Nr.17 Frühjahr'89 - SRC Bonn
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BESCHREIBUNG DES RUDERSCHLAGES SKULLEN<br />
(unter Berücksichtigung jüngerer Veröffentlichungen: Nolte (1982 und 1985), Altenburg(1985),<br />
Körner/Schwanitz(1 985).<br />
Von Prof. W. Schröder, Uni Hamburg, Fachbereich Sportwissenschaft<br />
In der langen geschichtlichen Entwicklung der Rudertechnik hat es verschiedene Auffassungen<br />
über den richtigen Ruderschlag gegeben. Diese wollen wir hier nicht disku<br />
tieren. Die Beschreibung des Leitbildes beruht im wesentlichen aufjüngeren biomecha<br />
nischen Untersuchungen.<br />
Rudern ist ein zyklischer Bewegungsablauf. Eine Beschreibung kann sich zu jedem<br />
Zeitpunkt in den Bewegungsablauf einblenden. Wir starten mit dem Augenblick nach<br />
dem Ausheben.<br />
IN-DIE-AUSLAGE-GEHEN<br />
Die Blätter sind flach gestellt. Die Hände werden zügig, aber nicht ruckhaft vor die<br />
Knie gebracht. Der Bewegung der Hände zum Heck folgt der Oberkörper und dann der<br />
Rollsitz. Zu vermeiden sind Pausen, sowohl in der Rückenlage, wie nach dem Aufrich<br />
ten des Oberkörpers („Noack-Pause“/,,Berliner Stil“). Die Bewegungen des Ruderers<br />
sind beim In-die-Auslage-Gehen darauf gerichtet, den Lauf des Bootes in der Freilaufphase<br />
nicht durch unnötig scharfes Beschleunigen und Abbremsen von Teilmassen zu<br />
stören. Das Abbremsen der Rollbewegung soll analog dem Anrollen langsam und stetig<br />
erfolgen (Nolte 1982).<br />
AUSLAGE<br />
Aus der weiten Vorlage soll das Wasserfassen ohne Verzögerung beginnen. Zur Ausgangsposition:<br />
Der Ruderer rollt bis fast an die heckseitigen Stopper. Das Stemmbrett<br />
ist so eingestellt, daß dabei ein Unterschenkelwinkel von 0 bis 10 Grad (gemessen bis<br />
zur Senkrechten) und ein Kniewinkel von 45 bis 60 Grad (gemessen zwischen Unterschenkel<br />
und Oberschenkel) erreicht wird. Einstellung des Stemmbrettes: 15 — cm<br />
senkrecht unter Rollsitzebene; Einstellung der Rollbahnschienen: Ende 0 — cm heck<br />
wärts von der Dollenanlage). Der Oberkörper liegt auf den Oberschenkeln auf, so daß<br />
ein kleiner Hüftwinkel von 25 Grad (gemessen zwischen Oberschenkel und Verbin<br />
dungslinie Hüftgelenk-Schultergelenk) gegeben ist. Vorlage beträgt 10 bis 30 Grad<br />
(Rückenwinkel gemessen von der Verbindungslinie Hüftgelenk-Schultergelenk zur<br />
Senkrechten). Die Schultern sind so weit wie möglich Richtung Heck gebracht. Die<br />
Arme sind gestreckt, wenn auch nicht überstreckt.<br />
Unterarm und Handrücken bilden eine gerade Linie. Die Kopfhaltung ist achsenge<br />
recht, der Blick auf das Heck des Bootes gerichtet. Die Knie sind leicht geöffnet. Der<br />
Ruderwinkel „vor der Dolle“ (Auslagewinkel) beträgt 60 bis 70 Grad und mehr (gemes<br />
sen von der Orthogonalen).<br />
WASSERFASSEN<br />
Aus dieser weiten Vorlage wird das Wasser mit senkrecht stehenden Blättern durch Anheben<br />
der Hände in kürzester Zeit gefaßt. Dabei müssen die Blätter nach dem Umkehrpunkt<br />
schon in der Luft auf eine Mindestgeschwindigkeit gebracht werden (notwendi<br />
ger minimaler Luftschlag).<br />
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HYDRODYNAMISCHER LIFT<br />
Es ist klar, daß die Ruderblätter nicht nur Vortrieb erzeugen, wenn sie im Wasser ent<br />
