Zwei von uns sind gestorben - AIDS-Hilfe Offenbach eV - Deutsche ...
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"Ich mach den <strong>Offenbach</strong>er" -<br />
Damit aus Armut keine Verelendung wird<br />
Die Stadt <strong>Offenbach</strong> war bis zur Wiedervereinigung 1989 die Stadt mit dem niedrigsten<br />
Pro-Kopf-Einkommen der BRD. Gleichzeitig ist sie bis heute die Großstadt<br />
mit dem höchsten Anteil nicht deutsch-stämmiger Bevölkerung (Anteil mit<br />
und ohne deutschen Pass bei ca. 52 %). Folgen <strong>von</strong> Armut verschärfen sich natürlich,<br />
wo sie einhergehen mit Verständnis- und Verständigungsproblemen.<br />
Folgerichtig ist <strong>Offenbach</strong> darüber hinaus die Großstadt in Hessen mit der höchsten<br />
Verschuldungsrate privater Haushalte. Nicht zufällig hat sich in der ganzen<br />
Rhein-Main-Region der Ausdruck „Ich mach’ den <strong>Offenbach</strong>er“ als Synonym für<br />
die Notwendigkeit, den Offenbarungs-Eid zu leisten, eingebürgert. Wen wundert’s,<br />
dass sich Merkmale einer Art Kummersdorf der Rhein-Main-Region auch in der<br />
Realität eines Beratungsalltags der <strong>AIDS</strong>-<strong>Hilfe</strong> <strong>Offenbach</strong> e.V. wiederfinden und<br />
diesen prägen.<br />
Probleme mit der Armut – objektive und subjektiv – machen in der <strong>AIDS</strong>-<br />
<strong>Hilfe</strong> <strong>Offenbach</strong> e.V. 80 – 90 % der Beratungs- und Betreuungsanlässe unter<br />
Menschen mit HIV und <strong>AIDS</strong> aus.<br />
Von <strong>uns</strong>eren KlientInnen mit HIV und <strong>AIDS</strong> – und über ihre Armut möchte<br />
ich im Folgenden berichten - haben zur Verfügung<br />
41 % Grundsicherung, ca. 345,00 € als <strong>Hilfe</strong> zum Lebensunterhalt<br />
32 % Erwerbsunfähigkeits-Rente unter 900,00 €, da<strong>von</strong> 18 % mit ergänzender<br />
Grundsicherung<br />
22 % Arbeitslosen-Geld II<br />
3 % Einkommen im ersten Arbeitsmarkt<br />
2 % mehr als 1300,00 € netto. Nach der WHO ist arm, wer monatlich weniger<br />
als die Hälfte des aus der Einkommensverteilung seines Landes berechneten<br />
Medians zur Verfügung hätte<br />
Nach der Europäischen Union lag die Armutsgrenze in Deutschland (60 %<br />
des mittleren Einkommens) für einen Alleinstehenden im Jahr 2003 bei einem<br />
monatlichen Einkommen <strong>von</strong> 938 Euro.<br />
Thomas <strong>von</strong> Aquin definierte im Mittelalter alle diejenigen als arm, die keine<br />
Rücklagen hatten, also „<strong>von</strong> der Hand in den Mund lebten“.<br />
Nach allen drei Definitionen <strong>sind</strong> ca. 95 % <strong>uns</strong>erer Beratenen und Betreuten<br />
mit HIV und <strong>AIDS</strong> arm.<br />
Um die „gefühlte Armut“ zu erfassen, die nicht immer dem realen Vergleich zu<br />
Mitbetroffenen entspricht, ist es vor Allem auch sinnvoll, sich anzuschauen, ob es<br />
vor der Erkrankung Berufstätigkeit gab oder nicht.<br />
Denn der schnelle Fall in die Armut oder die Angst vor ihr wird als wesentlich heftiger<br />
wahrgenommen, wenn die Armut im Vergleich zu einem vorher ausgefüllten<br />
Berufsleben mit einem für die Bedürfnisse ausreichendem Einkommen stand.<br />
Unter den oben genannten KlientInnen standen<br />
- 62 % vor der Erkrankung in einem Berufsleben, in einer Ausbildung oder<br />
zumindest in einer als kurzes Zwischenstadium wahrgenommenen Phase<br />
ohne Beschäftigung<br />
- 25 % hatten schon sehr lange keine Beschäftigung mehr und<br />
- 13% hatten noch nie im Leben eine Beschäftigung außerhalb der Schule<br />
2001 Im Juni 2001 befassen sich die Vereinten Nationen (UN) auf einer eigens hierfür<br />
einberufenen Vollversammlung ausschließlich mit der HIVInfektion und den weltweiten Folgen.<br />
Bild 1: Christiane Gohlke, <strong>Offenbach</strong><br />
Bild 2: Franz Frank, <strong>Offenbach</strong><br />
Bild 3: Claudia Weidlich, <strong>Offenbach</strong><br />
44<br />
Elke Griesinger<br />
kam durch eine<br />
Betreuung eines<br />
Klienten zu <strong>uns</strong>.<br />
Seitdem erfreut sie<br />
<strong>uns</strong> immer wieder<br />
mitvorzüglichen<br />
Backwerken.