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Orkus! Depeche Mode (Vorschau)

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„Eigentlich sehr basisdemokratisch.“<br />

Deine Lakaien waren wohl das erste Elektronik-Duo, das sich auf die Bühne stellte und auf sämtliche Elektronik verzichtete. Aus<br />

der Not heraus, auf einem Benefizkonzert spielen zu können, bei welchem die eigentliche Live-Band nicht verfügbar war, ist aus<br />

dieser Idee ein großer Erfolg geworden. Das brachte die Fans in den Genuss mehrerer Akustiktourneen und des Acoustic-Albums<br />

im Jahre 1995. „Viel zu lange her!“, denkt sich die Deine Lakaien-Gemeinde und sorgt via Crowdfunding für die Umsetzung<br />

von Acoustic II.<br />

<strong>Orkus</strong>: Was ist für dich das Besondere an<br />

Akustikkonzerten?<br />

Alexander Veljanov: Wie Ernst auch,<br />

bin ich großer Befürworter, nicht immer<br />

eins zu eins die Studioalben runterzuspielen.<br />

Ich singe am liebsten zu ganz natürlichem<br />

Begleitinstrumentarium und habe sehr viel<br />

Spaß am Improvisieren. Man kann mit dem<br />

Partner Blickkontakt und Ohrenkontakt<br />

haben. Wir können uns auf die Wurzel unserer<br />

Musik und auf die Songs konzentrieren.<br />

Wenn man zu zweit auf der Bühne ist, muss<br />

man auch beweisen, dass man die Leute nicht<br />

langweilt. Wir sehen es ja abends, dass unser<br />

Publikum sehr diszipliniert zuhören kann,<br />

obwohl nichts passiert, als dass einfach die<br />

Musik präsentiert wird. Das ist vielleicht<br />

auch der Grund, warum die Leute noch so<br />

viele Konzertkarten kaufen. Ein Konzert lässt<br />

einem die Möglichkeit, sich einfach nur zwei<br />

Stunden auf die Musik zu konzentrieren.<br />

O: Hast du persönliche Lieblinge unter den<br />

Songs?<br />

AV: Es gibt einige Lieder, die ganz besonders<br />

in der akustischen Variante sehr viel bedeuten.<br />

Eine Ballade, Away, kommt mir in den Sinn,<br />

die meistens eine solche Intensität auf den<br />

Konzerten entwickeln kann, dass man dann<br />

in stillsten Momenten eine Stecknadel fallen<br />

hören kann oder ein Räuspern im Publikum.<br />

Das sind die speziellen Momente, die man<br />

nur bei einem solchen Akustikkonzert haben<br />

kann.<br />

O: Muss man sich besser konzentrieren, um<br />

sich nicht ablenken zu lassen?<br />

AV: Natürlich fällt jede Kleinigkeit auf. Es ist<br />

sowohl die Gefahr als auch die Herausforderung,<br />

dass das Publikum mitbekommen kann, was auf<br />

der Bühne passiert. Umgekehrt bekommen wir<br />

auch sehr viel mehr mit als auf Hallenkonzerten.<br />

Da kann es irritieren, wenn ein Handy leuchtet.<br />

Im besten Fall ist man allerdings so entspannt,<br />

sich davon nicht verunsichern zu lassen.<br />

O: Worin siehst du heute die Unterschiede zu<br />

den ersten Akustikkonzerten?<br />

AV: Man sieht, wie unerfahren man vor 20<br />

Jahren war. Erfahrung bringt jedoch das Altern<br />

an sich, man muss das so positiv wie möglich<br />

nehmen. Manches ist nicht so einfach wie<br />

früher, zum Beispiel die Anstrengung einer<br />

Tournee. Andererseits wird man auch sicherer<br />

und weiß, worauf man sich eher konzentrieren<br />

sollte. Ein großes Publikum fühlt sich heute<br />

nach Hunderten Konzerten anders an. Nicht<br />

dass man nicht immer noch aufgeregt wäre.<br />

Doch hofft man, das Beste aus dem gemacht zu<br />

haben, was man dazugelernt hat.<br />

O: Nun wird es ein zweites Akustikalbum<br />

geben. Wann entstand die Idee?<br />

AV: Es war immer Thema, dass man neuere<br />

Versionen von Stücken pflegt, die wir nach 1995<br />

auf unseren Akustikkonzerten gespielt haben.<br />

Die Crowdfundingplattform PledgeMusic kam<br />

dann auf uns zu und fragte, ob wir nicht mal<br />

eine Direct-to-Fan-Aktion machen wollen. Wir<br />

dachten, es sei bestimmt interessant, zu sehen,<br />

wie das funktioniert.<br />

O: Mit großem Erfolg. Das Projekt wurde<br />

bei PledgeMusic ausgeschrieben und noch am<br />

selben Tag finanziert...<br />

AV: Unser Management war völlig von den<br />

Socken. Für das enorm große und schnelle<br />

