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Fichte versus Sartre Alfred Dandyk Der Vergleich mit anderen ...

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andere sei nur eine Ausbuchstabierung und Weiterentwicklung der Strukturen des Für-sichseins.<br />

Infolgedessen unterschlägt sie wesentliche Strukturen der menschlichen Realität, zum<br />

Beispiel die Komplementarität von Eigenbewusstsein und Fremdbewusstsein und als Folge<br />

davon auch die heikle Struktur der menschlichen Realität.<br />

Alleine diese Fehleinschätzung reicht meines Erachtens aus, Wildenburgs Projekt für<br />

fehlgeleitet zu erklären. Aber dieser Mangel ist keineswegs der einzige. Es gibt eine ganze<br />

Reihe weiterer Mißstände in ihrem Projekt, die <strong>Sartre</strong>s Werk in einem falschen Licht<br />

erscheinen lassen. Dazu gehört vor allem die Marginalisierung der Zeitlichkeit. Wildenburg<br />

erkennt zwar selbst, dass diesbezüglich eine Differenz zwischen <strong>Fichte</strong> und <strong>Sartre</strong> besteht,<br />

sie unterlässt aber wiederum, daraus die richtigen Konsequenzen zu ziehen. Wildenburg<br />

schreibt:<br />

„Zu bemerken ist hier, daß <strong>Sartre</strong> durch die Kennzeichnung des Konstitutionsaktes als<br />

„fortdauernder“ Akt eine zeitliche Bestimmung trifft, die vom <strong>Fichte</strong>schen Standpunkt<br />

betrachtet an dieser Stelle allerdings noch nicht getroffen werden kann. Die zeitlichen<br />

Dimensionen des Selbstbewusstseins werden erst an späterer Stelle deduziert. Aber auch in<br />

<strong>Sartre</strong>s Theorie müssen die zeitlichen Bestimmungen als spätere Entfaltung der<br />

ursprünglichen Genese des Selbstbewusstseins verstanden werden, da sie die<br />

„un<strong>mit</strong>telbaren Strukturen des Für-sich“ voraussetzen bzw. aus ihnen abgeleitet werden.“<br />

Dieser Text enthält er eine ganze Reihe von Unterstellungen, Insinuationen und<br />

Voraussetzungen, die genauer untersucht werden müssen. Zum Beispiel wird hier suggeriert,<br />

dass <strong>Sartre</strong> ebenso wie <strong>Fichte</strong> über eine Theorie des Selbstbewusstseins verfügt, die<br />

hinsichtlich ihrer „ursprünglichen Strukturen des Für-sich“ ohne Bestimmungen der<br />

Zeitlichkeit auskommt. Kurz: <strong>Sartre</strong>s Für-sich ist nach Wildenburgs Ansicht ursprünglich ohne<br />

Zeitlichkeit und die Zeitlichkeit ist eine „spätere Entfaltung“ der ursprünglichen Genese des<br />

Selbstbewusstseins. Insofern - so Wildenburgs offensichtliche Meinung - stimmen <strong>Fichte</strong> und<br />

<strong>Sartre</strong> hinsichtlich der Zeitlichkeit beziehungsweise der Zeitlosigkeit des Selbstbewusstseins<br />

letzten Endes überein.<br />

Meines Erachtens liegt Wildenburg <strong>mit</strong> dieser Ansicht vollkommen falsch, so dass man hier<br />

von einer schweren Fehlinterpretation von <strong>Sartre</strong>s Denken sprechen muss. Denn es gibt viele<br />

Textstellen in „Das Sein und das Nichts“, die eindeutig belegen, dass für <strong>Sartre</strong> Für-sich-sein<br />

und Zeitlichkeit unlösbar zusammengehören. Wildenburg selbst gibt eine solche Stelle an:<br />

„ Diesen fortdauernden Akt, durch den sich das An-sich zu Anwesenheit bei sich vermindert,<br />

nennen wir ontologischen Akt.“<br />

(<strong>Sartre</strong>, Das Sein und das Nichts, Seite 172)<br />

Wildenburg bemerkt richtig, dass der Ausdruck „fortdauernder Akt“ als eine zeitliche<br />

Bestimmung zu interpretieren ist. Dennoch beharrt sie darauf, dass die ursprünglichen<br />

Strukturen des Für-sich ohne Zeitlichkeit aufzufassen sind und die Zeitlichkeit eine spätere<br />

Entfaltung der Genese des Selbstbewusstseins ist. Eine genauere Erklärung für diese Ansicht<br />

gibt sie zumindest an dieser Stelle nicht. Es gibt jedoch - wie bereits gesagt - eine ganze<br />

Reihe von Textstellen, die belegen, dass <strong>Sartre</strong>s Theorie des Für-sich-seins eine Zeitlichkeit<br />

impliziert, die von Anfang an <strong>mit</strong> den Strukturen des Für-sich-seins verbunden ist. Hier sind<br />

einige Beispiele:

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