Die öffentliche Verschwendung 2010
Die öffentliche Verschwendung 2010
Die öffentliche Verschwendung 2010
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<strong>Verschwendung</strong> droht<br />
plexen Zusammenspiel unterschiedlicher<br />
Faktoren. So hätten Baustellen in der<br />
Stadt, aber auch die Konkurrenz zum<br />
Fußgängerverkehr, den man natürlich<br />
auch beschleunigen wolle, zu den Geschwindigkeitseinbußen<br />
geführt. Aktuelle<br />
Daten zur Geschwindigkeitsentwicklung<br />
von Bus und Straßenbahn werden<br />
erst zum Ende des Jahres erwartet. Erst<br />
dann lässt sich der endgültige Effekt der<br />
teuren Investition feststellen. Der Bund<br />
der Steuerzahler wird den Sachverhalt<br />
weiter beobachten. Denn schnellere Verkehrsmittel<br />
zahlen sich durchaus aus.<br />
Wenn Busse und Straßenbahnen schneller<br />
fahren, können die Verkehrsbetriebe<br />
weniger Fahrzeuge einsetzen, was entsprechend<br />
Kosten spart – auch für das<br />
Land Berlin.<br />
Fischland-Darß-Zingst. Das Land Mecklenburg-Vorpommern<br />
diskutiert seit<br />
Monaten, ob es im Ostsee-Tourismusgebiet<br />
Fischland-Darß-Zingst die alte<br />
Darßbahn wiederbeleben soll. <strong>Die</strong><br />
Trasse würde Zingst und Prerow an das<br />
Schienennetz der Usedomer Bäderbahn,<br />
einer 100-prozentigen Bahn-Tochter, anbinden.<br />
<strong>Die</strong> Befürworter wollen damit<br />
den Individualverkehr der Touristen zurückdrängen<br />
und die vorhandenen Busverbindungen<br />
entlasten. Ende August<br />
<strong>2010</strong> fiel die Entscheidung des Verkehrsministeriums,<br />
den Bau in zwei Etappen<br />
voranzutreiben. <strong>Die</strong> Krux an den Plänen:<br />
Dem Projekt wurde Ende 2009 laut beauftragterWirtschaftlichkeitsuntersu-<br />
chung nur ein Nutzen-Kosten-Verhältnis<br />
von 0,88 bescheinigt.<br />
Soll heißen, die geschätzten Investitionskosten,<br />
die damals seitens des Ministeriums<br />
auf rund 48 Mio. Euro beziffert<br />
wurden, würden durch die mit dem Bau<br />
der Darßbahn entstehenden Vorteile<br />
nicht kompensiert. <strong>Die</strong> aktuell vom Ministerium<br />
in Umlauf gebrachten Zahlen<br />
weisen ein leicht besseres Verhältnis von<br />
0,93 aus. Ein Nutzen-Kosten-Verhältnis<br />
von mindestens 1 ist jedoch Voraussetzung,<br />
dass die Kosten der Maßnahme<br />
geradeso dem künftigen Nutzen entsprechen<br />
und der Bahnbau knapp noch<br />
als wirtschaftlich gelten kann.<br />
Interessant ist zudem auch, dass die<br />
Gesamtkosten jetzt nur noch bei 38<br />
Mio. Euro liegen sollen. Trotz überarbeiteterWirtschaftlichkeitsuntersuchung<br />
rechnet sich das Projekt auf<br />
dem Papier weiterhin nicht. Doch der<br />
Verkehrsminister sieht das anders. Er<br />
hat den Bau der Darßbahn zu seinem<br />
politischen Ziel erkoren. Daher wolle<br />
er im Zuge der Detailplanung alle Optimierungsmöglichkeiten<br />
prüfen, die<br />
den Nutzen-Kosten-Faktor verbessern<br />
helfen. Mit anderen Worten: Es soll solange<br />
geplant und kalkuliert werden,<br />
bis das persönliche Ziel des Ministers<br />
schöngerechnet scheint. Kritisch ist zudem,<br />
dass bei der Gesamtbetrachtung<br />
des Projekts derzeit die Kosten, die nach<br />
dem Bau der Darßbahn jährlich für den<br />
Betrieb durch das Land aufzubringen<br />
