OK KID im Interview: - Gießener Allgemeine
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KULTUR<br />
der dem Mitarbeiter des Jahres verliehen<br />
wird. Um den dreht sich die Geschichte<br />
und die Gier der Mitarbeiter. U. a. gibt es<br />
vier Mitarbeiter der Gartenabteilung. Kleinwüchsige,<br />
die extra eingestellt wurden, weil<br />
Zwerge und Garten in Assoziation hier gut<br />
ankommen, was die selbst natürlich nicht<br />
wissen. Das sind die Hobbits! Und natürlich<br />
kommt es auch zu riesigen Schlachten.<br />
Bei »Herr der Ringe« war ich wie <strong>im</strong><br />
Rausch. Aber ich habe auch viel Spaß dabei<br />
gehabt, »Feuchtgebiete« neu zu schreiben.<br />
Oder die »Meuterei auf der Bounty«,<br />
oder »Sherlock Holmes« den ich in die<br />
Szenerie eines Flohzirkus verlegt habe.<br />
Ich habe übrigens durch das Recherchieren<br />
echt viel gelernt, quasi unfreiwilliges<br />
Zusatzwissen.<br />
Wie ist die Idee zum Buch entstanden?<br />
In Gießen be<strong>im</strong> Kr<strong>im</strong>ifestival. Dort war ich<br />
zum Lesen eingeladen, wollte aber nicht<br />
normal aus einem Kr<strong>im</strong>i vorlesen und habe<br />
ein Kapitel aus »Der Pate« einmal <strong>im</strong> Original<br />
und einmal übersetzt ins Hessische vorgetragen.<br />
Das kam so gut an, dass ich gedacht<br />
habe, das könnte man<br />
auf ein Buch ausweiten. Also<br />
<strong>im</strong>mer ein Originalkapitel<br />
und dann die »Übersetzung«.<br />
Aber da gab es<br />
Probleme mit der Rechtefrage.<br />
Wir hätten nie <strong>im</strong><br />
Leben eine Freigabe für<br />
z. B. »Harry Potter« bekommen.<br />
Außerdem hätte man<br />
<strong>im</strong>mer, bevor man meine<br />
Version liest, die Originalversion<br />
lesen müssen.<br />
Dazu wollte ich den Leser<br />
aber nicht nötigen. Dann<br />
kam mir die Idee, dass<br />
ich nicht übersetze sondern<br />
gleich sage, die sind<br />
eigentlich ganz anders<br />
geschrieben worden. Im<br />
Prinzip sind das jetzt alles Assoziationen zu<br />
Themen der Weltliteratur. Die drei Musketiere<br />
sind bei mir 80-jährige Drillinge, die<br />
auf der Boulebahn sitzen und über ihre<br />
Streiche von früher lachen. Ich spiele mit<br />
den Werken. Man darf das also nicht zu<br />
streng sehen. Bei »Psycho« erzähle ich einfach<br />
nur, wer die Frau unter der Dusche<br />
gefunden hat. Das waren nämlich – wie<br />
man nun weiß – hessische Handwerker.<br />
Mir gefällt das Kapitel »Der Pate«. Das<br />
spielt <strong>im</strong> Freibad in Bad Soden. Meine<br />
Mafia-Clique sind alte dürre Männer, die<br />
dem ungarischen Aushilfsbademeister brennende<br />
Zigarren in den Hüftspeck rammen<br />
und ihn ins Wasser schubsen, um ihm klarzumachen,<br />
dass er gefälligst auf ihre Forderungen<br />
einzugehen hat. Zum Schluss gehen<br />
sie zu ihrem Liegeplatz, wo ihr Boss wartet.<br />
Die Männer erklären ihm, dass sie dem Bademeister<br />
gesagt haben, dass das Freibad in<br />
ihrem Besitz ist, dass sie jeden Tag frische<br />
Handtücher brauchen, keinen Eintritt zahlen<br />
und dass sie Märkchen für den Kiosk<br />
benötigen. Der Bademeister habe sie ausgelacht<br />
und dafür die Quittung bekommen.<br />
Sind Sie eigentlich ein Literaturexperte?<br />
Nein. Am Anfang dachte ich, dass ich mir<br />
aus jedem Buch ein Kapitel heraussuchen<br />
müsste. Das hatte zur Folge, dass ich<br />
120 Bücher bestellt habe. Ich habe aber<br />
schnell festgestellt, dass es so nicht funktioniert<br />
und langweilig gewesen wäre. Die<br />
»Drei Musketiere« sind <strong>im</strong> Film die ganze<br />
Zeit am Fechten, <strong>im</strong> Buch wird die ganze<br />
Zeit nur gelabert. Am Ende hat mir eine<br />
kurze Inhaltsangabe gereicht, um meine<br />
