Download PDF - BLS
Download PDF - BLS
Download PDF - BLS
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
FAHRGASTPORTRÄT<br />
Fahrgastporträt<br />
Mathias<br />
Morgenthaler<br />
Aufgezeichnet von:<br />
Thorsten Kaletsch<br />
Foto: Manu Friederich<br />
«Wer umsteigt, gewinnt Perspektiven.»<br />
«Manchmal sorgt es schon für erstaunte Blicke, wenn ich<br />
sage, dass ich keinen Führerausweis habe. Es wird aber<br />
langsam salonfähig, nicht Auto fahren zu können. Man<br />
macht nicht mehr automatisch mit 18 den Führerschein.<br />
Für mich war es immer selbstverständlich, mit Bahn,<br />
Bus und Schiff unterwegs zu sein, denn ich bin in einer<br />
autolosen Familie aufgewachsen. Auch später gab es nie<br />
einen Anlass für mich, die Führerprüfung zu machen.<br />
Ich bin also ein natürlicher Werbebotschafter für den öV.<br />
Als ich in Münsingen lebte, war ich täglich mit der <strong>BLS</strong><br />
unterwegs. Die <strong>BLS</strong> war für mich auch eine Ausflugsbahn.<br />
Ich lernte an der Lenk Ski fahren und fuhr mit meinen<br />
Eltern im Winter jahrelang ins Lötschental. Ich<br />
staunte damals immer, wie man in nur einer Stunde aus<br />
der gewohnten Umgebung heraus in eine komplett andere<br />
Welt gelangt. Auch heute noch fahre ich oft mit der<br />
<strong>BLS</strong> zum Skifahren, Wandern oder Joggen.<br />
Ich wohne in Bern und pendle zwei- bis dreimal pro Woche<br />
via Ostermundigen nach Münsingen, um meine<br />
Tochter in die Schule zu bringen oder abzuholen. Ich<br />
schätze den Zug auch als Arbeitsplatz. Die diffuse Geräuschkulisse,<br />
die vorüberziehende Landschaft … das ist<br />
eine bessere Arbeitsumgebung als in jedem Büro und in<br />
jeder Bibliothek. So kommt es auch mal vor, dass ich mit<br />
dem wunderbar langsamen Zug nach München fahre,<br />
um in Ruhe an einem Buch weiterzuschreiben. Da gilt<br />
dann buchstäblich: Der Weg ist das Ziel.<br />
Mein letztes Buch heisst «Aussteigen – Umsteigen». Darin<br />
sind 46 Menschen porträtiert, die beruflich neue<br />
Wege gegangen sind. Während das Umsteigen im öV<br />
selbstverständlich ist, haben viele im Beruf grösste Mühe<br />
schon mit kleinsten Richtungsänderungen. Deshalb<br />
möchte ich die Menschen inspirieren und ermutigen,<br />
wenn nötig die Weichen neu zu stellen und beruflich<br />
auch mal einen Zug zu nehmen, dessen Route nicht in<br />
allen Details bekannt ist. Wer aus Angst im gleichen Wagen<br />
sitzen bleibt, landet leicht auf dem Abstellgleis. Wer<br />
umsteigt, gewinnt neue Perspektiven. Mein Co- Autor,<br />
der Berner Coach Marco Zaugg, hat Fragen und Übungen<br />
beigesteuert, die bei den ersten Schritten in eine neue<br />
Richtung helfen. Auch für diesen Teil des Buches kann<br />
ich lange Zugfahrten sehr empfehlen.<br />
Die Interviews, die ich Woche für Woche mit Aus- und<br />
Umsteigern mache, enthalten oft auch Botschaften an<br />
mich selber. Ich wäre gerne so mutig, wie die Unternehmer,<br />
die ich porträtiere. Immerhin: Ich habe mein Pensum<br />
bei der Zeitung ‹Der Bund› reduziert und meine<br />
eigene Firma gegründet. Seither fahre ich zweigleisig<br />
und habe das Gefühl: Die Richtung stimmt.<br />
Das Buch: Mathias Morgenthaler / Marco Zaugg: Aussteigen<br />
– Umsteigen. Wege zwischen Job und Berufung.<br />
Zytglogge 2013.<br />
Der Fahrgast<br />
Name: Mathias<br />
Morgenthaler<br />
Alter: 38<br />
Beruf: Journalist und<br />
Buchautor.<br />
Abonnement: GA<br />
(«seit ewigen Zeiten»).<br />
Vorlieben: Mit Tochter<br />
Viviane zusammen<br />
oben im MUTZ,<br />
auf dem Querbänkli.<br />
Strecke: Zwei- bis<br />
dreimal pro Woche<br />
Ostermundigen–<br />
Münsingen retour.<br />
Lieblingstrecke: Bern–<br />
Kandersteg oder Bern–<br />
Brig mit dem Regio-<br />
Express Lötschberger.<br />
23