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Nr.17 Frühjahr'89 - SRC Bonn

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die<br />

Vor zweieinhalb Jahrtausenden, in den letzten Septembertagen des Jahres 480 v. Chr.,<br />

siegte die griechische Flotte unter dem athenischen Politiker Themistokles mit 347 Trie<br />

ren, dreirangigen Ruderkampfschiffen, vor der Insel Salamis nahe bei Athen über dreioder<br />

gar viermal so viel persische Schiffe. Persiens Großkönig Xerxes 1. ‚ der den Hellespont<br />

überbrückt hatte und mit fünf Millionen und 283 Tausend und 220 Mann gegen<br />

die Griechen gezogen war, weit nach Mittelgriechenland hinein, brach wegen dieser<br />

Niederlage seinen sorgfältig vorbereiteten Feldzug ab und machte sich mit dem Gros<br />

seines Heeres auf den Rückmarsch.<br />

Zwar ließ er in Thessalien noch Truppen stehen, aber als die Griechen im folgenden<br />

Jahr auch sie und dann bei Mykale in Kleinasien den Rest der Perserflotte schlugen,<br />

gab Xerxes den Plan von der Eroberung Griechenlands auf. Und fortan ließen er und<br />

seine Nachfolger die Griechen in Ruhe, auch die griechischen Städte in Kleinasien.<br />

So bewahrte der Sieg bei Salamis die Griechen und also die Europäer vor persischer<br />

Herrschaft. Gesiegt hatte- und vor allem dies mußte durch die Jahrhunderte gelernt<br />

werden, obgleich es so nicht stimmt — Freiheit über den Despotismus, gesiegt hatten<br />

das Demokratische, das Humane, die höhere Ethik, gesiegt hatten die Besseren<br />

über die Barbaren. Aber in der Geschichte siegten ja immer die Besseren, jedenfalls ih<br />

ren eigenen Siegesbeschreibungen zufolge.<br />

Aischylos indessen zeigte in seiner berühmten „Perser“-Trilogie den griechischen Sieg<br />

bei Salamis auch von der anderen Seite, und zwar als Tragödie für das persische Volk,<br />

heraufbeschworen vom allzu stolzen ‚ allzu selbstbewußt-überheblichen Xerxes ‚ der<br />

sich gegen die Götter vergangen habe, indem er eine so gewaltige Flotte baute und mit<br />

einer Schiffsbrücke den Hellespont bezwungen und den Meeresgott Poseidon überlistet<br />

zu haben meinte. Wegen solcher Hybris und Verblendung sei Xerxes zum hilflosen<br />

Spielball der Götter geworden, die das Verhängnis mit voller Wucht über ihn kommen<br />

ließen: „Mit einem Schlag ist dieses reiche Glück vernichtet, der Perser Blüte liegt am<br />

Boden.“ Aber was eigentlich waren ihm, dem griechischen Dichter, die Perser!? Dachte<br />

Aischylos wirklich an Xerxes, als er schrieb: „Denn wenn die Götter listigen Trug ersinnen,<br />

welcher sterbliche Mann wird dann entkommen?“ Oder meinte er in Wahrheit<br />

Themistokles ? Wollte er ihn warnen, genauso ins Verderben zu rennen wie einige Jah<br />

re zuvor der Perserkönig?<br />

Als Aischylos dies schrieb, nur fünf, sechs Jahre nach Salamis, war Themistokles bei<br />

seinen Landsleuten schon nicht mehr beliebt.<br />

Und bald sollten sie ihn nur noch hassen. Daß er weiterhin Opfer von ihnen verlangte,<br />

und zwar für Rüstung und Verteidigung, weil er dem Frieden mit den Persern nicht<br />

traute, wollten sie nicht einsehen. Daß er Athen zusammen mit seinem Hafen Piräus<br />

durch hohe Mauern befestigte, verübelten ihm vor allem die Spartaner, während die<br />

Athener ihm Geldgier ünd Prunksucht vorwarfen und daß er nach der Tyrannis strebe.<br />

Durch den Ostrazismus, ihr Scherbengericht, jagten sie ihn schließlich in die Verban<br />

nung, ihn, den Helden von Salamis, der allein den Sieg über die Perser möglich ge<br />

macht hatte.<br />

Bereits nach deren ersten Feldzügen gegen Griechenland, 492 und 490, hatte Themi<br />

stokles erkannt, daß die mächtigen Perser allenfalls zur See verwundbar waren, an ih<br />

rer Flotte, die die Landtruppen vom Wasser aus schützen und mit Nachschub versor<br />

gen sollte. Zu kriegerischen Auseinandersetzungen kam es mit ihnen, nachdem sich die<br />

griechischen Städte in Kleinasien, die Siedlungen der lonier, unter Führung der mächti<br />

gen Hafen- und Handelsstadt Milet, von der dort entstandenen Vorherrschaft der Perser<br />

lossagten. Diesen „Ionischen Aufstand“ aber nahmen die Perser nicht einfach hin,<br />

sondern ahndeten ihn mit Rachefeldzügen, zunächst gegen die Ionischen Städte, wobei<br />

sie Milet und sein großes Zeus-Heiligtum zu Didymas zerstörten (492), dann auch ge<br />

gen das Mutterland. Hierbei waren sie zunächst nicht erfolgreich: 492 ging ihre Flotte<br />

am Athosgebirge unter, und 490 wurden sie in der Ebene von Marathon geschlagen,<br />

was sie zur Umkehr veranlaßte. Als sie zehn Jahre später, unter Xerxes, zum dritten<br />