gegen der Fahrtrichtung bewegt werden, sondern insbesondere auch, wenn sie quer zur<br />
Fahrtrichtung durchs Wasser bewegt werden. Durch den hydrodynamischen Lift (Nol<br />
te 1982 und 1985) entsteht quer zur Bewegungsrichtung des Blattes eine Sogkraft am<br />
Blattrücken, die eine Kraftkomponente in Fahrtrichtung besitzt. Diese Sogkraft ent<br />
steht aber nur, wenn das Blatt mit ausreichender Geschwindgkeit „ins Wasser geru<br />
dert“ wird. Kriterium für ein Wasserfassen mit der richtigen Blattgeschwindjgkejt ist,<br />
daß unvermeidliche Wasserspritzer weder heckwärts noch bugwärts gehen dürfen, son<br />
dem senkrecht nach oben. Aus diesen Zusammenhang wird die Forderung abgeleitet,<br />
nach dem Wasserfassen blitzschnell Druck aufzunehmen.<br />
DURCHZUG<br />
Nach dem schnellen Druckaufnehmen soll die Zuggeschwindigkeit am Innenhebel ste<br />
tig gesteigert werden. Der gesamte Körper, der wie eine gespannte Feder zwischen<br />
Stemmbrett und Innenhebel hängt, soll die Streckkraft in kürzester Zeit aufs Blatt<br />
bringen. Dabei entwickeln sowohl die Beinstrecker (Öffnen des Kniewinkels) wie<br />
gleichzeitig die Rückenmuskeln (Öffnen des Hüftwinkels) den Schub, der durch die ge<br />
streckten Arme auf die Innenhebel und damit auf die Dolle übertragen wird. Durch die<br />
geballte Entladung der großen Muskelgruppen in der Antriebsmuskulatur entsteht bei<br />
allen guten Ruderern das Kraftmaximum (gemessen an der Dolle oder am Skull) deut<br />
lich vor der Orthogonalstellung (10 bis 20 Grad Ruderwinkel „vor der Dolle“). Die<br />
Kopplung der Teilkörperkräfte soll so erfolgen, daß die zügige Streckung der Beine<br />
(Öffnen des Kniewinkels) von dem Zurücknehmen des Oberkörpers ständig überlagert<br />
wird. Die Schulterachse überholt also die Hüftachse beim Durchzug in der Bugwärts<br />
bewegung.<br />
HANDFÜHRUNG<br />
Die Arme werden erst aktiv gebeugt, wenn die Hände die Knie passieren und die Skulls<br />
durch die Orthogonalstellung gehen. Für die Handführung beim Durchgang der Innenhebel<br />
durch die Orthogonale wird als Vereinheitlichung im Bereich des Deutschen Ru<br />
derverbandes angestrebt: links über rechts (Höhendifferenz an der Dolle: ca. 1 cm<br />
Überhöhung auf Steuerbord) und damit rechts vor links. Dabei ist die rechte Hand sowohl<br />
im Durchzug wie beim In-die-Auslage-Gehen immer näher am Körper (Nolte<br />
1982).<br />
ENDZUG<br />
Beim Endzug liefert der Oberkörper in einer Rücklage von 20 bis 30 Grad (in Grenzfäl<br />
len auch 10 Grad, Rückenwinkel gemessen von der Senkrechten bis zur Verbindungsli<br />
nie Schultergelenk-Hüftgelenk) ein festes Widerlager für ein scharfes Herannehmen<br />
der Hände.<br />
Dabei soll die Zugrichtung der Hände in der Horizontalebene auf das Schultergelenk<br />
gerichtet sein. Vertikal gesehen, werden die Hände in Höhe des unteren Brustansatzes<br />
an den Körper genommen.<br />
Die dazu passende Dollenhöhe ist 16 bis 18 cm und mehr (Nolte 1982).<br />
AUSHEBEN<br />
Das Blatt soll so ausgehoben werden, daß keine Spritzer heckwärts oder bugwärts ge<br />
hen, wie beim Einsatz. Das ist nur möglich, wenn der Wasserberg, der mit dem schnel<br />
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