MITARBEITERPORTRÄT Mitarbeiterporträt 101 Jahre Familie Kauz 46 Text: Mia Hofmann Foto: Manu Friedrich
MITARBEITERPORTRÄT Seit 101 Jahren bei der Bahn. Die Brüder Uwe und Theo Kauz sowie ihr Schwager Heinz Sommer sind ein eingeschworenes Bähnler-Trio. Sie arbeiten seit 27, 32 und 42 Jahren bei der Bahn – da kann das Familienfest schon mal zum Eisenbahn-Podium werden. Uwe Kauz (rechts im Bild): «Wenn am Morgen im Nebel die Sonne aufgeht oder am Abend die Wolken am Himmel brennen, liebe ich meinen Job. Und wenn im Winter frischer Schnee liegt, sodass die Schienen völlig bedeckt sind, fühlt es sich an, wie ins Nichts zu fahren. Das ist unersetzbar. Ich bin wie mein grosser Bruder Theo Lokführer. Er hat damit seinen grossen Bubentraum verwirklicht, ich bin mehr dazu gekommen, weil es das Leben gerade ergeben hat. Früher musste man noch einen Beruf aus der Metall- oder Elektrobranche erlernt haben, um Lokführer zu werden. Das war nützlich, wenn es etwa an einem Wintermorgen nötig war, ein eingefrorenes Bremsventil aufzutauen – da musste man schon genau wissen wo. Heute wird immer mehr digitalisiert: In einigen <strong>BLS</strong>-Zügen hat es einen Diagnosebildschirm im Führerstand. Er ist bei Störungen nützlich und kann bei deren Behebung mit einbe zogen werden. Ich habe meinen Job gern, nur ist er manchmal ein bisschen einsam, seit auf S-Bahn- und Regio-Zügen kein Zugbegleiter mehr mitfährt. Aber das ist mir lieber, als ständig einen Vorgesetzten im Nacken zu haben. In meiner Freizeit züchte ich Schmetterlinge, reise dazu in der Schweiz herum und suche Raupen. Oder ich fahre Motorrad – ich bin einfach gerne unterwegs. Mein Bruder Theo und ich verstehen uns seit jeher gut mit unserem Schwager. Mit Heinz kann man Pferde stehlen: Er ist äusserst zuverlässig und korrekt. Wenn etwas ist – Heinz ist da.» Heinz Sommer (Mitte): «Und ich muss auch da sein – denn ich bin am Bahnhof Ramsei eigentlich für alles zuständig. Signale bedienen, Weichen stellen oder am Schalter Tickets verkaufen: Ich bin quasi ein Allrounder. Mein Beruf hatte schon verschiedene Bezeichnungen, heute heisst er Betriebsdisponent. Ich bin der Älteste im Die Mitarbeiter Namen: Theo Kauz / Heinz Sommer / Uwe Kauz Alter: 56 / 58 / 52 Beruf: Lokführer / Betriebsdisponent / Lokführer Familie: alle verheiratet Bunde und schon seit 42 Jahren bei der Bahn – da habe ich die Bahngeschichte hautnah miterlebt. Mich beeindruckt die grosse Entwicklung von den Kartonbillets damals bis zu den elektronischen Tickets heute. Früher musste man die einzelnen Strecken in dicken Büchern nachschlagen – heute rechnet man nichts mehr selber. Ich kann Ihnen hier in Ramsei sogleich ein Ticket nach Moskau ausstellen. Wenn ich frei habe, arbeite ich im Garten und gehe gerne wandern. Ich bin gern draussen – das kann ich zum Glück bei meinem Job auch. Typisch für die Kauz’sche Familie ist: Wenn sie eine Idee haben, muss sie sofort umgesetzt werden. Ich kenne das von meiner Frau. Bei Uwe und Theo ist das nicht anders.» Theo Kauz (links): «Das stimmt. Mein Bruder und ich haben Gemeinsamkeiten, sind aber gleichzeitig sehr verschieden. Uwe ist knallhart. Er nimmt kein Blatt vor den Mund und spricht auch mal Unangenehmes an. Er ist aber nicht festgefahren, und wir können stundenlang diskutieren, auch wenn wir nicht derselben Meinung sind. Ich bin mehr der Soziale, versuche immer, einen Konsens zu finden. Ich engagiere mich in zahlreichen Vereinen und der Gemeinde: Ich interessiere mich einfach für Leute. Vergleichen Sie zum Beispiel mal die Fahrgäste an einem Montagmorgen und einem Freitagabend – das ist eine andere Welt. Am Montag machen alle mürrische Gesichter, am Freitag ist es die reinste Modeshow. Solche Beobachtungen machen den Job abwechslungsreich. Die grösste Gefahr für den Lokführer ist nämlich die Monotonie: fahren, halten, freigeben, kontrollieren, auf das Signal schauen, quittieren, die Zugsicherung zurückstellen. Da kommt man richtig in einen Mechanismus, der es schwierig macht, so konzentriert zu bleiben, um auf alles Unvorhergesehene gefasst zu sein. Ich wünsche mir, dass man sich in Zukunft wieder mehr bewusst macht, dass das alles Menschen sind, die da arbeiten. Ich denke, Uwe, Heinz und ich werden noch ein paar Jährchen bei der <strong>BLS</strong> bleiben. Wir haben uns in all diesen Jahren bei der Bahn immer gut verstanden, aber sehen uns während der Arbeitszeit gar nicht mehr so häufig. Bei Familienfesten kann es dann natürlich schon passieren, dass wir so lange über Eisenbahn-Themen reden, bis die Frauen finden: Jetzt reichts! Aber die Bahn-Tradition in der Familie Kauz geht weiter: Meine 25-jährige Tochter arbeitet jetzt auch bei der <strong>BLS</strong> – im Reisezentrum in Bern.» 47