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Krebsforschung in der Schweiz - Krebsliga Schweiz

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Im Rahmen <strong>der</strong> psychoonkologischen Forschung<br />

schätzen Krebskranke Aspekte ihrer Lebensqualität<br />

aus eigener Sicht e<strong>in</strong> und berichten von ihren persönlichen<br />

Erfahrungen. Dieser Ansatz hat zu e<strong>in</strong>er entscheidenden<br />

Erkenntnis geführt: Das «subjektive»<br />

Empf<strong>in</strong>den von krankheits­ und therapiebed<strong>in</strong>gten<br />

Belastungen <strong>der</strong> Betroffenen stimmt oft nicht mit<br />

<strong>der</strong> Wahrnehmung <strong>der</strong> Behandelnden übere<strong>in</strong>. So<br />

können kognitive E<strong>in</strong>schränkungen wie zum Beispiel<br />

Gedächtnisstörungen als Folge von Chemo­ und<br />

Hormontherapien bei Patient<strong>in</strong>nen mit Brustkrebs<br />

mit neuropsychologischen Tests unter Umständen<br />

auch Jahre nach Abschluss e<strong>in</strong>er Therapie nachgewiesen<br />

werden. 1 Schätzen die Betroffenen ihre kognitiven<br />

E<strong>in</strong>schränkungen anhand e<strong>in</strong>er Skala selber<br />

e<strong>in</strong>, zeigt sich häufig ke<strong>in</strong> o<strong>der</strong> nur e<strong>in</strong> schwacher<br />

Zusammenhang mit den «objektiven» Testergebnissen.<br />

2 Diese fehlende Übere<strong>in</strong>stimmung ist unter an<strong>der</strong>em<br />

durch emotionale Belastungen bed<strong>in</strong>gt.<br />

Wenn Werte sich verschieben<br />

Auch wenn solche Ergebnisse aus <strong>der</strong> Sicht <strong>der</strong> Behandelnden<br />

unerwartet s<strong>in</strong>d, stellen sie die Gültigkeit<br />

e<strong>in</strong>er Selbste<strong>in</strong>schätzung durch die Patient<strong>in</strong>nen und<br />

Patienten nicht <strong>in</strong> Frage, son<strong>der</strong>n führen zu neuen<br />

Fragestellungen. Krebskranke werden im Verlauf ihrer<br />

Krankheit enorm gefor<strong>der</strong>t, sich bei <strong>der</strong> Bewältigung<br />

ihres Alltags an neue Gegebenheiten anzupassen,<br />

zum Beispiel an e<strong>in</strong>e körperliche Schwäche. Diese<br />

Anpassungsleistungen führen zu e<strong>in</strong>er Verschiebung<br />

ihrer Wahrnehmung, <strong>in</strong>dem sich ihre eigene Vorstellung,<br />

was e<strong>in</strong> «gutes» Wohlbef<strong>in</strong>den ist, zunehmend<br />

von den Vorstellungen gesun<strong>der</strong> Menschen unterscheidet.<br />

Diese Verschiebung des <strong>in</strong>dividuellen Standards<br />

(z. B. bezüglich des Schmerzempf<strong>in</strong>dens) und<br />

<strong>der</strong> persönlichen Bedürfnisse und Präferenzen kann<br />

die krankheitsbed<strong>in</strong>gten Belastungen und E<strong>in</strong>schränkungen<br />

erträglicher machen. Diesen Prozess haben<br />

Krebskranke <strong>in</strong> Selbsterfahrungsberichten e<strong>in</strong>drücklich<br />

dokumentiert. Gel<strong>in</strong>gt es den Behandelnden, ihnen<br />

die Aussicht auf e<strong>in</strong>e solche Werteverschiebung<br />

zu vermitteln, ist dies für die Patient<strong>in</strong>nen und Patienten<br />

von grosser Bedeutung, vor allem während e<strong>in</strong>er<br />

belastenden Therapie o<strong>der</strong> beim Fortschreiten <strong>der</strong><br />

Krankheit.<br />

Die Achtsamkeit gegenüber persönlichen Erfahrungen<br />

führt auch zu e<strong>in</strong>er erhöhten Sensibilität für Verän<strong>der</strong>ungen<br />

im eigenen Körper und damit für den zugrunde<br />

liegenden Krankheitsprozess. In Studien hat<br />

sich gezeigt, dass die Selbste<strong>in</strong>schätzung von Aspekten<br />

<strong>der</strong> Lebensqualität, vor allem des körperlichen<br />

Bef<strong>in</strong>dens, bei vielen Krebserkrankungen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

fortgeschrittenen Stadium e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> besten prognostischen<br />

Faktoren ist – auch im statistischen Vergleich<br />

zu bekannten biomediz<strong>in</strong>ischen Prognosefaktoren. 3<br />

Dieses Ergebnis bestätigt die Validität <strong>der</strong> Selbste<strong>in</strong>schätzung<br />

und die Bedeutung <strong>der</strong> eigenen Wahrnehmung<br />

für die Entscheidungsf<strong>in</strong>dung, ob zum Beispiel<br />

die Therapie bei e<strong>in</strong>er fortgeschrittenen Krebskrankheit<br />

weitergeführt o<strong>der</strong> abgebrochen werden soll.<br />

Psychoonkologische Interventionen bei Patienten<br />

Entscheidend für die Praxis ist, dass Aspekte <strong>der</strong> Lebensqualität<br />

nicht nur <strong>in</strong> Studien erfasst werden,<br />

son<strong>der</strong>n die Befunde und <strong>der</strong>en Konsequenzen auch<br />

<strong>in</strong> die Behandlung und Betreuung e<strong>in</strong>fliessen. Grundsätzlich<br />

gibt es zwei sich ergänzende Arten psychoonkologischer<br />

Interventionen. Im direkten Kontakt<br />

mit den Patienten und ihren Angehörigen betrifft dies<br />

Abklärungen, Beratungen, kurze, oft verhaltensorientierte<br />

Interventionen sowie längere Begleitungen und<br />

Psychotherapien mit den Schwerpunkten Krankheitsverarbeitung<br />

und Symptomkontrolle (z. B. Umgang<br />

mit <strong>der</strong> Ungewissheit). Interventionen, die sich an die<br />

Fachpersonen aus Mediz<strong>in</strong>, Pflege, Sozialarbeit und<br />

weiteren Bereichen richten, umfassen Supervisionen,<br />

Weiter­ und Fortbildungen mit den Schwerpunkten

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