22.06.2012 Aufrufe

Die öffentliche Verschwendung 2010

Die öffentliche Verschwendung 2010

Die öffentliche Verschwendung 2010

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Verschwendung</strong> droht<br />

plexen Zusammenspiel unterschiedlicher<br />

Faktoren. So hätten Baustellen in der<br />

Stadt, aber auch die Konkurrenz zum<br />

Fußgängerverkehr, den man natürlich<br />

auch beschleunigen wolle, zu den Geschwindigkeitseinbußen<br />

geführt. Aktuelle<br />

Daten zur Geschwindigkeitsentwicklung<br />

von Bus und Straßenbahn werden<br />

erst zum Ende des Jahres erwartet. Erst<br />

dann lässt sich der endgültige Effekt der<br />

teuren Investition feststellen. Der Bund<br />

der Steuerzahler wird den Sachverhalt<br />

weiter beobachten. Denn schnellere Verkehrsmittel<br />

zahlen sich durchaus aus.<br />

Wenn Busse und Straßenbahnen schneller<br />

fahren, können die Verkehrsbetriebe<br />

weniger Fahrzeuge einsetzen, was entsprechend<br />

Kosten spart – auch für das<br />

Land Berlin.<br />

Fischland-Darß-Zingst. Das Land Mecklenburg-Vorpommern<br />

diskutiert seit<br />

Monaten, ob es im Ostsee-Tourismusgebiet<br />

Fischland-Darß-Zingst die alte<br />

Darßbahn wiederbeleben soll. <strong>Die</strong><br />

Trasse würde Zingst und Prerow an das<br />

Schienennetz der Usedomer Bäderbahn,<br />

einer 100-prozentigen Bahn-Tochter, anbinden.<br />

<strong>Die</strong> Befürworter wollen damit<br />

den Individualverkehr der Touristen zurückdrängen<br />

und die vorhandenen Busverbindungen<br />

entlasten. Ende August<br />

<strong>2010</strong> fiel die Entscheidung des Verkehrsministeriums,<br />

den Bau in zwei Etappen<br />

voranzutreiben. <strong>Die</strong> Krux an den Plänen:<br />

Dem Projekt wurde Ende 2009 laut beauftragterWirtschaftlichkeitsuntersu-<br />

chung nur ein Nutzen-Kosten-Verhältnis<br />

von 0,88 bescheinigt.<br />

Soll heißen, die geschätzten Investitionskosten,<br />

die damals seitens des Ministeriums<br />

auf rund 48 Mio. Euro beziffert<br />

wurden, würden durch die mit dem Bau<br />

der Darßbahn entstehenden Vorteile<br />

nicht kompensiert. <strong>Die</strong> aktuell vom Ministerium<br />

in Umlauf gebrachten Zahlen<br />

weisen ein leicht besseres Verhältnis von<br />

0,93 aus. Ein Nutzen-Kosten-Verhältnis<br />

von mindestens 1 ist jedoch Voraussetzung,<br />

dass die Kosten der Maßnahme<br />

geradeso dem künftigen Nutzen entsprechen<br />

und der Bahnbau knapp noch<br />

als wirtschaftlich gelten kann.<br />

Interessant ist zudem auch, dass die<br />

Gesamtkosten jetzt nur noch bei 38<br />

Mio. Euro liegen sollen. Trotz überarbeiteterWirtschaftlichkeitsuntersuchung<br />