eigenen Versionen zu schreiben.<br />
Entwickeln Sie sich so langsam zum Autor?<br />
Das entscheiden Verlage und Leser. Meine<br />
Eintracht-Bücher sind sehr<br />
gut gelaufen. Und ich<br />
muss nicht, bis ich 80 oder<br />
90 bin, auf der Bühne stehen.<br />
Ich fühle mich dort<br />
zwar wohl und weiß, dass<br />
ich das kann, aber ich bin<br />
nicht süchtig danach. Ich<br />
zähle mich nicht zu den<br />
Rampensäuen. Wenn mir<br />
jemand sagen würde, du<br />
musst in einem Jahr vier<br />
Bücher schreiben und<br />
verdienst so viel wie auf der<br />
Bühne, würde ich zumindest<br />
darüber nachdenken.<br />
Ist das eine überraschende<br />
Entwicklung? Nein. Das hat<br />
mit dem Alter zu tun und mit<br />
der langen Zeit auf der Bühne. Badesalz<br />
gibt es seit 30 Jahren. Wir verlängern <strong>im</strong>mer<br />
für eine Tour. Im Frühjahr 2014 machen<br />
wir die nächste, und 2016 entscheiden wir<br />
dann, ob wir weitermachen. Was wir<br />
übrigens schon lange so handhaben. Was<br />
das Schreiben angeht... ich schreibe wahnsinnig<br />
gerne und bin fast süchtig danach.<br />
Mit Badesalz und »Bindannda« blicken<br />
Sie auf eine super erfolgreiche Tournee<br />
zurück. Die dritterfolgreichste überhaupt.<br />
Aber auch wenn es die fünfterfolgreichste<br />
gewesen wäre, von zwölf, wäre das nach<br />
der langen Zeit bemerkenswert.<br />
Premieren <strong>im</strong><br />
Theater<br />
Kommilitonen!<br />
Oper von Maxwell Davies<br />
5. Mai, 19.30 Uhr, Stadttheater<br />
Eigentlich wollte Peter Maxwell Davies<br />
keine Oper mehr schreiben – aber dann<br />
juckte es ihm in den Fingern: In seinen<br />
2010 uraufgeführten »Kommilitonen!«<br />
verknüpft er drei zentrale Begebenheiten<br />
zu einem bewegenden Ganzen. James<br />
Meredith, der sich als erster afroamerikanischer<br />
Student an der Uni von Mississippi<br />
einschreibt, die Geschwister Scholl und<br />
ihr Kampf gegen den Nazi-Terror, und die<br />
chinesischen Studenten, die sich gegen<br />
die Kulturrevolution auflehnen: Sie alle<br />
sind vereint durch den Wunsch nach<br />
Freiheit. Das Stadttheater präsentiert die<br />
Deutsche Erstaufführung in der Inszenierung<br />
von Cathérine Miville.<br />
Survivial Of The Fittest<br />
Mit dem Jugendclub Spieltrieb<br />
4. Mai, 20 Uhr, TiL<br />
Blitzlichtartig ziehen Bilder der Gier nach<br />
Erfolg an uns vorbei… Wer singt, spielt,<br />
tanzt, flirtet am besten? Wer funktioniert<br />
reibungslos? Mit welchen Mitteln steigt<br />
wer auf der Leiter nach oben? Das Jugendclub-Projekt<br />
ist ein Kaleidoskop der Sehnsüchte<br />
nach Anerkennung, Macht und<br />
dem großen Los. Einige bleiben auf der<br />
Strecke, andere steigen aus, doch Casting,<br />
Challenge, Battle locken überall …<br />
Siddartha<br />
Tanzstück von T. Assam und M. Hecktor<br />
16. Mai, 20 Uhr, TiL<br />
Schon Hermann Hesse oder die Beatles<br />
waren von der spirituellen Ausstrahlung<br />
des Orients fasziniert. Spätestens seit den<br />
60ern suchen jährlich viele Pilger in Indien<br />
neue Transzendenzerfahrungen. Mit den<br />
spirituellen Ideen und den orientalischen<br />
Heilmethoden kommen aber auch materielle<br />
Symbole wie Räucherstäbchen, Sitar-<br />
Musik, Chai-Tee und Heiltinkturen in den<br />
Westen zurück, die, wenn auch aus dem<br />
Kontext gerissen, uns eine Verbindung mit<br />
einer Welt vorgaukeln, die eine Art von<br />
Erleuchtung in sich birgt. Tarek Assam und<br />
Mirko Hecktor untersuchen in einer exper<strong>im</strong>entellen<br />
Mult<strong>im</strong>ediashow mit psychoaktiver<br />
Musik dieses Phänomen der<br />
Sehnsucht nach der Spiritualität des ostasiatischen<br />
Raums und lassen dabei die westlichen<br />
Stereotypen nicht unkommentiert.<br />
4/2013 streifzug 43