Rechtsprechungsübersicht 04/2006 - Bundesamt für zentrale ...
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22.58 - BVerwGE 11, 106), in bestimmten Fällen auch das Auffinden sonstiger Beweismittel<br />
(BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 1966 - VII C 38.66 - BVerwGE 25, 241), oder<br />
- die Behörde auch sonst in vergleichbaren Fällen eine neue Sachentscheidung getroffen<br />
hat (BVerwG, Urteil vom 30. Januar 1974 - VIII C 20.72 - BVerwGE 44, 333)<br />
- höchstrichterlich ungeklärt ist, ob auch die Offensichtlichkeit der Rechtswidrigkeit eines<br />
Erstbescheides einen Anspruch auf Rücknahme gewährt.<br />
Die behauptete Rechtswidrigkeit des unanfechtbar gewordenen Erstbescheides allein gibt<br />
jedenfalls keinen Anspruch auf Eintritt in eine umfassende Rücknahmeprüfung. Sie ist lediglich<br />
eine Voraussetzung <strong>für</strong> eine Ermessensentscheidung der Behörde.<br />
Dabei ist es grundsätzlich Aufgabe des Antragstellers, die tatsächlichen Voraussetzungen<br />
darzulegen, die - ihre Richtigkeit unterstellt - die Rechtswidrigkeit des Erstbescheides ergeben.<br />
Anders muss es aber zumindest dann gesehen werden, wenn die Rechtswidrigkeit evident<br />
ist. Diesbezüglich kann auf die Jurisdiktion hinsichtlich des Begriffs der Offensichtlichkeit<br />
in § 44 Abs. 1 VwVfG zurückgegriffen werden (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG-Komm., §<br />
44 Rdnr. 12 m. w. N.). Ist die Rechtswidrigkeit offenkundig, ist die Behörde zumindest zum<br />
Eintritt in eine umfassende Rücknahmeprüfung verpflichtet.<br />
Dies bedeutet indessen noch nicht, dass der Bescheid auch tatsächlich zurückgenommen<br />
werden muss. Vielmehr ergeben sich hieraus lediglich weitergehende Prüfungs- und Begründungspflichten<br />
<strong>für</strong> die Behörde und mithin eine nähere Auseinandersetzung mit der Sache.<br />
In diesem Fall würde somit der lapidare Hinweis, dass das Vorbringen des Antragstellers<br />
keinen Anlass biete, das Verfahren wieder aufzugreifen, nicht genügen (BVerwG, Urteil<br />
vom 6. Januar 1972 - III C 83.70 - BVerwGE 39, 231 = Buchholz 427.3 § 33 a Nr. 41).<br />
Im Rahmen der Rücknahmeentscheidung sind dabei die beiden, gegeneinander abzuwägenden<br />
Prinzipien der materiellen Gerechtigkeit und Rechtssicherheit grundsätzlich gleichwertig,<br />
sofern dem anzuwendenden Recht keine andere gesetzliche Wertung zu entnehmen<br />
ist.<br />
Im Wiedergutmachungsrecht, welches von dem aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitenden<br />
Grundgedanken beherrscht wird, dass es geboten ist, einen Ausgleich <strong>für</strong> ein zugefügtes<br />
Staatsunrecht in Gestalt von gezielten, die Freiheit, die wirtschaftliche Existenz, die Gesundheit<br />
oder das Leben zerstörenden Verfolgungen zu schaffen, kommt dem Prinzip der materiellen<br />
Gerechtigkeit zwar im Rahmen der Ermessensausübung ein Übergewicht zu. Dennoch<br />
gewährt es nicht ohne weiteres einen Anspruch auf Rücknahme des erkanntermaßen<br />
rechtswidrigen Bescheides, sondern ist nur als Ermessensfaktor von erheblichem Gewicht<br />
zu behandeln (BVerfG, Entscheidung vom 17. Dezember 1969 - 2 BvR 23/65 - BVerfGE 27,<br />
297).<br />
Wäre im vorliegenden Fall allerdings die Rechtswidrigkeit evident gewesen und auch kein<br />
überzeugender Grund erkennbar, der eine andersartige Ermessensentscheidung hätte<br />
rechtfertigen können, insbesondere weil alle <strong>für</strong> die Ermittlung der richtigen Wertausgleichshöhe<br />
maßgeblichen Faktoren bekannt gewesen wären, hätte auch der Gesichtspunkt der<br />
Verwal-<br />
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