genau erkennen kann, ob er<br />

gerade empirisch oder transzendental argumentiert. Kurz gesagt: <strong>Sartre</strong> geht es weniger um die<br />

Reinheit der Methoden, um die Wissenschaftlichkeit der Argumentation und um die Gewißheit<br />

seiner Erkenntnisse als vielmehr um die Konkretheit und Realitätsbezogenheit seiner Überlegungen.<br />

Mit <strong>anderen</strong> Worten: Die Argumente haben bei <strong>Sartre</strong> einen ganz <strong>anderen</strong> Stellenwert als bei<br />

<strong>Fichte</strong>.Während sie bei <strong>Fichte</strong> Beweisschritte im Sinne der Mathematik, der formalen Logik und der<br />

transzendentalen Analyse darstellen sollen, handelt es sich bei <strong>Sartre</strong> eher um Plausibilitätshilfen im<br />

Sinne der reflexiven Durchdringung der menschlichen Realität. <strong>Der</strong> Gesichtspunkt <strong>Sartre</strong>s schließt<br />

Wissenschaftlichkeit zwar nicht aus, ist aber dem gesunden Menschenverstand und der<br />

künstlerischen Einbildungskraft ebenso verpflichtet. Konsequenterweise ist seine Methodik weniger<br />

strikt als bei <strong>Fichte</strong>.<br />

Man sollte demnach berücksichtigen, dass <strong>Sartre</strong> als Existenzphilosoph nicht den Anspruch haben<br />

kann, eine „Wissenschaftslehre“ im Sinne <strong>Fichte</strong>s zu schreiben. Für <strong>Fichte</strong> ist die Philosophie nicht<br />

nur eine Wissenschaft, sondern sogar eine Superwissenschaft. <strong>Fichte</strong> vertritt nicht nur einen<br />

extremen Wissenschaftsbegriff, sondern hat auch eine sehr hohe Vorstellung von der<br />

Leistungsfähigkeit der Philosophie hinsichtlich von deren Wissenschaftlichkeit.<br />

<strong>Sartre</strong> kann ihm diesbezüglich nicht folgen. Er ist hinsichtlich der Möglichkeiten der Philosophie viel<br />

bescheidener und skeptischer. Er versucht einen Standpunkt einzunehmen, der eine Reserviertheit<br />

gegenüber dem Begriff der Wissenschaftlichkeit ermöglicht und er ist weit davon entfernt, diesen<br />

Begriff zu verherrlichen, wie dies bei <strong>Fichte</strong> offensichtlich der Fall ist. Als Existenzphilosoph geht es<br />

<strong>Sartre</strong> eher um eine Kritik des Begriffs der Wissenschaftlichkeit, weniger um die Erfüllung eines<br />

solchen Begriffes.<br />

Wenn <strong>Sartre</strong> also die Methode der „transzendentalen Analyse“ benutzt, dann hat das global gesehen<br />

eine ganz andere Bedeutung als bei <strong>Fichte</strong>. Bei <strong>Fichte</strong> zielt die transzendentale Analyse auf die<br />

Letztbegründung der Philosophie, darauf, das Prinzip aller Prinzipien zu erreichen. Die Bedeutung der<br />

transzendentalen Analyse liegt bei <strong>Fichte</strong> also darin, die Gewißheit des Grundprinzips sicherzustellen.<br />

Deshalb ist die Genauigkeit, Fehlerlosigkeit und Lückenlosigkeit der Argumente bei <strong>Fichte</strong> so wichtig.<br />

Die Gewißheit des Grundprinzips garantiert die Gewißheit des ganzen Systems. Also hängt die<br />

Gewißheit des ganzen Systems von der Validität der transzendentalen Analyse ab. Wildenburg<br />

schreibt dazu Folgendes:<br />

„Nach <strong>Fichte</strong>s Verständnis der Philosophie als höchster Wissenschaft - nämlich als<br />

Wissenschaftslehre - muß diese nicht nur ein zusammenhängendes System einander bedingender<br />

Sätze ausmachen, sondern sie muß , wenn sie sich nicht in eine Reihe unendlicher Reflexion verlieren<br />

und Anspruch auf Gewißheit erheben will, an einen obersten Grundsatz zurückgebunden werden. Als<br />

Grundlage alles Wissens und da<strong>mit</strong> auch aller Wissenschaft muß dieser unbedingt und absolut gewiß<br />

sein, um so auch allen <strong>mit</strong> ihm in Zusammenhang stehenden abgeleiteten Sätzen Gewißheit<br />

verleihen zu können.“<br />

(Wildenburg, Ist der Existentialismus ein Idealismus, Seite 51)<br />

„Diese Grundlagen sind selbst keine Tatsachen des Bewußtseins und daher der bloßen Introspektion<br />

nicht zugänglich. Vielmehr werden die durch die philosophische Reflexion gesuchten Grundlagen<br />

durch den Philosophierenden konstruiert und erhalten, wie oben unter dem Stichwort „Erfindung<br />

des Gefundenen“ ausgeführt wurde, erst durch diese Konstruktion und deren<br />

Notwendigkeitscharakter Realität. Die Reflexion als Erhebung auf einen höheren Standpunkt, die<br />

dazu erforderliche Abstraktion von den Überzeugungen des „gesunden Menschenverstandes“ und<br />

die Konstruktion der Bedingungen, auf der letztere basieren, sind so<strong>mit</strong> die Stationen des Weges, die

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