Theoretische Grundlagen des Marxismus
Theoretische Grundlagen des Marxismus
Theoretische Grundlagen des Marxismus
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
- 57 -<br />
licher geworden, der Menschenmord wie andere Formen<br />
der physischen Gewalt werden mehr und mehr verabscheut<br />
und nur in seltenen Fällen, wie im Kriege, den Feinden<br />
gegenüber für erlaubt anerkannt. Die Kriege werden seltener<br />
und weniger andauernd. Wir sind gewifs weniger grausam<br />
als unsere Vorfahren. Aber für die Verbreitung <strong>des</strong> wahren<br />
Altruismus, <strong>des</strong> uneigennützigen Wohlwollens unter den<br />
Menschen gewährt die kapitalistische Gesellschaftsordnung<br />
wenig Spielraum. Die Gewalt hat weichere Formen· angenommen,<br />
aber bei weitem nicht aufgehört, da die kapitalistische<br />
Gesellschaft nicht minder als die Sklaven- und<br />
Feudalgesellschaft auf der Ausbeutung der grofsen Mehrzahl<br />
der Bevölkerung durch wenige beruht. Die schonungslose<br />
Konkurrenz, die die kapitalistische Wirtschaftsweise zum Gesetz<br />
<strong>des</strong> wirtschaftlichen Gedeihens gemacht hat, erwies sich<br />
als eine kolossale Steigerung und Verschärfung der Heftigkeit<br />
<strong>des</strong> Kampfes ums Dasein, welcher, obwohl dem Anschein<br />
nach weniger grausam geworden, eine gröfsere Anstrengung<br />
seitens <strong>des</strong> Individuums heute erfordert. Auf der Gnmdlage I<br />
<strong>des</strong> von Carlyle genannten "cash-nexus" können sich schwerlich<br />
altruistische Gefühle entwickeln.<br />
Es scheint also, dafs altruistische Gefühle nie im Laufe<br />
der Geschichte eine solche Kraft gehabt haben, dafs sie<br />
mächtige Triebkraft der sozialen Entwicklung würden.<br />
Das gilt für die neuere Geschichte nicht minder wie für<br />
die ältere. Nur in engeren Menschengruppen erhält das<br />
Sympathiegefühl, als Untergrund <strong>des</strong> menschlichen Handelns,<br />
eine gröfsere Bedeutung. Das Sympathisieren mit Anderer<br />
Leiden und Freuden beruht ja auf der Fähigkeit <strong>des</strong><br />
Menschen, das Bewufstseinsleben anderer Menschen in<br />
seinem eigenen Bewufstsein hervorzubringen. Diese Fähigkeit<br />
aber setzt voraus ein, genügen<strong>des</strong> Verständnis <strong>des</strong>'<br />
Bewufstseinslebens <strong>des</strong> anderen Menschen, was, seinerseits,<br />
nur in dem Falle möglich ist, wenn beide Individuen viel<br />
Gemeinsames in ihren geistigen Erlebnissen haben. Je<br />
enger der Kreis der unter sich verkehrenden Menschen, um<br />
so stärker das Sympathiegefühl zwischen ihnen. Im Schofse