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Fichte versus Sartre Alfred Dandyk Der Vergleich mit anderen ...

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Diese Behauptung Max Müllers ist an Unverschämtheit kaum zu überbieten. Während <strong>Sartre</strong><br />

sich über viele Seiten in „Das Sein und das Nichts“ da<strong>mit</strong> abquält, den großen Unterschied<br />

zwischen Heideggers Begriff des Mitseins und seinem Begriff des „Seins für Andere“ deutlich<br />

zu machen, behauptet Müller, <strong>Sartre</strong> habe diesen Begriff schlicht von Heidegger<br />

übernommen, wie überhaupt die meisten Zentralbegriffe <strong>Sartre</strong>s Plagiate aus Heideggers<br />

„Sein und Zeit“ seien. Nichts davon ist wahr, wovon sich jeder überzeugen kann, der bereit<br />

ist, Heideggers „Sein und Zeit“ und <strong>Sartre</strong>s „Das Sein und das Nichts“ zu lesen. Zum Beispiel<br />

besteht ein großer Unterschied zwischen <strong>Sartre</strong> und Heidegger darin, dass Heidegger<br />

versucht, auf den neuzeitlichen Begriff des Bewusstseins zu verzichten, während <strong>Sartre</strong> vom<br />

„Cogito“ ausgeht. Es ist klar, dass aus diesem Grund von vorneherein ein großer Unterschied<br />

zwischen Heidegger und <strong>Sartre</strong> bestehen muss.<br />

Darüber hinaus ist die Verbindung zwischen der kantischen Willensfreiheit und dem Begriff<br />

der Verantwortung bei <strong>Sartre</strong>, die Müller herstellt, unangebracht. Denn <strong>Sartre</strong> postuliert<br />

keineswegs die Freiheit des Willens, was den Unterschied zwischen ihm und Kant<br />

hinreichend belegt.<br />

Bergson:<br />

Leszek Kolakowski schreibt Folgendes über die Beziehung zwischen Bergson und <strong>Sartre</strong>:<br />

„Auch die französische Existenzphilosophie war Erbe von Bergson, ohne gewöhnlich<br />

zuzugeben, daß sie in seiner Schuld steht…Daß die menschliche Existenz letztendlich<br />

identisch ist <strong>mit</strong> dem Existenzbewußtsein, ist ein Bergsonscher Grundgedanke, der von<br />

<strong>Sartre</strong> in einer radikal andersgearteten Metaphysik übernommen wurde…Sowohl <strong>Sartre</strong>s<br />

Weigerung, jedwede „Substantialität“ des Ich zuzugeben, wie auch seine Beschreibung der<br />

Zeit als eines Bewußtseinsaktes sind Bergsonschen Ursprungs. Und das gleiche gilt für seinen<br />

Nominalismus, sein Leugnen der aristotelischen Unterscheidung zwischen Potentialität und<br />

Aktualität sowie die Erkenntnis, daß in der menschlichen Existenz alles in actu ist.“<br />

(Kolakowski, Henri Bergson, Ein Dichterphilosoph, Piper,1983, Seite 121)<br />

Hier taucht der Vorwurf auf, <strong>Sartre</strong> stehe in der Schuld Bergsons, ohne diese Abhängigkeit<br />

zuzugeben. Man muss sich fragen, wie Kolakowski dazu kommt, einen solchen Vorwurf zu<br />

erheben. In „Das Sein und das Nichts“ jedenfalls wird der Name „Bergson“ sehr häufig<br />

erwähnt. Wer es genau wissen will, für den sei hier die Zahl angegeben: <strong>Sartre</strong> erwähnt den<br />

Namen „Bergson“ in „Das Sein und das Nichts“ insgesamt 17 Mal. Dabei werden die Thesen<br />

Bergsons ausführlich und kritisch besprochen und bewertet. Es zeigt sich dabei, dass <strong>Sartre</strong><br />

in vielen Punkten von der Philosophie Bergsons abweicht.<br />

Die Bemerkungen Kolakowkis werfen weitere Fragen auf, zum Beispiel, wie es möglich sein<br />

soll, daß <strong>Sartre</strong> einen Bergsonschen Grundgedanken in einer radikal andersgearteten<br />

Metaphysik übernommen hat. Ist ein Gedanke in einer radikal <strong>anderen</strong> Metaphysik nicht<br />

zwangsläufig auch ein anderer Gedanke? Auch der Hinweis auf den Zusammenhang des<br />

„Ich“ bei Bergson und des „Ich“ bei <strong>Sartre</strong>, bleibt vage. Während Kolakowskis Worte<br />

suggerieren, <strong>Sartre</strong> habe Bergsons Ich-Konzept übernommen, ist es in Wirklichkeit so, dass<br />

<strong>Sartre</strong> Bergsons Ich-Konzept scharf kritisiert. Um die Lächerlichkeit von Kolakowskis Vorwurf<br />

zu belegen, möchte ich hier eine Statistik der relevanten Textstellen aus „Das Sein und das

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