sind, außen vorgelassen werden. Das<br />
Ministerium scheint hierzu keine Rechnungen<br />
angestellt zu haben, es verweist<br />
lediglich auf die Ergebnisse einer noch<br />
durchzuführenden Ausschreibung. So<br />
sinnvoll die Idee der Darßbahn auch<br />
scheinen mag: Der Steuerzahler darf mit<br />
seinem Geld nicht für Investitionsprojekte<br />
herhalten, die eine dauerhaft negative<br />
Rendite erwirtschaften, nur weil sie<br />
politisch gewollt sind. Und selbst wenn<br />
das Nutzen-Kosten-Verhältnis auf dem<br />
Papier nach Abschluss der Detailplanung<br />
geradeso ausgewogen sein sollte,<br />
ist erfahrungsgemäß damit zu rechnen,<br />
dass es im Zuge der Realisierung zu<br />
Baukostenüberschreitungen kommen<br />
wird. Dann wird es dauerhaft teuer für<br />
die Steuerzahler. Ebenso ist zweifelhaft,<br />
ob die Darßbahn eine echte Alternative<br />
zum Autoverkehr darstellt. Das darf aufgrund<br />
der insgesamt schlechten Anbindung<br />
Mecklenburg-Vorpommerns an<br />
das Netz der Deutschen Bahn erheblich<br />
bezweifelt werden. Im Sinne der Steuerzahler<br />
sollten daher alle Signale für den<br />
kostspieligen und unwirtschaftlichen<br />
Wiederaufbau der Darßbahn auf Rot<br />
gestellt werden.<br />
Bremen. Damit Besucher und Mieter des<br />
neuen Stadthauses Vegesack (früheres<br />
Kaufhaus Kramer) keine nassen Füße<br />
bekommen, soll ein Tunnel zwischen<br />
der Tiefgarage am Sedanplatz und der<br />
ehemaligen Kramer-Immobilie gebaut<br />
werden. Für die knapp 20 Meter werden<br />
nach bisherigen Angaben rund<br />
<strong>Verschwendung</strong> droht<br />
371.000 Euro fällig, die vom Steuerzahler<br />
zu tragen sind. Der Nutzen der<br />
unterirdischen Fußgängerverbindung<br />
hält sich in Grenzen, zumal Besucher das<br />
Stadthaus leicht über einen Tiefgaragen-<br />
Aufzug und dann ebenerdig über den<br />
Sedanplatz erreichen können. Große<br />
Teile der Vegesacker Ortspolitik und der<br />
Bremer Wirtschaftssenator halten die<br />
wetterunabhängige Erreichbarkeit der<br />
Behördendienststellen sowie der Bank-,<br />
Einzelhandels- und Freizeitangebote im<br />
Stadthaus dagegen für unverzichtbar.<br />
Sie stützen sich auf Zusicherungen, die<br />
die in der heutigen stadteigenen Wirtschaftsförderung<br />
Bremen GmbH (WFB)<br />
aufgegangene Bremer Investitions-Gesellschaft<br />
(BIG) großzügig gegenüber<br />
Mietern des Stadthauses gegeben hatte.<br />
Doch ursprüngliche Planungen für das<br />
Untergeschoss des Stadthauses sind<br />
längst Makulatur. Eine Bowlingbahn, die<br />
über den Tunnel auch zu Zeiten erreichbar<br />
ist, an denen das übrige Stadthaus<br />
geschlossen ist, wird es aller Voraussicht<br />
nach nicht geben. Der potenzielle Betreiber<br />
hat sich schon vor Monaten zurückgezogen.<br />
So nimmt die <strong>Verschwendung</strong><br />
im Bremer Norden ihren Lauf. Dagegen<br />
kommt nicht einmal die Finanzsenatorin<br />
als Hüterin der Bremer Stadtkassen an,<br />
die die Notwendigkeit der unterirdischen<br />
Verbindung am Sedanplatz noch im Juli<br />
<strong>2010</strong> öffentlich in Zweifel zog und damit<br />
vielen Steuerzahlern aus dem Herzen<br />
sprach und spricht. <strong>Die</strong> Tunnelkosten<br />
von 371.000 Euro resultieren übrigens<br />
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