OK KID im Interview: - Gießener Allgemeine
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Die halbe Miete<br />
Foto: Schepp<br />
Wer morgens für eine Stunde mit dem Hund des Vermieters Gassi geht,<br />
muss für sein 30-m²-Z<strong>im</strong>mer am Ende des Monats keine Miete zahlen.<br />
Denn die Faustregel be<strong>im</strong> Projekt »Wohnen für Hilfe« des Studentenwerks<br />
lautet: »Pro m² Wohnfläche eine Stunde Arbeit <strong>im</strong> Monat.« Bald soll es<br />
losgehen nach dem Motto: Ein bisschen Haushalt ist die halbe Miete.<br />
Man könnte meinen, die Zeit scheint wie gemacht für<br />
das Projekt. Jüngst entbrannten Debatten über hohe<br />
Mietpreise und studentische Wohnungsnot in München,<br />
Frankfurt oder Hamburg. Erst <strong>im</strong> vergangenen<br />
Herbst berichtete die <strong>Gießener</strong> <strong>Allgemeine</strong> Zeitung,<br />
dass Studenten auch hier mindestens ein halbes Jahr<br />
auf einen Wohnhe<strong>im</strong>platz warten müssen. Deutschlandweit<br />
war in den Hochschulstädten der Wohnraum<br />
für Studierende noch nie so knapp und die Mieten<br />
noch nie so hoch. Bundesbauminister Peter Ramsauer<br />
sprach anlässlich der studentischen Wohnungsnot<br />
jüngst von 70 000 fehlenden Unterkünften. In diesem<br />
Jahr entlassen die hessischen Schulen nun erstmals in<br />
großem Umfang G8-Klassen, sodass es doppelte Abiturjahrgänge<br />
gibt. Man lehnt sich wohl nicht allzu weit<br />
aus dem Fenster, wenn man prognostiziert: Abmindern<br />
wird das die Wohnungsnot nicht.<br />
»Wohnen für Hilfe« könnte seinen Teil betragen, einige<br />
Studenten vom Wohnungsmarkt zu holen. Die Idee<br />
hinter dem Projekt ist einfach: Ein Vermieter bietet eine<br />
Unterkunft <strong>im</strong> Austausch für vorher vereinbarte Hilfeleistungen.<br />
»Das kann die Pflege des Gartens ebenso<br />
sein wie die Einkaufshilfe, Babysitterdienste oder<br />
Nachhilfeunterricht«, heißt es in einem Konzeptpapier<br />
des Studentenwerks Gießen. Ausdrücklich nicht einbezogen<br />
sind Hilfeleistungen, für die eine Ausbildung –<br />
etwa als Pflegekraft – erforderlich sind. Die Studenten<br />
zahlen <strong>im</strong> besten Fall letztlich nur noch einen individuellen<br />
Abschlag für ihre Nebenkosten.<br />
Was klingt wie ein Projekt, zurechtgeschustert für die<br />
Zeit der hohen Mieten und fehlenden Z<strong>im</strong>mer, ist in<br />
Gießen nicht neu: Bereits 2006 startete das Studentenwerk<br />
einen Anlauf. Damals richtete sich »Wohnen für<br />
Hilfe« besonders an ausländische Studierende der JLU.<br />
Doch nach einiger Zeit schlief das Projekt ein. Dieser<br />
Ansatz ist nun, be<strong>im</strong> zweiten Versuch, in den Hintergrund<br />
gerückt. Ralph Vogtmann, Abteilungsleiter<br />
Studentisches Wohnen des Studentenwerks, erklärt:<br />
»Die Schaffung zusätzlichen Wohnraums für Studierende<br />
ist notwendig und das wichtigste Ziel des Projekts.«<br />
Die Finanzierung ist für ein Jahr durch die Bereitstellung<br />
von QSL-Mitteln sichergestellt.<br />
Im vergangenen Herbst nahm die Wohnungsnot in<br />
deutschen Hochschulstädten teils groteske Züge an: So<br />
schliefen Studenten in Konstanz <strong>im</strong> Schaufenster eines<br />
Kaufhauses, um auf hohe Mietpreise und fehlende<br />
Z<strong>im</strong>mer aufmerksam zu machen. In Freiburg suchte<br />
das Studentenwerk mit Transparenten an Bussen und<br />
Bahnen nach leer stehenden Z<strong>im</strong>mern. Ähnliche Auswüchse<br />
möchte man in Gießen vermeiden – und mit<br />
»Wohnen für Hilfe« Senioren oder Berufstätigen, die<br />
ein wenig Hilfe <strong>im</strong> Haushalt brauchen, einen Anreiz<br />
zum Vermieten eines leer stehenden Z<strong>im</strong>mers oder<br />
Dachgeschosses geben.<br />
Florian Dörr