Interesse unserer Fans sind wir sehr dankbar.<br />

Wir veröffentlichen selten – und wenn dann was<br />

kommt, wird es sehr dankbar aufgenommen<br />

und bestätigt. Das freut uns immens. Was<br />

dabei sehr schade ist: dass unsere angebotenen<br />

Sonderpakte so schnell weg waren. Wir werden<br />

da allerdings nachlegen. Innerhalb so kurzer<br />

Zeit hatten viele nicht die Möglichkeit, davon<br />

zu erfahren.<br />

O: Inwiefern hat dieses Projekt nun Auswirkung<br />

auf die Beziehung zu euren Fans?<br />

AV: Ich denke, dass die Leute untereinander<br />

viel kommunizieren und so was wie ein<br />

Zugehörigkeitsgefühl entsteht. Wir sind eine<br />

Band, die über all die Jahre nicht dauernd in<br />

den Medien war. Es geht um die Musik für<br />

uns, und so manches Marketingkonzept wurde<br />

verworfen. Das mussten die Plattenfirmen auch<br />

akzeptieren. Die wissen schließlich, wen sie sich<br />

geholt haben.<br />

O:Wie findest du diese Crowdfundingmöglichkeit<br />

ganz generell? Welche<br />

Möglichkeiten siehst du darin für die Arbeit als<br />

Musiker?<br />

AV: Für mich war das Neuland. Als die<br />

Anfrage kam, habe ich mich intensiver damit<br />

auseinandergesetzt. Kollegen wie zum Beispiel<br />

IAMX haben auch ganz unterschiedliche<br />

Projekte darüber finanziert. Grundsätzlich ist<br />

die Idee nicht verkehrt. Man sagt: „Liebe Leute,<br />

liebe Fans, liebe Musikinteressierte: Wir würden<br />

gerne dies und das realisieren. Falls Interesse da<br />

ist, meldet Euch und zeigt uns das.“ Da muss<br />

man sich nicht von irgendwelchen Experten im<br />

Musikgeschäft erzählen lassen, was die Leute<br />

wollen oder nicht. Das kriegt man als Künstler<br />

eins zu eins mit von den Leuten, von denen die<br />

Musik gekauft wird: „Ja, das finden wir gut, das<br />

möchten wir haben.“ Oder: „Das interessiert<br />

uns nicht.“ Eigentlich sehr basisdemokratisch.<br />

O: Hast du selbst schon Projekte anderer<br />

mitfinanziert? Welche würdest du ganz<br />

persönlich sofort unterstützen?<br />

AV: Wenn ich Kollegen schon lange kenne,<br />

deren Musik mir gefällt und die keine<br />

Möglichkeit haben, das anders zu machen,<br />

oder auch nicht anders wollen, und mich das<br />

interessiert, dann würde ich das natürlich gerne<br />

unterstützen. Ich glaube, es ist vor allem ganz<br />

wichtig für ganz junge, unbekannte Leute.<br />

Denkt man an unsere eigenen Anfänge zurück,<br />

wo man die erste Vinyl-Platte aufgenommen<br />

hat und sich noch ganz andere Ziele gesetzt<br />

hatte: Als man die erreichte, hat man gefeiert.<br />

Wir sind ja damals in die Plattenläden gelaufen,<br />

wo man sich wie ein Idiot behandeln lassen<br />

musste. Aber einige waren eben nicht so und<br />

haben uns eine Chance gegeben, und so fing<br />

eigentlich alles an. Erstaunlich, wie sich alles so<br />

entwickelt.<br />

O: Inwiefern wird sich das jetzige Album von<br />

Acoustic unterscheiden?<br />

AV: Ganz einfach, die Acoustic-Aufnahmen<br />

enthalten Lieder bis 1995, Acoustic II beinhaltet<br />

alle Songs, die wir seit 1996 akustisch gespielt<br />

haben. Auf einer CD ist leider nur begrenzt<br />

Zeit, deswegen müssen wir einige Sachen<br />

aussortieren. Wir müssen noch entscheiden,<br />

welche Stücke darauf sein werden. Wir<br />

hören schon seit mehreren Wochen die<br />

Akustikkonzertaufnahmen der letzten vier<br />

Jahre durch.<br />

www.deine-lakaien.com<br />

Sarah Beilharz<br />

Photo: PledgeMusic<br />

Discographie (Alben):<br />

Deine Lakaien (1986)<br />

Dark Star (1991)<br />

Dark Star Tour ’92 – Live (live, 1992)<br />

Forest Enter Exit (1993)<br />

Acoustic (live, 1995)<br />

Winter Fish Testosterone (1996)<br />

Kasmodiah (1999)<br />

White Lies (2002)<br />

1987 (2003)<br />

Live in concert (live, 2003)<br />

April Skies (2005)<br />

20 Years Of Electronic Avantgarde (live, 2007)<br />

Indicator (2010)<br />

Line-Up:<br />

Alexander Veljanov – Gesang<br />

Ernst Horn – Tasten und Elektronik<br />

<strong>Orkus</strong>! - 21

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