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Forschung 6<br />
HISTONMETHYLIERUNG UND<br />
TRANSKRIPTIONSAKTIVIERUNG<br />
Christian Beisel, Zentrum für Molekulare Biologie der Universität Heidelberg (ZMBH); Axel Imhof, Adolf-Butenandt<br />
Institut, Universität München; Jaime Greene, Zentrum für Molekulare Biologie der Universität Heidelberg (ZMBH)<br />
und Department of Biochemistry, University of California Riverside; Elisabeth Kremmer, GSF-Forschungszentrum,<br />
München; Frank Sauer, Zentrum für Molekulare Biologie der Universität Heidelberg (ZMBH)<br />
Eukaryotische Zellen speichern ihr Erbgut<br />
(genomische DNA) im Zellkern. Dies ist keine<br />
einfache Aufgabe, da z. B. die Chromosomen<br />
des Menschen insgesamt ca. 2 m lang sind, der<br />
Kern menschlicher Zellen allerdings nur einen<br />
Durchmesser von ca. 60 µm besitzt. Um diese<br />
Aufgabe zu bewältigen, verpacken eukaroytische<br />
Zellen ihr Erbgut mit Proteinen in einen<br />
hochkondensierten Protein:DNA Komplex, dem<br />
Chromatin. Hauptbestandteil des Chromatins<br />
auf Proteinebene sind die Histone (H1, H2A,<br />
H2B, H3 und H4). Histone schliessen sich mit<br />
chromosomaler DNA zu Nukleosomen zusammen,<br />
der kleinsten Struktureinheit des Chromatins.<br />
Nukleosomen bestehen aus einem<br />
Oktamer, das jeweils zwei Kopien der Histone<br />
H2A, H2B, H3 und H4 enthält, und ca. 146 bp<br />
DNA, die zweimal um das Oktamer gewickelt<br />
werden (Luger and Richmond, 1998). Das Linkerhiston<br />
H1 bindet an das Nukleosom und stabilisiert<br />
u.a. die Interaktion des Oktamers mit<br />
DNA. Die kleinste derzeit sichtbare Chromatinstruktur<br />
ist die «Nukleosomenkette» in der<br />
Nukleosomen perlenkettenartig und immer im<br />
selben Abstand auf einem DNA-Strang angeordnet<br />
sind. In einer derzeit unbekannten<br />
Weise wird diese Nukleosomenkette zum hochkondensierten<br />
Chromatin verdichtet, das in<br />
Form von mitotischen Chromosomen sichtbar<br />
ist.<br />
Seit ungefähr 30 Jahren weisen Studien darauf<br />
hin, dass Histone nicht nur als Verpackungsmaterial<br />
sondern auch als Informationsspeicher<br />
genutzt werden und somit direkt an der Ausführung<br />
biologischer Prozesse beteiligt sind.<br />
Ferner, dass Histone das Ziel verschiedener<br />
posttranslationaler Modifizierungen wie z. B.<br />
Acetylierung, Methylierung, Phosphorylierung<br />
und Ubiquitinierung sind (vanHolde, 1988). Die<br />
Funktion und die korrespondierenden Enzyme<br />
dieser Modifizierungen blieben über 25 Jahre<br />
unbekannt, bis die Gruppe von Dr. Allis (University<br />
of Rochester, USA) ein Enzym nachweisen<br />
konnte (GCN5), das nicht nur Histone<br />
acetyliert sondern gleichzeitig auch ein bereits<br />
bekannter Transkriptionsregulator ist (Brownell<br />
et al., 1996). Diese und eine Fülle von nachfolgenden<br />
Studien konnten zeigen, das Histonacetylierung<br />
mit Transkriptionsaktivierung<br />
und Histondeacetylierung mit Transkriptionsrepression<br />
korreliert. Die Studien bestätigten<br />
nicht nur frühere Untersuchungen, die Histon<br />
De-/Acetylierung mit aktiven bzw. inaktiven<br />
Genen korrelierten, sondern zeigten zum ersten<br />
