Magazin 198404
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Plesseschau<br />
des Inlands<br />
Katastrophenmedizin:<br />
phenmedizin sei die organisiert ange- auch nicht die Augen vor der Wirklich-<br />
Vorsorge nur mit der brachte Hilfe. Diese umfasse einen vor- keit verschließen und so wiessentlieh<br />
linken Hand her genau erstellten Handlungsplan und oder nicht unseren Verteidigungswillen<br />
die Einberufung von entfernt liegenden schwächen. "<br />
In einem Katastrophenfall verfügen die Hilfseinheiten. In einem Atomkrieg sei<br />
Um für den Fall eines Konfliktes zwibundesdeutschen<br />
Mediziner nicht über eine solche Vorgehensweise unmöglich,<br />
sehen Ost und West vorbereitet zu sein,<br />
genügend Kenntnisse, um Verletzten ef- da die Zerstörungen ein solches Ausmuß<br />
nach Ansicht von Claussen dem<br />
fektiv helfen zu können. Wie unpopulär maß erreichen würden, daß ein Arzt<br />
Schutzraumbau verstärkte Aufmerksamdie<br />
Katastrophenmedizin sei, zeige sich überhaupt nicht mehr in der Lage sein<br />
keit gewidmet werden, denn "angeam<br />
deutlichsten im Bereich der T oxiko- dürfte, einen Patienten in ein nahegeIesichts<br />
der geringen SChutzplatzzahlen<br />
logie. Hier gäbe es weniger als eine genes Krankenhaus zu bringen.<br />
und der im Verteidigungslall zu befürch-<br />
Handvoll Ärzte, die im Ernstfall medizI- Für eine spezielle medizinische Hilfe tenden großen Anzahl von Opfern unter<br />
nisch richtige Entscheidungen treffen könne aber wenigstens eine minimale der Zivilbevölkerung muß ein potentieller<br />
könnten. Vorsorge getroffen werden. Doch bis Gegner erheblichen Zweifel am Verteidi-<br />
Diese Ansicht vertrat Generaloberstabs- heute wisse ein Arzt beispielsweise gungswillen der Bundesrepubhk haben. "<br />
arzt a. d. Professor Dr. med. Ernst Re- nicht, woher er in einem Katastrophen-<br />
Eine mangelhafte Schutzraumversorben<br />
tisch anläßlich eines Pressegesprä- fall Medikamente über seine Eigenbegung<br />
könne ferner zu einer erheblichen<br />
eh es zum Thema Katastrophenmedizin stände hinaus bekommen könnte.<br />
Beeinträchtigung der militärischen Opeim<br />
baden-württembergischen Landes- Schließlich bemängelte Rebentisch, daß rationsmöglichkeiten führen, meinte<br />
presseclub Stuttgart. Die Ärzteschaft sei bestehende Fortbildungsmöglichkeiten Claussen. "Je weniger Schutzräume<br />
im gesamten Katastrophenschutz-Kon- in der Katastrophenmedizin, die von den vorhanden sind, um so schwerer wäre<br />
zept der Bundesrepublik außer acht ge- Landesärztekammern angeboten wer- der NATO-Grundsatz durchzusetzen,<br />
lassen worden. In seiner Eigenschaft als den, heutzutage zumeist ungenutzt blie- wonach die Bevölkerung im Verteidiwissenschaftlicher<br />
Beirat der Bundesärz- ben. Die Ärzte müßten zu lernen beg in- gungsfall überwiegend zu Hause bleiben<br />
tekammer und als Mitarbeiter des Ar- nen, daß sie mit den Kenntnissen der soll." Daher sei, so der Minister, die Abbeitskreises<br />
KatastrophenmedIZin be- Alltags- und Notfallmedizin allein nicht sicht des Staates, die Zivilbevölkerung<br />
