Kapitel 9 für PDF - Bezirk Oberfranken
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222 KAPITEL 9<br />
Industrialisierung im Dorf<br />
Tuch, Seife, Zündhölzer<br />
– Anfänge der<br />
Industrie<br />
Damit zeigte Redwitz ein fast kleinstädtisches Gepräge, wie es typisch war<br />
<strong>für</strong> ritterschaftliche Orte. Der Ortsadel war bestrebt, die wirtschaftliche Potenz<br />
seiner Herrschaft zu stärken. In den hochstiftischen Dörfern konnte kein<br />
blühendes Wirtschaftsleben entstehen; da<strong>für</strong> sorgten die Städte und die städtischen<br />
Zünfte mit Beschwerden beim Landesherrn, dem Fürstbischof. Gegen<br />
die Konkurrenz, die unter dem Schutz ihres adligen Herren arbeitete,<br />
halfen solche Beschwerden aber herzlich wenig. Diese Betriebsamkeit<br />
ritterschaftlicher Dörfer bildete eine der Wurzeln der Industrialisierung in<br />
den ländlichen Regionen Frankens.<br />
Trotz der wirtschaftlichen Bedeutung gelang es der Gemeinde Redwitz aber<br />
nicht, das Marktrecht zu erlangen 20 . 1834/35 scheiterte ein derartiger Versuch<br />
am Widerstand der benachbarten Städte und Märkte, voran Marktzeuln.<br />
Allerdings hielt Redwitz zwei Jahrmärkte ab, und ab 1862 fand hier ein Saatfruchtmarkt<br />
statt 21 .<br />
Redwitz war ein recht großes Dorf. Gegen Ende des Alten Reiches zählte<br />
man 105 Häuser. 1818 waren es 126 Wohngebäude, in denen 678 Personen<br />
lebten 22 . Bis in die 30er Jahre wuchs die Bevölkerung weiter, dann sank sie<br />
einige Jahrzehnte lang. Verantwortlich da<strong>für</strong> waren besonders die Auswanderungen<br />
nach Nordamerika. Allein zwischen 1839 und 1843 wanderten 30<br />
Protestanten aus 23 . Ab etwa 1865 stieg die Bevölkerungszahl wieder sehr<br />
rasch bis auf 1054 im Jahr 1885. Danach sank sie 24 ; erst nach dem Zweiten<br />
Weltkrieg hatte Redwitz wieder mehr als 1000 Einwohner.<br />
Ein Kennzeichen ritterschaftlicher Dörfer ist das Nebeneinander der Konfessionen.<br />
Seit dem 16. Jahrhundert war der überwiegende Teil der Redwitzer<br />
evangelisch. Daneben gab es, namentlich seitdem die gutsherrliche Familie<br />
den katholischen Glauben angenommen hatte, auch Katholiken in Redwitz.<br />
Um 1830 war etwa die Hälfte der Redwitzer evangelisch, ein Viertel war<br />
katholisch. Das restliche Viertel machten die Juden aus 25 .<br />
Ihnen gab das bayerische Judenedikt von 1813 die Möglichkeit, Handwerksberufe<br />
zu ergreifen. In Redwitz blieben die älteren Juden bei ihren angestammten<br />
Handelsgeschäften. Die jüngeren griffen teils bereitwillig nach<br />
den neuen Berufsmöglichkeiten, teils wurden sie von Staats wegen zur Erlernung<br />
von Handwerksberufen oder von Handelsgeschäften mit förmlicher<br />
Buchführung gezwungen. Viele der jungen Redwitzer Juden, die ein Hand-