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22 AGENTURMANN DES JAHRES<br />
Bevor er zum Deutschland-Chef von Ogilvy wird, betätigt sich Thomas Strerath als Mantafahrer, „Zonk“ und Mitinhaber einer Werbeagentur<br />
Doch das Angebot ist ernst gemeint.<br />
Genauso wie zuvor die Versuche von Strerath,<br />
ins Fußballgeschäft einzusteigen. Er hatte sich<br />
als Sportmarketingmanager bei großen Clubs<br />
wie Bayern München, Borussia Dortmund<br />
und Bayer Leverkusen beworben. Jedoch kam<br />
der Fußballfan, dessen Sympathien Borussia<br />
Mönchengladbach gehören („Seine einzige<br />
Schwäche“, so der überzeugte Fortuna-Düsseldorf-Fan<br />
Vogelsang), bei keinem dieser Vereine<br />
zum Zug. Ebenso wenig wie später bei vielen<br />
Agenturen: Weder Jung von Matt noch Zum goldenen<br />
Hirschen und – fast schon ein Treppenwitz<br />
– Ogilvy & Mather wollten Strerath haben.<br />
Dass er sich aber durchbeißen kann und im<br />
Zweifel für nichts zu schade ist, zeigte er während<br />
seiner Zeit bei Fremantle (heute Grundy Ufa<br />
TV-Produktion). Dort arbeitet er unter anderem<br />
für das Quizshow-Format „Geh aufs Ganze“<br />
und schlüpft wenn nötig sogar in das Kostüm<br />
der symbolischen Niete „Zonk“. Danach geht<br />
es für ihn steil bergauf: erst bei WOB, später<br />
bei Ogilvy. Dabei war gar nicht geplant, dass<br />
Strerath mal an die Spitze der WPP-Tochter<br />
in Deutschland rücken sollte. Eigentlich hat<br />
der damalige Gruppenchef Lothar Leonhard<br />
eine andere Lösung vorgesehen, die dann aber<br />
nicht zustande kommt.<br />
Die Suche beginnt von Neuem und diesmal<br />
wird sogar – untypisch für Ogilvy – auch nach<br />
externen Kandidaten Ausschau gehalten. Strerath<br />
ist herausgefordert: „Ich habe signalisiert,<br />
dass ich nicht bereit bin, eine Lösung von außen<br />
zu akzeptieren, die ich nicht für besser halte als<br />
mich“, sagt er selbstbewusst. Dieses Selbstbewusstsein<br />
hat er sich bis heute erhalten – und es<br />
trotz aller Erfolge nicht in Arroganz kippen lassen.<br />
Auf Leute, die ihn nicht gut kennen, wirkt er<br />
dennoch bisweilen distanziert und unnahbar.<br />
Mit diesem Problem hat er zunächst auch<br />
bei Ogilvy zu kämpfen. Erschwerend kommt hinzu,<br />
dass ihm der Stallgeruch fehlt. Dennoch<br />
scheut er sich nicht, die Agentur neu auszurichten.<br />
Die Gruppe macht heute laut Strerath<br />
50 Prozent ihres Umsatzes mit Aufgaben beziehungsweise<br />
in Geschäftsfeldern, die man 2008<br />
noch gar nicht hatte. Selbst mit mehr oder weniger<br />
deutlich ausgesprochener Kritik am Übervater<br />
der Agentur Leonhard hält er nicht hinter dem<br />
Berg, wenn er sie für berechtigt hält. So kritisiert<br />
Strerath die schlechte Pitch-Erfolgsquote der<br />
Agentur, die inzwischen unter seiner Führung von<br />
15 auf über 90 Prozent gestiegen ist (siehe Kasten).<br />
Desgleichen scheute er sich nicht, eine Rückkehr<br />
