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Die öffentliche Verschwendung 2010

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Es lebe der Sport<br />

Overath. Für die Stadt Overath, deren<br />

Haushalt tiefrote Zahlen aufweist, war<br />

das Konjunkturpaket II eine wahre Verlockung.<br />

845.000 Euro aus diesem Paket<br />

steckt die Stadt in eine Doppelturnhalle<br />

im Ortsteil Immekeppel, der bislang nur<br />

über eine kleine Turnhalle verfügt. Dem<br />

Bürgermeister muss die Turnhalle besonders<br />

unter den Nägeln gebrannt haben.<br />

Er vergab zusammen mit einem Ratsmitglied<br />

in einer Nacht- und Nebel aktion<br />

Bauaufträge für 180.000 Euro. Den Rat<br />

fragte er nicht. Nach seiner Einschätzung<br />

war höchste Dringlichkeit gegeben,<br />

um den „engen zeitlichen Rahmen<br />

des Konjunkturpaketes einzuhalten und<br />

die Mittel fristgerecht abrufen zu können“.<br />

<strong>Die</strong> Kreisverwaltung stufte die se<br />

Dringlichkeitsentscheidung aus vier<br />

Gründen als rechtswidrig ein. Erstens<br />

sei der Bau- und Planungsausschuss<br />

der Stadt Overath übergangen worden,<br />

zweitens sei ein Fall äußerster Dringlichkeit<br />

nicht erkennbar, drittens hätte<br />

diese Entscheidung in der nächsten Sitzung<br />

des Bau- und Planungsausschusses<br />

genehmigt werden müssen und viertens<br />

sei nicht ersichtlich gewesen, dass der<br />

Rat dem Hallenneubau eine besondere<br />

Priorität bei der Verwendung der Konjunkturpaketmittel<br />

zugedacht hat. Konsequenzen<br />

hatte dieses übereilte Vorgehen<br />

für den Bürgermeister jedoch nicht.<br />

Ende September 2009 genehmigte der<br />

Rat nachträglich die Dringlichkeitsentscheidung<br />

und heilte damit die Rechtsverletzung.<br />

Dringend aber ist in Overath<br />

18<br />

nur das Sparen. Der Haushalt lässt einen<br />

Hallenneubau, für den die Stadt rund 2<br />

Mio. Euro lockermachen muss, nicht zu.<br />

Auch die geschätzten Folgekosten von<br />

mindestens 200.000 Euro pro Jahr kann<br />

Overath sich nicht leisten. Kritiker zweifeln<br />

zudem am Bedarf für eine so große<br />

Halle. Monatelang kämpften sie für eine<br />

Einfachhalle ohne Mehrzwecknutzung.<br />

Nur einen Katzensprung entfernt, im<br />

Nachbarort, gäbe es eine Mehrzweckhalle,<br />

die an weniger als zehn Tagen im<br />

Jahr genutzt werde. Doch „das Vereinsleben<br />

eines Dorfes lasse sich nicht per<br />

Beschluss in das Nachbardorf verlegen.<br />

Buchhalterisch denkenden Menschen<br />

mag das schwer eingängig sein, aber es<br />

ist die Realität“, so der Bürgermeister.<br />

Bei so viel Kirchturmsdenken verwundert<br />

es nicht, dass die kritischen Bürger<br />

am ernsthaften Sparwillen zweifeln.<br />

Coburg. Braucht man in Coburg tatsächlich<br />

eine neue Ballsporthalle? Offenbar<br />

ja. So wird die Stadt Coburg auf der<br />

„Lauterer Höhe“ eine hochmoderne Ballsporthalle<br />

errichten, obwohl in Coburg<br />

nach Mitteilung des Oberbürgermeisters<br />

bereits neben drei Einfach-Schulsporthallen,<br />

die für eine Vereinsnutzung<br />

zwar nur eingeschränkt nutzbar sind,<br />

auch zwei Dreifachturnhallen und eine<br />

Zweifachturnhalle existieren, die allerdings<br />

auch schon etliche Jahre auf dem<br />

Buckel haben. Vor diesem Hintergrund<br />

hat der Coburger Stadtrat den Neubau<br />

einer Ballsporthalle beschlossen. Hierfür<br />

ging man von einer Kostenschätzung in<br />

Höhe von 12,5 Mio. Euro aus. Um aber<br />

für das anschließende Wettbewerbsverfahren<br />

den finanziellen Rahmen nicht<br />

von vornherein zu hoch zu spannen, hat<br />

man anfangs nur illusorische 9,4 Mio.<br />

Euro gleichsam als Ausgangslage angesetzt.<br />

<strong>Die</strong>s sei nach Angaben des Oberbürgermeisters<br />

der Stadt Coburg damals<br />

sinnvoll gewesen, um von vornherein<br />

etwaige politische Begehrlichkeiten<br />

in Bezug auf Qualität und Standard<br />

aus Kostengründen einzudämmen. Im<br />

September 2009 hat dann der Stadtrat<br />

beschlossen, den Zuschlag für den Hallenbau<br />

zu erteilen, und zwar zu einem<br />

Festpreis inklusive Ausstattung in Höhe<br />

von satten 15,36 Mio. Euro. Hinzukommen<br />

werden jährlich noch rd. 375.000<br />

Euro Betriebskosten für das technische<br />

Gebäudemanagement, Energie- und<br />

Personalkosten.<br />

Offenbar wegen einer politischen Auseinandersetzung<br />

zwischen Befürwortern<br />

und Gegnern der Halle hat der Coburger<br />

Stadtrat beschlossen, den Bayerischen<br />

Kommunalen Prüfungsverband mit<br />

Es lebe der Sport<br />

<strong>Die</strong> Stadt Coburg leistet sich eine neue Ballsporthalle für 15,36 Mio. Euro, obwohl die<br />

Steuerzahler das Prestigeprojekt teuer zu stehen kommen wird.<br />

einer Prüfung des Vorgangs zu beauftragen.<br />

Das Prüfungsergebnis lag zum<br />

Zeitpunkt des Redaktionsschlusses für<br />

das Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler<br />

allerdings noch nicht vor.<br />

Wenn auch – wie der Oberbürgermeister<br />

der Stadt Coburg meint – die neue<br />

Ballsporthalle eine „städtebauliche Visitenkarte“<br />

der Stadt Coburg sein mag<br />

und sich Coburg eine derart teure Halle<br />

durchaus leisten kann, lässt dies nicht<br />

darüber hinwegtäuschen, dass die Kosten<br />

für den Hallenbau der Stadt Coburg<br />

sprichwörtlich „davongelaufen“ sind.<br />

Zu hoffen bleibt, dass die Coburger Bürger<br />

und Steuerzahler nach Fertigstellung<br />

des ehrgeizigen Prestigeprojekts<br />

von weiteren ärgerlichen Kostensteigerungen<br />

verschont bleiben und dass ihre<br />

neue Ballsporthalle voll ausgelastet sein<br />

wird.<br />

Zarrentin-Lassahn. <strong>Die</strong> Stadt Zarrentin<br />

am Schaalsee in Mecklenburg-Vorpommern<br />

klotzte bei der Sanierung und Erweiterung<br />

ihres Vereins- und Sportlerheims<br />

im Ortsteil Lassahn. Ursprünglich<br />

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