Kapitel 9 für PDF - Bezirk Oberfranken
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238 KAPITEL 9<br />
Industrialisierung im Dorf<br />
Das Bürgerrecht hatte man<br />
nicht automatisch,es musste<br />
verliehen werden<br />
betriebe. Davon waren 14 in Lichtenfels, sieben in Michelau und nur vier in<br />
Redwitz ansässig, und letztere zählten zu den kleineren Unternehmen. Die<br />
14 Firmen in Lichtenfels hatten 273 Beschäftigte, die vier Firmen in Redwitz<br />
nur elf – einschließlich der Inhaber 86 . 1901 betrug der Umsatz der oberfränkischen<br />
Korbindustrie 10 Millionen Mark. Davon fielen 5 Millionen auf<br />
Lichtenfels, auf Redwitz aber nur 150000.<br />
Redwitz war, so können wir zusammenfassend sagen, um die Mitte des 19. Jahrhunderts<br />
einer der Hauptorte des Korbhandels; 50 Jahre später hatte es bestenfalls<br />
noch Bedeutung <strong>für</strong> die engere Umgebung.<br />
Die Zahl der Flechterfamilien im Dorf hingegen stieg. 1866 gab es mindestens<br />
30 Familien hier, welche mit Lehrlingen oder ihren Kindern arbeiten” 87 .<br />
Im Jahr 1905 zählte man in Redwitz 159 Flechter 88 .<br />
Solange sich die Zahl der Korbmacher in Grenzen hielt, hing der Verdienst<br />
vom handwerklichen Geschick des einzelnen und der Konjunktur des gesamten<br />
Wirtschaftszweiges ab. Nach der Mitte des 19. Jahrhunderts<br />
war jedoch die Korbmacherei ein überbesetzter<br />
Beruf. Es bestand ein Überangebot an Arbeitskräften.<br />
Dies bot den Händlern, die oft nebenbei einen Material-<br />
und Spezereiwarenladen unterhielten, eine Chance,<br />
ihren Gewinn zu vergrößern. Emanuel Sax hat die<br />
Entwicklung im Rückblick einfühlsam beschrieben: Man<br />
lernte zunächst den Profit an den Weiden schätzen, die<br />
man zu übermäßig hohen Preisen an die hausindustriellen<br />
Arbeiter abgab, ‚sah es dann gerne‘, wenn<br />
diese auch ihren sonstigen Bedarf im Kramladen deckten,<br />
und machte zuletzt, ohne erst viel darüber zu reden,<br />
den Bezug von Weiden und Lebensmitteln zur unerläßlichen<br />
Vorbedingung <strong>für</strong> die Abnahme von Körben und<br />
sonstiger Flechtwaare. 89 Man nennt dieses Geschäftsgebaren<br />
Trucksystem. Das dies in Redwitz praktiziert<br />
wurde, zeigte die Aussage eines Redwitzer Bauern 1855,<br />
in der es heißt: Ich selbst habe gelegentlich im Gosserschen<br />
Laden gehört, daß den Korbflechtern bedeutet<br />
wurde, es würden Körbe nur dann angenommen, wenn<br />
sie an Zahlungs statt Waaren nehmen würden, was die