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Fichte versus Sartre Alfred Dandyk Der Vergleich mit anderen ...

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Analyse zu, ohne den Weg über das Cogito zu gehen. Da aber dem „Dasein“ von Anfang an<br />

die Bewusstseinsdimenison entzogen wurde, kann es diese Dimension nie mehr<br />

zurückgewinnen. Heidegger stattet das Dasein <strong>mit</strong> einem Selbstverständnis aus, das er als<br />

einen „ekstatischen Entwurf“ seiner eigenen Möglichkeiten definiert. Und wir beabsichtigen<br />

nicht, die Existenz dieses Entwurfes zu leugnen. Aber was wäre ein Verständnis,das, an sich<br />

selbst, nicht Bewußtsein (von) Verständnis-sein wäre? Dieser ek-statische Charakter der<br />

menschlichen Realität fällt in ein verdinglichtes und blindes An-sich zurück, wenn er nicht<br />

dem Bewusstsein von Ekstase entspricht...Unsere bisherigen Untersuchungen, die sich auf<br />

die Möglichkeitsbedingungen bestimmter Verhaltensweisen bezogen, hatten nur das Ziel,<br />

uns in die Lage zu versetzen, das Cogito nach seinem Sein zu befragen und uns das<br />

dialektische Instrument zu liefern, <strong>mit</strong> dem wir im Cogito selbst das Mittel finden konnten,<br />

uns der Instantaneität zur Seinstotalität hin zu entziehen, die durch die menschliche- Realität<br />

konstitutiert wird.“<br />

(<strong>Sartre</strong>, Das Sein und das Nichts, Rowohlt, 2009, Seite 163/164)<br />

Aus diesem Text lässt sich Folgendes erschließen: Gloy suggeriert die Vorstellung, es ginge<br />

<strong>Sartre</strong> in „Das Sein und das Nichts“ darum, eine Theorie des Bewusstseins aufzustellen,<br />

welche wiederum als Nachfolgetheorie zu Husserls Bewusstseinstheorie aufzufassen wäre.<br />

Aus <strong>Sartre</strong>s Worten lässt sich dagegen entnehmen, dass es ihm nicht um eine<br />

Bewusstseinstheorie geht, sondern um die Erforschung der „menschlichen Realität“. Das<br />

Bewusstsein, insbesondere das Selbstbewusstsein, ist nur ein Teil dieser menschlichen-<br />

Realität und bildet nur eine abstrakte Zwischenstufe seiner Analysen der menschlichen<br />

Existenz. <strong>Sartre</strong>s diesbezügliche Gedanken laufen von Descartes zu Husserl und von Husserl<br />

zu Heidegger, um am Ende wieder bei <strong>Sartre</strong> anzukommen. <strong>Sartre</strong>s Position gleicht<br />

derjenigen Heideggers, wobei Heideggers Theorie des „ekstatischen Entwurfes“ allerdings<br />

<strong>mit</strong> einem Bewusstsein ausgestattet wird. Infolge dieser Modifizierung von Heideggers<br />

Existenzphilosophie erhalten auch die von <strong>Sartre</strong> verwendeten Begriffe eine modifizierte<br />

Bedeutung. Es handelt sich bei <strong>Sartre</strong>s Theorie der menschlichen-Realität demnach um ein<br />

vollkommen neues Konzept, nämlich um den Versuch, Heideggers Existenzphilosophie <strong>mit</strong><br />

der neuzeitlichen Bewusstseinstheorie zu versöhnen. Unabhängig davon, ob dieses<br />

Vorhaben gelungen ist oder nicht, muss man zugeben, dass <strong>Sartre</strong>s Anliegen ambitiös und<br />

originell ist.<br />

<strong>Sartre</strong>s Verhältnis zu Husserl ist demnach keineswegs als ein „Nachfolgeverhältnis“<br />

aufzufassen, sondern als eine radikale Kritik an der Phänomenologie Husserls. <strong>Sartre</strong> spricht<br />

davon, dass Husserl sich im Cogito eingeschlossen habe und über eine bloße Beschreibung<br />

der Erscheinungen nicht hinausgekommen sei. Das Ergebnis dieser Art der Phänomenologie<br />

sei eine megarische, antidialektische Isolierung der Wesenheiten. Darüber hinaus bezichtigt<br />

er Husserl des Idealismus-Verdachtes. <strong>Sartre</strong> lässt überhaupt keinen Zweifel daran, dass er<br />

die Phänomenologie Husserls für insuffizient hält und dass er den Übergang zur<br />

existentiellen Analytik Heideggers voll unterstützt. Er erklärt allerdings, dass es<br />

ausgeschlossen ist, ohne den Begriff des Bewusstseins auszukommen. Man muss also<br />

Heideggers In-der-Welt-sein <strong>mit</strong> einem Bewusstsein ausstatten. Genau das ist <strong>Sartre</strong>s<br />

Anliegen in „Das Sein und das Nichts“.<br />

Da <strong>Sartre</strong>s Philosophie der menschlichen-Realität keineswegs eine Nachfolgetheorie von<br />

Husserls Bewusstseinstheorie ist, sondern auf einer Ablehnung genau dieser<br />

Bewusstseinstheorie beruht, kann es nicht verwundern, dass Gloys krampfhafte Versuche,<br />

<strong>Sartre</strong>s Überlegungen der Philosophie Husserls zuzuordnen, regelmäßig scheitern.

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