rechnet sich das Projekt auf<br />

dem Papier weiterhin nicht. Doch der<br />

Verkehrsminister sieht das anders. Er<br />

hat den Bau der Darßbahn zu seinem<br />

politischen Ziel erkoren. Daher wolle<br />

er im Zuge der Detailplanung alle Optimierungsmöglichkeiten<br />

prüfen, die<br />

den Nutzen-Kosten-Faktor verbessern<br />

helfen. Mit anderen Worten: Es soll solange<br />

geplant und kalkuliert werden,<br />

bis das persönliche Ziel des Ministers<br />

schöngerechnet scheint. Kritisch ist zudem,<br />

dass bei der Gesamtbetrachtung<br />

des Projekts derzeit die Kosten, die nach<br />

dem Bau der Darßbahn jährlich für den<br />

Betrieb durch das Land aufzubringen<br />

sind, außen vorgelassen werden. Das<br />

Ministerium scheint hierzu keine Rechnungen<br />

angestellt zu haben, es verweist<br />

lediglich auf die Ergebnisse einer noch<br />

durchzuführenden Ausschreibung. So<br />

sinnvoll die Idee der Darßbahn auch<br />

scheinen mag: Der Steuerzahler darf mit<br />

seinem Geld nicht für Investitionsprojekte<br />

herhalten, die eine dauerhaft negative<br />

Rendite erwirtschaften, nur weil sie<br />

politisch gewollt sind. Und selbst wenn<br />

das Nutzen-Kosten-Verhältnis auf dem<br />

Papier nach Abschluss der Detailplanung<br />

geradeso ausgewogen sein sollte,<br />

ist erfahrungsgemäß damit zu rechnen,<br />

dass es im Zuge der Realisierung zu<br />

Baukostenüberschreitungen kommen<br />

wird. Dann wird es dauerhaft teuer für<br />

die Steuerzahler. Ebenso ist zweifelhaft,<br />

ob die Darßbahn eine echte Alternative<br />

zum Autoverkehr darstellt. Das darf aufgrund<br />

der insgesamt schlechten Anbindung<br />

Mecklenburg-Vorpommerns an<br />

das Netz der Deutschen Bahn erheblich<br />

bezweifelt werden. Im Sinne der Steuerzahler<br />

sollten daher alle Signale für den<br />

kostspieligen und unwirtschaftlichen<br />

Wiederaufbau der Darßbahn auf Rot<br />

gestellt werden.<br />

Bremen. Damit Besucher und Mieter des<br />

neuen Stadthauses Vegesack (früheres<br />

Kaufhaus Kramer) keine nassen Füße<br />

bekommen, soll ein Tunnel zwischen<br />

der Tiefgarage am Sedanplatz und der<br />

ehemaligen Kramer-Immobilie gebaut<br />

werden. Für die knapp 20 Meter werden<br />

nach bisherigen Angaben rund<br />

<strong>Verschwendung</strong> droht<br />

371.000 Euro fällig, die vom Steuerzahler<br />

zu tragen sind. Der Nutzen der<br />

unterirdischen Fußgängerverbindung<br />

hält sich in Grenzen, zumal Besucher das<br />

Stadthaus leicht über einen Tiefgaragen-<br />

Aufzug und dann ebenerdig über den<br />

Sedanplatz erreichen können. Große<br />

Teile der Vegesacker Ortspolitik und der<br />

Bremer Wirtschaftssenator halten die<br />

wetterunabhängige Erreichbarkeit der<br />

Behördendienststellen sowie der Bank-,<br />

Einzelhandels- und Freizeitangebote im<br />

Stadthaus dagegen für unverzichtbar.<br />

Sie stützen sich auf Zusicherungen, die<br />

die in der heutigen stadteigenen Wirtschaftsförderung<br />

Bremen GmbH (WFB)<br />

aufgegangene Bremer Investitions-Gesellschaft<br />

(BIG) großzügig gegenüber<br />

Mietern des Stadthauses gegeben hatte.<br />

Doch ursprüngliche Planungen für das<br />

Untergeschoss des Stadthauses sind<br />

längst Makulatur. Eine Bowlingbahn, die<br />

über den Tunnel auch zu Zeiten erreichbar<br />

ist, an denen das übrige Stadthaus<br />

geschlossen ist, wird es aller Voraussicht<br />

nach nicht geben. Der potenzielle Betreiber<br />

hat sich schon vor Monaten zurückgezogen.<br />

So nimmt die <strong>Verschwendung</strong><br />

im Bremer Norden ihren Lauf. Dagegen<br />

kommt nicht einmal die Finanzsenatorin<br />

als Hüterin der Bremer Stadtkassen an,<br />

die die Notwendigkeit der unterirdischen<br />

Verbindung am Sedanplatz noch im Juli<br />

<strong>2010</strong> öffentlich in Zweifel zog und damit<br />

vielen Steuerzahlern aus dem Herzen<br />

sprach und spricht. <strong>Die</strong> Tunnelkosten<br />

von 371.000 Euro resultieren übrigens<br />

86 87

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!