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50 MEDIENKONGRESS<br />
Kampf um die Überflieger<br />
<strong>30</strong> Jahre Werbung: Vier Agenturchefs und frühere Preisträger des HORIZONT Award über Vorurteile,<br />
den War for Talents und die größten Herausforderungen für Werbeagenturen in diesem Jahrzehnt.<br />
Sind Werber wirklich alle Berufsoptimisten?<br />
Nein. Nicht mehr. Die Realität hat die<br />
Branche eingeholt. Bei der Diskussion<br />
zum Thema „<strong>30</strong> Jahre HORIZONT – <strong>30</strong><br />
Jahre Werbung“ zeigen sich die früheren Preisträger<br />
des HORIZONT Award Peter Figge, Stefan<br />
Kolle, Lothar Leonhard und Frank-Michael<br />
Schmidt eher nachdenklich als euphorisch.<br />
„Werber finden alles immer super. Dieses Bild<br />
hat sich 2012 gewandelt“, sagt Kolle, Mitinhaber<br />
der Hamburger Agentur Kolle Rebbe. Kaum einer<br />
wagt für die Zukunft noch allzu positive<br />
Prognosen. Der Chairman von Ogilvy & Mather,<br />
Lothar Leonhard, bringt es auf den Punkt: „Der<br />
Markt wächst nicht. Die Anteile werden kleiner<br />
und weniger lukrativ. Deshalb wird 2013 natürlich<br />
anstrengend.“<br />
Ein Fünkchen Optimismus immerhin hat<br />
sich JvM-CEO Peter Figge bewahrt: „Wir sehen<br />
zurzeit viele Risiken, aber auch große Chancen.“<br />
Die Globalisierung werde ebenso neue Wachstumsfelder<br />
eröffnen wie die fortschreitende Digitalisierung.<br />
„Optimismus ist eine gute Sache.<br />
Tatkraft ist noch viel besser. Wenn in einem Bereich<br />
kein Wachstum mehr zu erzielen ist, dann<br />
müssen wir uns eben andere Felder erschließen.“<br />
Der Chef der erfolgsverwöhnten Hamburger<br />
Agenturgruppe Jung von Matt hat gut reden.<br />
Ihm ist es 2012 auch nicht so ergangen wie einigen<br />
Networks, die bedrohlich an Boden verloren<br />
haben. Erlebt Deutschland gerade den Niedergang<br />
der Networkagenturen? Werden die<br />
großen Konglomerate vom Erfolg der Inhaberagenturen<br />
überrollt? Schmidt, dessen Agentur<br />
Scholz & Friends sich 2011 unter das Dach der<br />
WPP-Holding begeben hat, ist überzeugt davon,<br />
dass dies – trotz der vielen Negativschlagzeilen<br />
2012 – nicht passieren wird. „Es sind auch viele<br />
Inhaberagenturen vom Markt verschwunden.<br />
Das darf man nicht vergessen. Unabhängigkeit<br />
findet im Kopf statt. Das ist eine Geisteshaltung,<br />
die nichts mit dem Gesellschaftervertrag zu tun<br />
hat.“ Ogilvy-Chef Leonhard führt diesen Gedanken<br />
weiter aus: „Wir sind gar nicht so gefesselt an<br />
die Networks, wie es immer dargestellt wird.“<br />
Der vermeintliche Druck aus New York sei eine<br />
Die Diskutanten: Volker Schütz, HORIZONT; Peter Figge, Jung von Matt; Stefan Kolle, Kolle Rebbe;<br />
Lothar Leonhard, Ogilvy & Mather; Frank-Michael Schmidt, Scholz & Friends; Jürgen Scharrer, HORIZONT (v.l.)<br />
Ausrede derer, denen es nicht gelinge, ihr Schiff<br />
durch unruhige Gewässer zu navigieren. „Wer<br />
zwei falsche Entscheidungen trifft, ist weg vom<br />
Fenster. Der Markt ist zu klein für viele Schwache.<br />
So sieht es heute aus.“<br />
Eine Überlebensstrategie hat Schmidt parat:<br />
Es komme mehr denn je darauf an, den<br />
Markenstandort zu stärken. „Deutschland hat es<br />
bisher nie geschafft, aus eigener Kraft ein großes,<br />
internationales Netzwerk aufzubauen. In diesem<br />
Jahrzehnt könnte das gelingen.“ Das Thema Internationalisierung<br />
sei für alle wichtig – egal ob<br />
Network oder Inhaberagentur. JvM-Chef Figge<br />
pflichtet ihm bei und plaudert aus dem Nähkästchen:<br />
„Wir haben voriges Jahr eine Anfrage über<br />
eine allgemeine Info-E-Mail-Adresse von einem<br />
chinesischen Kunden erhalten, der im Internet<br />
über uns recherchiert hat. Wir hielten das erst für<br />
einen Scherz. Eine Woche später kam ein Team<br />
des Kunden aus China zu uns und heute arbeiten<br />
wir für Oppo – einen der 20 größten Unterhaltungselektronikhersteller<br />
der Welt. Das ist ein<br />
äußerst spannendes und positives Beispiel für<br />
Digitalisierung und Globalisierung.“<br />
Die Deutschen als Global Player – eine<br />
schöne Vorstellung, bei der es allerdings ein Problem<br />
geben könnte: die verzweifelte Suche der<br />
Agenturen nach hochkarätigen Mitarbeitern.<br />
Während die Werbebranche vor <strong>30</strong> Jahren noch<br />
als wahnsinnig sexy galt, tobt heute ein gnadenloser<br />
War for Talents. „Die Attraktivität unserer<br />
Branche für High Potentials ist dramatisch ge-<br />
HORIZONT MAGAZIN JANUAR 2013