zu den wahren Werten von Ogilvy und damit zu<br />
einer „Hochleistungskultur“ anzumahnen.<br />
Selbst im Umgang mit der Auftraggeberseite<br />
gibt sich Strerath erstaunlich robust. Die<br />
Servilität, die manche Agenturmanager an den<br />
Tag legen, wenn es um Kunden – oder solche,<br />
die es werden sollen – geht, ist bei ihm nicht<br />
spürbar. Prominentestes Beispiel: Als der<br />
Schuhhändler Deichmann zweifelhafte Konditionen<br />
für einen Pitch ausschreibt, attackiert<br />
Strerath das Unternehmen öffentlich und fordert<br />
die Agenturen zum Boykott auf. Sein Einspruch<br />
dürfte dazu beigetragen haben, dass<br />
Deichmann die Aktion letztlich abgeblasen hat.<br />
Doch nicht alles, was Strerath anpackt, wird<br />
ein Erfolg. So soll er handwerklich – vorsichtig<br />
ausgedrückt – nicht sonderlich begabt sein. Auch<br />
in Sachen Werbung liegt er schon mal daneben.<br />
Das verrät sein Freund Vogelsang mit einer Geschichte<br />
aus alten Zeiten. Als Vogelsang krankheitsbedingt<br />
ausgefallen war, sprang Strerath als<br />
Kreativer ein. Für einen Jeansladen entwarf er ein<br />
hippes Schaufensterlogo, das so aussah wie die<br />
Zeichen auf den Waschanleitungen von Textilien.<br />
Das Ergebnis: Die Grevenbroicher dachten,<br />
sie hätten es mit einer Reinigung zu tun und<br />
karrten ihre Schmutzwäsche an. Also musste<br />
Strerath noch einmal ran – diesmal aber um das<br />
von ihm entworfene Logo wieder vom Schaufenster<br />
zu entfernen. MEHRDAD AMIRKHIZI<br />
ERFOLGREICHE WEITERENTWICKLUNG EINER SCHON ERFOLGREICHEN AGENTUR<br />
Die deutsche Ogilvy-Gruppe blickt auf ein sehr<br />
erfolgreiches Geschäftsjahr 2012 zurück. Der Honorarumsatz<br />
konnte zweistellig gesteigert werden.<br />
Genaue Angaben zu den Umsatzzahlen<br />
macht die Agentur aufgrund der Vorgaben der<br />
Muttergesellschaft WPP nicht. Zu den Etats, die im<br />
vorigen Jahr gewonnen werden konnten, gehören<br />
unter anderem Coca-Cola, O2, Fressnapf, Jako-o<br />
und Schöffel. Im Jahr zuvor setzte sich das<br />
Team um CEO Thomas Strerath unter anderem bei<br />
Media-Markt (siehe Bild) und Volkswagen (CRM-<br />
Etat) durch. Weitere wichtige Kunden der Agentur<br />
sind Unternehmen wie Schwäbisch Hall, SAP,<br />
Szene aus der „Nerd“-WG von Media-Markt<br />
Deutsche Bank, Deutsche Bahn und Ford. Insgesamt<br />
beschäftigt die deutsche Ogilvy-Gruppe derzeit<br />
rund 700 Mitarbeiter. Sie ist an den Standorten<br />
Frankfurt, Düsseldorf und Berlin vertreten.<br />
Das Frankfurter Büro gibt es seit 1964 (hervorgegangen<br />
aus Heumann Werbegesellschaft), die<br />
Filiale in Düsseldorf seit 1981. Die Niederlassung in<br />
Berlin entstand 2011unter Federführung von Strerath.<br />
Neben der Werbeagenturmarke Ogilvy &<br />
Mather gehören die Dialogschwester Ogilvy One<br />
sowie die Einheiten Ogilvy Healthworld, Ogilvy<br />
PR, Ogilvy Action, Red, Neo@Ogilvy und Redworks<br />
zu dem Firmenverbund.<br />
HORIZONT MAGAZIN JANUAR 2013