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Rechtsprechungsübersicht 04/2006 - Bundesamt für zentrale ...

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Anscheinsbeweis; Ausreise; ausreisewillige<br />

Miterbin; Erbengemeinschaft; Gesamthandeigentum;<br />

Kausalität; einzelner Nachlassgegenstand;<br />

Nötigung; Verzicht; Mitverzicht;<br />

widerlegbare Vermutung<br />

§ 1 Abs. 3 VermG;<br />

§ 400 Abs. 1 Satz 2 ZGB (DDR)<br />

Leitsatz des Gerichts:<br />

Verzichteten in der DDR verbleibende Miterben in zeitlichem Zusammenhang mit dem Verzicht<br />

eines ausreisewilligen Miterben auf ihr durch die Erbengemeinschaft gesamthänderisch<br />

gebundenes Eigentum an einzelnen Vermögenswerten, so spricht der Beweis des ersten<br />

Anscheins da<strong>für</strong>, dass die Nötigung des ausreisewilligen Miterben kausal <strong>für</strong> den Verzicht<br />

der verbleibenden Miterben war.<br />

Gericht, Datum und Az.:<br />

BVerwG, Urteil vom 31. August 2005, Az.: 8 C 11.05<br />

Tatbestand/Problem:<br />

Die Klägerinnen begehrten die Rückübertragung eines landwirtschaftlichen Grundstücks an<br />

die Erbengemeinschaft nach dem Alt-Eigentümer. Neben den Klägerinnen, den Töchtern des<br />

ursprünglichen Eigentümers, gehörten dieser Erbengemeinschaft auch dessen Witwe und<br />

sein Sohn an.<br />

Nachdem die Witwe im Jahre 1978 die Ausreise zu ihrem in der BRD lebenden Sohn beantragt<br />

hatte, wurde <strong>für</strong> dessen Anteil an der Erbengemeinschaft ein staatlicher Verwalter<br />

bestellt. Daraufhin erklärten die Witwe und die Klägerinnen den Verzicht auf ihre Erbanteile<br />

am Grundstück. Im Anschluss daran verkaufte der staatliche Verwalter den Anteil des<br />

Sohnes an den Rat des Kreises. Am selben Tag wurde zunächst die Erbengemeinschaft als<br />

Eigentümer im Grundbuch eingetragen und sogleich wieder gelöscht und daraufhin Eigentum<br />

des Volkes eingetragen. Ende des Jahres 1979 reiste die Witwe mit staatlicher Genehmigung<br />

in die BRD aus. Die Klägerinnen verblieben in der DDR.<br />

Während zunächst lediglich der „Anteil“ des Sohnes an dem streitgegenständlichen Grundstück<br />

aufgrund der Schädigung nach § 1 Abs. 1 Buchst. c VermG restituiert wurde, wurde im<br />

anschließenden Rechtsbehelfsverfahren durch das VG Frankfurt (Oder) auch die erbrechtliche<br />

Mitberechtigung der Witwe an dem Grundstück an die Klägerinnen und den als Miterbe<br />

nach seiner Mutter in das Verfahren eingetrene Sohn des Alt-Eigentümers aufgrund der<br />

Schädigung nach § 1 Abs. 3 VermG zurückübertragen.<br />

Dabei führte es aus, der Beweis des ersten Anscheins spräche <strong>für</strong> die Annahme einer schädigenden<br />

Maßnahme. Der Verzicht der Witwe sei prima facie auf eine Nötigung durch staatliche<br />

Organe und folglich auf Machtmissbrauch zurückzuführen.<br />

Eine Nötigung der Klägerinnen zu deren Verzicht sei nach Auffassung des VG jedoch nicht<br />

erwiesen. Insbesondere würden die Regeln des Anscheinsbeweises nicht zu ihren Gunsten<br />

eingreifen. Insoweit wurde die Klage abgewiesen.<br />

Die von den Klägerinnen hiergegen eingelegte Revision hatte Erfolg.<br />

Das BVerwG legte zunächst nochmals die Grundsätze der Anscheinsbeweisführung im<br />

Rahmen der Anwendung von § 1 Abs. 3 VermG dar.<br />

Danach sei in den Fällen des ausreisebedingten Verlustes von Grundstücken und Gebäuden<br />

eine unlautere Machenschaft in Gestalt einer Nötigung und gleichzeitig eines Machtmissbrauchs<br />

im Sinne des § 1 Abs. 3 VermG gegeben, wenn staatliche Stellen die Erteilung der<br />

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