Mal kamen, siegten sie bei den Thermopylen über den Spartanerkönig Leonidas (des<br />

sen Stellung ihnen verraten worden war), rückten durch Mittelgriechenland nach Atti<br />

ka ein und zerstörten das von seinen Bewohnern verlassene Athen mit den Tempeln der<br />

Akropolis. Themistokles hatte die Athener veranlaßt, auf die Insel Salamis auszuwei<br />

chen, vor der er mit der griechischen Flotte lag. Diese Flotte war sein Werk. Sie bestand<br />

fast nur aus Trieren. Die schnellen, wendigen dreirangigen Ruderboote, die auch unter<br />

Segel fahren konnten, hatte Themistokles erst kurze Zeit zuvor bauen lassen, finanziert<br />

aus Einnahmen der staatlichen Bergwerke bei Laureion, wo mit Hilfe von Sklaven vor<br />

allem Silber gewonnen wurde. Die Triere (lateinisch: trireme) war das historisch bedeu<br />

tendste und vollkommenste Kriegsschiff der Antike.<br />

Schon im siebten Jahrhundert v. Chr. wurde sie gebaut, was aus bildlichen Darstellun<br />

gen auf Vasen hervorgeht. Technisch ausgereift war sie wohl erst in der zweiten Hälfte<br />

des sechsten Jahrhunderts und fand dann in sehr vielen Flotten Verwendung. Im fünften<br />

Jahrhundert gab man der Triere eine besondere Bugform. Da sprang der Steven in<br />

flachem Winkel weit vor und traf sich am Sporn mit dem leicht hochgebogenen Kiel.<br />

Der bronzene Sporn bildete mit seinen drei horizontal übereinanderliegenden Stoßmei<br />

ßeln einen kurzen kompakten Rammbock. Er war das Wichtigste an der Triere und<br />

machte sie zur meistgefürchteten Waffe im Seekrieg. Denn vor allem zum Rammen<br />

war die Triere konzipiert, nicht zum Entern. Um feindliche Schiffe so wuchtig rammen<br />

zu können, daß sie leckschlugen oder zum Kentern gebracht wurden oder daß deren<br />

Ausleger für die Riemen wegbrachen, mußte sie schnell und beweglich, leicht und<br />

schlank und mit großer Antriebskraft ausgestattet sein. Also mußten auf möglichst<br />

kleinem Raum möglichst viele Rojer, Ruderer, untergebracht werden. Über die Anord<br />

nung der 170 Rojer auf den etwa 37 Meter langen und knapp sechs Meter breiten Schif<br />

fen ist lange gerätselt worden.<br />

Genauere Beschreibungen sind aus der Antike nicht überliefert, auch nicht aus römi<br />

scher Zeit, als Trieren immer noch gebaut wurden, und es sind auch keine einigerma<br />

ßen erhaltenen Schiffe dieses Typs gefunden worden. Das „Trieren-Rätsel“ bestand in<br />

der Frage, ob die Rojer in den „Dreiern“ zu dritt an einem Riemen saßen oder, jeder an<br />

einem Riemen, in drei Rängen übereinander. Daß jede Triere 170 Rojer hatte, die an<br />

gleich langen Riemen saßen, jeder Riemen 4,2 Meter lang, fanden Archäologen heraus,<br />

die in Piräus Schiffsbauhallen ausgruben, wo die antiken Trieren gebaut worden wa<br />

ren. Dort entdeckten sie Angaben über die Größe der Schiffe, die Anzahl der Ruderer<br />

und die Länge der Riemen.<br />

Erst diese jüngeren Funde, zusammen mit allem, was aus der antiken Literatur und al<br />

ten Vasenbildern hervorgeht und aus Wrackteilen ähnlicher Schiffe zu erschließen ist,<br />

ermöglichten es zwei englische Altertumswissenschaftlern, dem Archäologen John F.<br />

Morrison und dem Marinetechniker John Coates, ein konkretes Bild des l70-Rojer-<br />

Kampfschiffs zusammenzupuzzeln. Und aufgrund ihrer Initiative wurde jetzt in Grie<br />

chenland für zwei Millionen Mark (bereitgestelllt vom griechischen Kulturministerium<br />

und der Marine) eine solche Triere nachgebaut. Ende Juni lief sie vom Stapel, und<br />

demnächst wird sie mit 170 Ruderern und einem Steuermann zu Experimenten in See<br />

stechen. Die Experten wollen praktisch erfahren, was das Wunderwerk einst wirklich<br />

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