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Rechtsprechungsübersicht 04/2006 - Bundesamt für zentrale ...

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Anmerkungen:<br />

Gegen die o. g. Entscheidung wurde gemäß § 135 VwGO die Revision zum Bundesverwaltungsgericht<br />

zugelassen. Dem VG zufolge liege der Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen<br />

Bedeutung der Rechtssache vor (vgl. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Frage, ob<br />

der unbestimmte Rechtsbegriff des „in schwerwiegendem Maße seine Stellung zum eigenen<br />

Vorteil oder Nachteil anderer missbraucht“ zu haben einer restriktiven Auslegung bedürfe<br />

oder die Unangemessenheit einer Gegenleistung gemäß § 15 Abs. 2 RepG zur Erfüllung<br />

dieses Ausschlusstatbestandes ausreiche und somit § 7 a Abs. 3 b Satz 2 2. Alt. VermG weit<br />

auszulegen sei, sei in der Rechtsprechung bislang nicht geklärt und diene der Wahrung und<br />

Fortentwicklung der (Bundes-)Rechtsordnung.<br />

Das VG Gera erteilt der bisherigen Auslegung durch die Behörden zur Regelung offener<br />

Vermögensfragen, die sich entsprechend der Gesetzesbegründung an der Regelung des §<br />

15 Abs. 2 RepG und damit vor allem an der Zahlung eines im Sinne dieser Regelung angemessenen<br />

Kaufpreises orientiert, eine Absage.<br />

Der Gesetzgeber bringt deutlich zum Ausdruck, dass (nur) den „loyalen Erwerbern“ von NS-<br />

Verfolgtenvermögen die Möglichkeit eröffnet werden soll, Entschädigung nach Entschädigungsgesetz<br />

- EntschG - zu erhalten. Nur diesem Personenkreis gegenüber soll die Härte<br />

abgemildert werden, die sich aus der Abwertung des ihnen nach Abs. 2 zustehenden Erstattungsbetrages<br />

auf Rückzahlung des beim Erwerb gezahlten (und tatsächlich zugeflossenen)<br />

Kaufpreises ergeben würde (BT-Drucks. 13/1593). Mit der Einführung des Begriffes der<br />

„Loyalität“ in die Gesetzesbegründung stellt der Gesetzgeber den Bezug zum Gesetz zur<br />

Abgeltung von Reparations-, Restitutions-, Zerstörungs- und Rückerstattungsschäden -<br />

Reparationsschädengesetz - RepG - vom 12. Februar 1969 her (BGBl. I S. 105). Der Begriff<br />

der „Loyalität“ entstammt der Diskussion um die Einführung eines Entschädigungsgesetzes<br />

in den 60er Jahren, die schließlich zur Verkündung des RepG führte (vgl. Jürgen Lillteicher,<br />

Die Rückerstattung jüdischen Eigentums in Westdeutschland nach dem Zweiten Weltkrieg,<br />

Diss. WS 2002s/2003, S. 391 ff., 407, 413 ff., 416).<br />

Der Anwendungsbereich des § 7 a Abs. 3 c VermG ist eröffnet, wenn ein Erwerber von<br />

Verfolgtenvermögen wegen des nach § 3 Abs. 2 VermG vorrangigen Anspruches des NS-<br />

Verfolgten gemäß § 1 Abs. 6 VermG von der Rückübertragung ausgeschlossen ist.<br />

Dabei verkennt das VG, dass die Vorschrift des § 15 Abs. 2 RepG eine erheblich niedrigere<br />

Schwelle bei der Prüfung der Angemessenheit des Kaufpreises als Tatbestandsvoraussetzung<br />

aufweist als § 1 Abs. 6 Satz 2 VermG i. V. m. Art. 3 REAO und kommt deshalb auch<br />

zur fehlerhaften Schlussfolgerung, dass „bei anspruchsbegründenden Restitutionshandlungen,<br />

welche die Anwendbarkeit des VermG eröffnet, immer gegen rechtsstaatliche Grundsätze<br />

verstoßen wurde“ (UA, S. 14).<br />

Damit meint die Kammer wohl, dass der Erwerber deshalb „zwangsläufig“ bei einem Kauf<br />

von einem NS-Verfolgten gegen rechtsstaatliche Grundsätze verstoßen hat, weil dem NS-<br />

System als solchem durch die rassische Ausgrenzung und Außerrechtstellung der Juden<br />

und übrigen NS-Verfolgten die Rechtsstaatswidrigkeit immanent war.<br />

Bei der sog. Entziehungsvermutung des Art. 3 REAO handelt es sich zunächst um eine<br />

Beweiserleichterungsvorschrift <strong>für</strong> Rechtsgeschäfte Verfolgter zwischen dem 30. Januar<br />

1933 und dem 8. Mai 1945. Sie hatte - aufgrund der vordergründigen „Neutralität“ jedes<br />

Rechtsgeschäfts - zum Zweck, die Verfolgten vom Nachweis der Kausalität der Verfolgung<br />

<strong>für</strong> die Veräußerung zu befreien, nicht - wie das VG ausführt (UA, S. 13), deutlich zu<br />

machen, „dass es im maßgeblichen Zeitraum verbreitet war, NS-Verfolgtenvermögen erheblich<br />

unter dem Verkehrswert bzw. sogar unter dem Einheitswert zu verkaufen“.<br />

Nach Art. 3 Abs. 1 REAO gelten bspw. Grundstücksverkäufe von Verfolgten in dieser Zeit als<br />

verfolgungsbedingt („ungerechtfertigte Entziehungen“) und damit restitutionsbegründend,<br />

sofern der damalige Erwerber (vor dem 15. September 1935) diese Entziehungsvermutung<br />

nicht nach Abs. 2 widerlegen kann. Hier<strong>für</strong> muss er (kumulativ) nachweisen (1.), dass er<br />

einen angemessenen Kaufpreis bezahlt hat.<br />

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