mängelte Rebentisch, daß in diesem auskommen können. Da im Katastro- vo r einer möglichen Waffen wirkung zu<br />
medizinischen Sonderbereich kein einzi- phenfall nur der fachlich geschulte Arzt schützen, eine humanitäre Aufgabe erger<br />
Arzt hauptamtlich tätig sei. In den die medizinische Situation richtig einzu- sten Ranges und kein Akt der Kriegs-<br />
Hilfsorganisationen wie Deutsches Rotes stufen vermag, sollte er auch gesetzlich vorbereitung, wie oftmals behauptet<br />
Kreuz oder Malteser-Hilfsdienst, die im dazu ermächtigt werden, die Auslösung werde.<br />
Katastrophenschutzplan mit einbezogen und Leitung des Einsatzes von sich aus<br />
sind, wirken Mediziner lediglich freiwillig<br />
Da der Staat allein den Schutzraumbau<br />
selbständig zu treffen.<br />
mit. Es sei nicht einmal sicher, ob diese<br />
nicht finanzieren könne, gelte es mehr<br />
(Ärzte-Zeitung, Neu-Isenburg)<br />
Ärzte im Ernstfall auch tatsächlich zur<br />
denn je, die Selbstverantwortung des<br />
Bürgers in das Bewußtsein der Öffent-<br />
Verfügung stehen würden.<br />
Claussen:<br />
lichkeit und aller politisch Verantwortli-<br />
Zwar gäbe es - so Rebentisch - dar- Dem Schutzraumbau ehen zu rücken. So wie der private<br />
über hinaus einige Ärzte, die sich vom verstärkte Aufmerksamkeit Hausherr sein Haus gegen Brand versi-<br />
Wehrdienst freistellen lassen und statt widmen chere, so könne er auch mit verhältnisdessen<br />
für zehn Jahre in den Katastro-<br />
mäßig geringen Mitteln zum Schutze<br />
phenschutzeinheiten mitwirken, doch Wer den Frieden in Freiheit erhalten will, seiner Familie und Angehörigen<br />
stellten diese Ärzte eine sehr unsichere muß nach Ansicht des schleswig-hol- beitragen .<br />
Größe dar, da sie anschließend zum stein ischen Innenministers Karl Eduard<br />
Daß der private Schutzraum finanzierbar<br />
großen Teil in Praxen und Krankenhäu- Claussen ja sagen zu einer wirkungsvolist,<br />
zeige nach Meinung des Ministers<br />
sern eine Tätigkeit ausüben. Bei einer len Gesamtverteidigung. Wichtiger Beein<br />
Rechenbeispiel: Ein Schutzraum für<br />
eventuell eintretenden Giftgaskatastro- standteil dieses Konzeptes sei die Zivileine<br />
bis sieben Personen lasse sich unphe<br />
verfügten dann auch diese Ärzte verteidigung inklusive Schutzraumbau.<br />
nicht über das notwendige und schnell<br />
ter Berücksichtigung der staatlichen Zu-<br />
Auf einer Versammlung der Deutschen schüsse und steuerlichen Absetzbarkeit<br />
umsetzbare Fachwissen.<br />
Schutzbau-Gemeinschaft e. V. verwies bereits mit 2000 DM pro Person errich-<br />
Eine völlige Unterscheidung müsse nach Innenminister Claussen auf die derzeit ten. Bei einem Hausschutzraum für 25<br />
Ansicht von Rebentisch zwischen der in der Öffentlichkeit geführte Friedens- Personen koste der Schutzraumplatz nur<br />
Katastrophenmedizin und der medizini- diskussion und meinte: "Wir dürfen noch 700 DM pro Person ...<br />
sehen Versorgung im Atomkrieg getrof- nicht nachlassen in dem Bemühen, den<br />
fen werden. Der Prototyp der KaIastro- Frieden zu sichern. Wir dürfen aber (Kölnische Rundschau)<br />
ZS·MAGAZIN 4/84 61