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Fichte versus Sartre Alfred Dandyk Der Vergleich mit anderen ...

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Selbstverständlich ist da<strong>mit</strong> nicht gesagt, dass es für <strong>Sartre</strong> keinen Ausweg aus dieser prinzipiellen<br />

Sündhaftigkeit des Menschen geben könnte. Diese Sündhaftigkeit ist zwar ein „Apriori“, aber dieses<br />

„Apriori“ ist ein „historisches Apriori“, ähnlich wie bei bestimmten Varianten des Christentums die<br />

Erbsünde ein „historisches Apriori“ ist. Voraussetzung für die Überwindung dieser Sündhaftigkeit im<br />

Sinne <strong>Sartre</strong>s wäre allerdings die „radikale Konversion“, die aber in „Das Sein und das Nichts“ nicht<br />

zum Thema gemacht wird. <strong>Sartre</strong> schreibt dazu:<br />

„Diese Überlegungen schließen nicht die Möglichkeit einer Moral der Befreiung und des Heils aus.<br />

Aber diese muß am Ende einer radikalen Konversion erreicht werden, von der wir hier nicht sprechen<br />

können.“<br />

(<strong>Sartre</strong>, Das Sein und das Nichts, Seite 719)<br />

Aus diesem Zitat ist der gewaltige Unterschied zwischen dem <strong>Fichte</strong> der „Wissenschaftslehre“ und<br />

dem <strong>Fichte</strong> von „Die Bestimmung des Menschen“ auf der einen Seite und und dem <strong>Sartre</strong> von „Das<br />

Sein und das Nichts“ auf der <strong>anderen</strong> Seite herauszulesen. Während für <strong>Fichte</strong> die Moral der<br />

Befreiung und des Heils bereits existiert und seiner Wissenschaftslehre zugrundeliegt, muss sie für<br />

<strong>Sartre</strong> erst noch erarbeitet werden. Voraussetzung dafür wäre weiterhin die Erarbeitung einer<br />

Existentiellen Psychoanalyse und da<strong>mit</strong> zusammenhängend die radikale Konversion aller Menschen.<br />

Erst am Ende einer solchen radikalen Konversion kann daran gedacht werden, eine Moral der<br />

Befreiung und des Heils zu realisieren.<br />

Es ist vor allem dieses prekäre Verhältnis zwischen dem Eigenbewusstsein und dem<br />

Fremdbewusstsein in „Das Sein und das Nichts“ einerseits und die Überwindung dieses prekären<br />

Verhältnisses durch das Sittengesetz bei <strong>Fichte</strong> andererseits, die meines Erachtens eine<br />

Interpretation von „Das Sein und das Nichts“ vor dem Hintergrund der „Wissenschaftslehre“<br />

ausschließt, und zwar auch dann, wenn es tatsächlich Übereinstimmungen im Detail geben sollte.<br />

Die Gründe dafür sind offensichtlich:<br />

1. Bei der „Wissenschaftslehre“ handelt es sich um eine Ethische Anthropologie. Bei „Das Sein und<br />

das Nichts“ handelt es sich um eine „Phänomenologische Ontologie“, in der moralische<br />

Überlegungen keinen Platz haben.<br />

2. Bei der „Wissenschaftslehre“ gibt es ein Prinzip der Einheit, das Eigenbewusstsein und<br />

Fremdbewusstsein verbindet, das Sittengesetz. In diesem Buch geht es vor allem darum, wie die Welt<br />

entsprechend dem Sittengesetz sein soll. Bei „Das Sein und das Nichts“ gibt es kein Prinzip der<br />

Einheit, das Eigenbewusstsein und Fremdbewusstsein verbinden könnte. Hier wird die menschliche<br />

Realität beschrieben, wie sie im Zustand der Unaufrichtigkeit ist. Es wird bewusst darauf verzichtet zu<br />

beschreiben, wie die Welt sein soll, und zwar <strong>mit</strong> der Begründung, dass die entsprechenden<br />

Instrumente erst noch erarbeitet werden müssten.<br />

Es sind vor allem diese beiden Aspekte, die meines Erachtens ausschließen, die „Wissenschaftslehre“<br />

als Interpretationsmodell für „Das Sein und das Nichts“ zu benutzen.<br />

Wildenburg marginalisiert die Zeitlichkeit<br />

In den beiden vorigen Kapiteln wurde gezeigt, dass Wildenburg die Bedeutung des<br />

Fremdbewusstseins in „Das Sein und das Nichts“ nicht richtig einschätzt. Sie überbetont die<br />

Bedeutung des Eigenbewusstseins und marginalisiert diejenige des Fremdbewusstseins.<br />

Dadurch kommt es bei ihr zu einer Fehlinterpretation des ganzen Buches. Sie erklärt, „Das<br />

Sein und das Nichts“ sei im Wesentlichen eine Darstellung des Selbstbewusstseins und alles

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