Mal, dass Histonmodifizierungen fundamental<br />
für die Durchführung DNA-abhängiger Prozesse,<br />
wie z.B. Transkription, sind. Aus diesen<br />
wurde die «histone code» Hypothese abgeleitet,<br />
die postuliert, dass spezifische Histonmodifizierungen<br />
die Ausführung spezifischer biologischer<br />
Progamme steuern (Strahl and Allis,<br />
2000).<br />
In den vergangenen zwei Jahren wurden Enzyme<br />
identifiziert, die spezifisch Histone methylieren<br />
[Histonmethyltransferasen (HMT)]. Lysinspezifische<br />
HMTs besitzen ein charakteristisches<br />
Proteinmotiv, die SET-Domäne, die HMT-<br />
Aktivität besitzt. Bevorzugte Ziele der HMTs<br />
sind phylogenetisch hochkonservierte Lysine<br />
oder Arginine in der NH2-terminalen Region<br />
von H3 und H4. Derzeit bekannte Zielaminosäuren<br />
von HMTs in H3 sind: Lysin 4 (H3K4),<br />
9 (H3K9), 27 (H3K27) und 36(HK36). In H4<br />
wurde bis jetzt nur Methylierung von Lysin 20<br />
(H4K20) nachgewiesen. Die Methylierung<br />
distinkter Lysine korreliert mit der Ausführung<br />
spezifischer biologischer Prozesse. Methylierung<br />
von Lysin 9 in H3 vermittelt Silencing<br />
während methyliertes H3K4 in Tetrahymena<br />
spec. mit Transkriptionsaktivierung korreliert.<br />
Wir haben in den vergangenen Jahren zahlreiche<br />
HMTs identifiziert, darunter den epigenetischen<br />
Aktivator «Absent small and homeotic<br />
discs» (Ash1) aus der Fruchtfliege Drosophila<br />
melanogaster (Beisel et al., <strong>2002</strong>). Ash1 zählt<br />
zur Gruppe der epigenetischen Transkriptionsfaktoren<br />
(LaJeunesse and Shearn, 1995). Unter<br />
dem Begriff Epigenetik werden Transkriptionsvorgänge<br />
zusammengefasst, in deren Verlauf<br />
die Expression eines Gens einmalig aktiviert<br />
oder reprimiert wird und dann, im Gegensatz<br />
zur transienten Genexpression, während des<br />
gesamten Lebenszyklusses eines Organismus<br />
aktiviert oder reprimiert bleibt. Epigenetik ist z.<br />
B. fundamental für die Etablierung des Schicksals<br />
von Zellen während der Embryonalentwicklung<br />
(Paro and Harte, 1996). Während der<br />
Differenzierung von Zellen wird ihre Funktion<br />
durch die Aktivierung und Repression spezifischer<br />
Gene festgelegt. Einmal etabliert, muss<br />
dieses Genexpressionsmuster während des<br />
gesamten Lebenszeitraums aufrechterhalten<br />
werden, um die Funktionalität der Zelle zu<br />
gewährleisten. Fehler in diesem Prozess können<br />
unter anderem zur Bildung von Krebs<br />
führen (Muyrers-Chen and Paro, 2001). Es wird<br />
postuliert, dass epigenetische Genexpression<br />
vermutlich auf der Ebene des Chromatins verwirklicht<br />
wird und spezifische, derzeit unbekannte<br />
Signale an der Aufrechterhaltung von<br />
Genexpressionsmustern beteiligt sind (Turner,<br />
2000). Wir konnten zeigen, dass Ash1 H3 und<br />
H4-spezifische HMT-Aktivität besitzt (Abb. 1a)<br />
und drei Lysinreste methyliert: H3K4 H3K9 und<br />
H4K20. Mit Hilfe von mutanten Proteinen<br />
konnten wir nachweisen, dass die SET-Domäne<br />
und eine Cystein-reiche Region, welche die<br />
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