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schaft hier ist durch reine Wassererosion entstanden. Sie<br />
besteht aus tief eingekerbten V-Tälern und langgezogenen<br />
Anhöhen, den Eggen. Sie sind schroff, das für Gletschererosion<br />
typische Abgeschliffene und Runde sucht man vergebens.<br />
Stattdessen spürt man sehr gut, ob man sich gerade<br />
auf der Sonnen- oder Schattenseite befindet: Wir ziehen<br />
Mützen und Jacken mehrmals aus und wieder an. Nach etwas<br />
mehr als einer Stunde erreichen wir die Alp Nideränzi:<br />
Hier eröffnet sich der Blick auf die Berner Seite und die ganze<br />
Alpenkette (siehe Bild). Ideal also, um kurz innezuhalten,<br />
zu verschnaufen und einen Schluck aus der Feldflasche zu<br />
nehmen. Von Nideränzi schätzt der Wegweiser noch 50 Minuten<br />
auf den Gipfel.<br />
Waldmystik und Älpler-Makronen<br />
«Diese hohen, geraden Baumstämme erzeugen eine ganz<br />
mystische Stimmung», flüstert mein Begleiter in einem längeren<br />
Waldstück: Stumm und andächtig gehen wir durch<br />
den Wald. Der schmale Weg ist hier ein wenig abschüssig<br />
und fordert Konzentration, wir sind froh um den Halt unserer<br />
Schneeschuhe. Mit Kohldampf erreichen wir schliesslich<br />
das Hotel Napf, und trotz Hungergefühlen fesselt uns<br />
zunächst die Aussicht: 360 Grad Bergpanorama! Da kein<br />
Gipfel die Sicht versperrt, ist der Blick auf die Berner und auf<br />
die Luzerner Seite einfach grandios. Für die Neugierigen<br />
stehen Tafeln zur Bestimmung der Gipfel sowie ein Fernrohr<br />
zur Verfügung: Vom Säntis bis zum Moléson sieht man<br />
hier bei guter Sicht alles. Das Hotel liegt genau auf Kantonsgrenze<br />
zwischen Bern und Luzern, zwischen Emmental<br />
und Entlebuch. Sogar die Sprachgrenze verläuft hier durch:<br />
Auf der einen Seite begrüsst man sich mit «Grüezi», auf der<br />
anderen mit «Grüessech».<br />
Im Selbstbedienungs-Restaurant bestellen wir eine grosse<br />
Portion Älpler-Makronen mit Apfelmus. Am Nebentisch<br />
verdrückt ein kleines Mädchen eine riesige Portion Meringue<br />
– erst ganz am Ende muss ihr der Vater doch noch<br />
ein wenig helfen. Die Waren werden mit einer kleinen<br />
Transportbahn auf den Napf befördert. «Selbst mit Vierradantrieb<br />
kommt man hier praktisch nicht hoch» erklärt uns<br />
Therese Zaugg. Mit einer Glocke, deren Klang an die Türglocke<br />
einer alte Apotheke erinnert, kann die Wirtin bei<br />
Bedarf hinter das Buffet gerufen werden. Einige Gäste kennt<br />
sie persönlich und erkundigt sich nach ihrem Wohlbefinden.<br />
Alles ist schlicht und familiär: In einer Vitrine stehen<br />
die Pokale der Eishockeymannschaft «Napfgiele», und Therese<br />
verordnet dem klagenden Heinz schliesslich einen Tee<br />
gegen seine Magenbeschwerden.<br />
Kleine Ortsnamenkunde<br />
In der Gaststube liegt das Buch «Der Napf» des Fotografen<br />
Armin Wey auf. Darin erfährt man viel über die Geschichte<br />
des Ortes. Der Berner Pfarrer und Dichter Gottfried Strasser<br />
etwa liess 1883 verlauten, der Napf besässe «das Zeug zu<br />
einem Kurorte, zu einer rechten Sommerfrische». Armin<br />
Wey betont, dass der ehemalige Nachteil – die Unerreichbarkeit<br />
mit Auto oder Bahn – heute eindeutig zum Vorteil<br />
geworden sei. Dadurch, dass der Napf nur zu Fuss erreichbar<br />
sei, habe er seine spezielle Stimmung und die Ursprünglichkeit<br />
wahren können. Das Buch zeigt auf, wie Topografie<br />
und Bewirtschaftung sich in den hiesigen Ortsbezeichnungen<br />
niederschlagen: Dass es in der Gegend viele Einzelhöfe<br />
gab und gibt, lässt sich zum Beispiel an Namen wie «Fritzehus»,<br />
«Schmidshus» oder «Gigerhüsi» ablesen. Auch die<br />
Sonnen- und Schattenseiten, die uns beim Aufstieg so aufgefallen<br />
sind, werden erwähnt: «Sunneberg», «Sunnhalde»,<br />
aber auch «Schattmoos» und «Schattweid» machen darauf<br />
aufmerksam. Erstmals urkundlich erwähnt wird der Name<br />
Napf im Jahr 1419, jedoch gibt es frühere Zeugnisse, welche<br />
die Erhebung schon im 14. und 15. Jahrhundert mit «Entzi /<br />
Änzi» bezeichnen. Davon zeugen noch heute die Namen<br />
Nideränzi, Änzisattel oder Hochänzi.<br />
Nach einem letzten Rundumblick nehmen wir den Abstieg<br />
des 8,8 km langen Schneeschuhtrails in Angriff. Hinunter<br />
führt der Weg auf der Nordseite des Hauses über die Trachselegg.<br />
Noch einmal spüren wir die Chrachen- und Egglandschaft<br />
am eigenen Leibe, bis wir dann bei Mittler Ey zur Luthern<br />
kommen und auf dem Uferpfad gemütlich zurück<br />
nach Luthern Bad gelangen.<br />
Text: Mia Hofmann, Foto: Andreas Jenni<br />
Gut zu wissen<br />
Hin- und Rückreise: Mit der Bahn nach Hüswil oder Zell, weiter<br />
mit dem Bus nach «Luthern Bad» (Endhaltestelle) und auf<br />
demselben Weg zurück.<br />
Wanderzeit: Ca. 4 Std.<br />
Tipp: Die Tour ist auch in der entgegengesetzten Richtung<br />
machbar. Bei Bedarf Abstieg nach Fankhus, Trub oder Escholzmatt<br />
möglich.<br />
Einkehr: Hotel Napf, Tel. +41 (0)34 495 54 08, 1.12. bis 31.3.,<br />
Montag und Dienstag geschlossen, 1.4. bis 30.11. jeden Tag offen.<br />
Restaurant Hirschen, Luthern Bad,<br />
Tel. +41 (0)41 978 13 57, Montag geschlossen.<br />
Wanderkarte und Höhenprofil unter<br />
» www.bls.ch/streifzug<br />
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