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23 News & Confuse · Treffen<br />
ten Nahrungsmitteln haben die Wissenschaftler<br />
neue Wege gefunden, das Erbgut der Pflanze<br />
gezielt zu nutzen. Die gefürchtete «Verunreinigung»<br />
der Umwelt durch artfremde Gene bzw.<br />
der Genfluss bleibt aus. Die Wissenschaftler<br />
selbst wollten über moderne Methoden der<br />
Züchtungsforschung aufklären und bestehende<br />
Ängste abbauen helfen. Alle, die sich mit Gentechnikern<br />
und Gentechnikkritikern auseinandersetzen<br />
wollten, Vorbehalte abbauen und<br />
neue Perspektiven in der Forschung aufgezeigt<br />
bekommen wollten, waren hierzu eingeladen.<br />
Ungefähr 100 interessierte Berlinerinnen und<br />
Berliner nahmen diese Einladung an und beteiligten<br />
sich an der Diskussionsrunde zu «Öko-<br />
Gen». Auffallend war, dass es vor allem sehr<br />
junge Leute waren, die sich für dieses Thema zu<br />
interessieren scheinen.<br />
Auf dem Podium standen Klaus Ammann, Direktor<br />
des Botanischen Gartens der Universität Bern<br />
und aktives Mitglied in der «World Conservation<br />
Union», Anatole Krattiger von der Cornell University<br />
in den USA und Mitarbeiter der «Strategic<br />
World Initiative for Technology Transfer» und<br />
Benedikt Haerlin von der Zukunftsstiftung Landwirtschaft<br />
in Berlin und ehemaliger Leiter der<br />
Gentechnikkampagne bei Greenpeace-International.<br />
Die Moderation übernahm Sonja Kastilan,<br />
Wissenschaftsredakteurin bei der Tageszeitung<br />
«Die Welt» und der «Berliner Morgenpost».<br />
Über 2 Stunden wurde um Meinungen,<br />
Patente aufs Leben, Gefahren und Möglichkeiten<br />
der Pflanzenbiotechnologie gestritten. Leider<br />
gelang es in dieser Diskussion nicht, die neuen<br />
Dimensionen, welche die Genomforschung bietet,<br />
darzustellen. Die alten Gräben zwischen den<br />
unterschiedlichen Interessensgruppen sitzen<br />
scheinbar noch zu tief oder bedürfen bei einer<br />
solchen Podiumsdiskussion einer durchgreifenden<br />
und schlagkräftigen Moderatorenhand.<br />
Den Versuch, eine interessierte Öffentlichkeit mit<br />
Wissenschaftlern über Ängste und Potentiale<br />
diskutieren zu lassen, als gescheitert anzusehen,<br />
wäre sicherlich verfrüht geäußert. Es war ein<br />
Anfang, aus dem gelernt werden kann, und<br />
diese Diskussion wird mit Sicherheit fortgeführt<br />
werden. Die Wissenschaftler sind jedenfalls bereit,<br />
über ihre Arbeit zu reden und diese hinterfragen<br />
zu lassen. «ÖkoGen» war auch ein Beweis<br />
dafür, dass in der Öffentlichkeit ein großes<br />
Interesse besteht, sich mit wissenschaftlichen<br />
Themen auseinander zu setzen, und Aufklärung<br />
gewünscht wird.<br />
Der potentielle Nutzen<br />
der Pflanzengenomforschung<br />
für die Gesellschaft<br />
Dies war das Motto der offiziellen Eröffnungsveranstaltung<br />
und beleuchtete die Sichtweise<br />
der europäischen Kommission in Brüssel<br />
und des Bundesministeriums für Bildung und<br />
Forschung auf dieses Forschungsfeld. Europäische<br />
Netzwerke und die Forderung nach steigenden<br />
Investitionen in die europäische Forschung<br />
wurden als in beiden Vorträgen identische<br />
Schwerpunkte gesetzt. Bruno Hansen von der<br />
europäischen Kommission ging im Besonderen<br />
auf das 6. europäische Forschungsrahmenprogramm<br />
ein, welches im Dezember veröffentlicht<br />
wird und strukturgebend sein möchte.<br />
Europäische Aktivitäten der Pflanzengenomforschung<br />
fasste Marc Zabeau aus Belgien zusammen.<br />
Die Genomforschung mit ihren Hochdurchsatzanalysemethoden<br />
und multiparallelen Ansätzen<br />
führte zu einem Paradigmenwechsel in<br />
den Biowissenschaften hin zu einer komplexen<br />
Systembiologie. Durch die klassischen Methoden<br />
der Gen für Gen Analyse können wir heute bei<br />
ausgewählten Modellorganismen 5 bis 10% der<br />
Genfunktionen experimentell bewiesen. Neue,<br />
genomweite Ansätze verlagern den Fokus von<br />
kleineren, unabhängig agierenden Forschungsgruppen<br />
auf miteinander verknüpfte Forschungsnetzwerke<br />
unter Nutzung hocheffizienter<br />
bioinformatorischer Werkzeuge und von<br />
Hochdurchsatztechnologien. Der berühmte Flaschenhals<br />
in der europäischen Forschungslandschaft<br />
ist in der heterogene Struktur der Forschungslandschaft,<br />
sowie im Fehlen einer übergreifenden<br />
Koordination zu suchen. Während<br />
man in Europa riesige sozio-ökonomische und<br />
ethische Debatten führt, steigen in den USA und<br />
in Japan die Forschungsetats in diesem Bereich<br />
der Forschung jährlich, und schon heute nutzen<br />
wir mehr und mehr Technologien, die in Übersee<br />
erdacht und entwickelt wurden.<br />
Ziele einer europäischen<br />
Forschungslandschaft<br />
Die Ziele, welche sich aus diesen Entwicklungen<br />
ergeben, sind glasklar. Eine neue,<br />
auf Kooperation und multidisziplinären Ansätzen<br />
fußende Forschungskultur muss sich heraus bilden.<br />
Europa muss bereit sein, internationale Forschungsprojekte<br />
in großen Dimensionen zu<br />
finanzieren und die dafür notwendigen Infrastrukturen<br />
schaffen. Hochdurchsatzverfahren<br />
und Bioinformatik werden hierfür der Schlüssel<br />
sein. Die bestehenden nationalen Strukturen<br />
müssen miteinander verknüpft werden. Die Frage<br />
ist, ob man bereit ist, gemeinsam groß zu<br />
werden, oder ob man alleine im «Schmollwinkel»<br />
der internationalen Forschergemeinschaft<br />
stehen möchte und sich einredet, wie gut man<br />
doch ist. Übergreifende Organisationsstrukturen<br />
sind eine Voraussetzung, die es zu erreichen gilt.<br />
„Poster and Beer“ waren nach einem langen Tagungstag die willkommene<br />
Mischung und regten die wissenschaftliche Diskussion an.<br />
Das Konferenz Dinner im Hotel „Esplanade“ schuf Raum zum verschnaufen und für<br />
informelle Kontakte. Marc Zabeau aus Belgien und die beiden Lenker von Génoplante,<br />
George Pelletier und Dominique Job nutzten diese Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch.