Die öffentliche Verschwendung 2010
Die öffentliche Verschwendung 2010
Die öffentliche Verschwendung 2010
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Nachlese<br />
kaufsversuch starten – mit realistischen<br />
Preisvorstellungen. Selbst ein niedriger<br />
Verkaufspreis ist besser als ein weiteres<br />
Einlagern, das den Steuerzahlern dann<br />
irgendwann auch noch Entsorgungskosten<br />
aufhalst.<br />
Völklingen. Bereits das Schwarzbuch<br />
„<strong>Die</strong> <strong>öffentliche</strong> <strong>Verschwendung</strong>“ des<br />
Bundes der Steuerzahler 2008 hatte über<br />
die damals projektierte Meerwasserfischzuchtanlage<br />
in Völklingen berichtet.<br />
Der BdSt befürchtete damals, dass die<br />
geschätzten Investitionskosten von gut<br />
12 Mio. Euro verloren gehen könnten.<br />
<strong>Die</strong>ses Risiko ist inzwischen gestiegen.<br />
Nach unwidersprochenen Presseberichten<br />
sollen die Baukosten gestiegen sein<br />
und der Zeitpunkt der Fertigstellung der<br />
Anlage rücke in immer fernere Zukunft.<br />
2008 hatte es geheißen, dass 12 Mio. Euro<br />
investiert würden und die Anlage Ende<br />
<strong>2010</strong> die ersten Fische auf den Markt<br />
bringen könnte. Störe, Barsche und Doraden<br />
sollten nicht mehr aus dem weit<br />
entfernten Meer, sondern aus Völklingen<br />
kommen. Daraus wird wohl vorerst<br />
nichts werden. Wesentliche technische<br />
Gerätschaften warten noch bei ihren<br />
Herstellern auf den Versand nach und<br />
den Einbau in Völklingen. Derweil sollen<br />
die Baukosten inzwischen auf knapp 15<br />
Mio. Euro gestiegen sein und die Gesamtkosten<br />
des Projekts auf mehr als 17<br />
Mio. Aufzubringen von der Meeresfischzucht<br />
Völklingen GmbH, die zu rund 90<br />
Prozent der Gewerbeansiedlungsgesell-<br />
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schaft Völklingen mbH (GAV) gehört,<br />
die ihrerseits eine 100-prozentige Tochter<br />
der Stadtwerke Völklingen Holding<br />
GmbH (SWV) ist. Geht das Unterfangen<br />
schief, müssen am Ende einmal mehr<br />
die Steuerzahler bluten, denn die Stadt<br />
Völklingen hat Bürgschaften in Millionenhöhe<br />
gewährt. Und dass das Projekt<br />
ein Erfolg wird, bezweifeln Experten.<br />
<strong>Die</strong> International Fish Farming Technology<br />
(IFFT) ist mit einem zehnprozentigen<br />
Anteil an der Meeresfischzuchtanlage<br />
Völklingen GmbH beteiligt. Kritiker<br />
sehen in dieser untergeordneten Beteiligung<br />
ein Indiz für die Risikobehaftung<br />
des Vorhabens. Wenn der ökonomische<br />
Erfolg große Wahrscheinlichkeit hätte,<br />
dann wäre der Technikentwickler selber<br />
größer eingestiegen und hätte andere<br />
private Investoren gewinnen können.<br />
Bleiben am Ende nur <strong>öffentliche</strong> Investoren<br />
übrig, landet das Risiko letztlich<br />
beim Steuerzahler.<br />
Bei allem Verständnis für das Bemühen,<br />
den Strukturwandel in Völklingen<br />
voranzutreiben, bleiben Zweifel an den<br />
Erfolgsausichten der maritimen Zuchtanlage.<br />
Der Markt ist heiß umkämpft,<br />
was auf die Preise drückt. Wenn aber die<br />
Produktionskos ten tief im Binnenland<br />
höher sind als in Zuchtbetrieben an der<br />
Küste, dürfte es schwer sein, die Finanzierungskosten<br />
hereinzubekommen und<br />
eine Rendite zu erwirtschaften. Treibt<br />
man aber die Schulden der bürgenden<br />
Stadt in die Höhe, erreicht man das Gegenteil<br />
von Strukturverbesserung.<br />
Darmstadt. Das Kongress- und Wissenschaftszentrum<br />
Darmstadtium war bereits<br />
Thema im Schwarzbuch 2008. Wir<br />
kritisierten damals neben verschiedenen<br />
Planungsmängeln auch das jährliche<br />
Defizit, das den städtischen Haushalt auf<br />
Dauer in Millionenhöhe belasten werde.<br />
Jetzt wurde nicht nur die Schlussabrechnung<br />
präsentiert. Es liegen auch Erfahrungen<br />
aus den ersten Betriebsjahren<br />
vor. Fakt ist, dass die Baukosten für das<br />
Mammutprojekt nochmals gestiegen<br />
sind, und zwar von 80 auf 90,5 Mio. Euro.<br />
Viel musste wegen mangelhafter Planung<br />
nachgebessert werden. Manche Ideen,<br />
wie die Molekular-Gastronomie, das<br />
Cybernarium oder die Vermietung von<br />
Ladenflächen, erwiesen sich als regelrechte<br />
Flops. Dass das Kongresszentrum<br />
gut angenommen wird und zahlreiche<br />
Besucher in die Stadt lockt, kann die<br />
Steuerzahler allerdings wenig trösten.<br />
Denn nachdem es nicht gelungen ist, ei-<br />
Das Kongresszentrum muss jährlich mit<br />
3,6 Mio. Euro bezuschusst werden.<br />
Nachlese<br />
nen Partner für eine Beteiligung an dem<br />
Betrieb zu gewinnen, muss die Stadt mit<br />
immer neuen Bürgschaften nachhelfen.<br />
<strong>Die</strong> Betriebskosten steigen und der städtische<br />
Zuschuss zur Deckung der Defizite<br />
wird voraussichtlich 3,6 Mio. Euro pro<br />
Jahr betragen. Der früher einmal eingeplante<br />
Zuschuss von jährlich 2,4 Mio.<br />
Euro reicht also bei weitem nicht aus.<br />
Naumburg. Es stand im Schwarzbuch<br />
2005, dass der Sportverein TV Friesen<br />
1888 mit immerhin 875.000 Euro einschließlich<br />
Fördermitteln des Bundes aus<br />
dem „Goldenen Plan Ost“ den Neu- und<br />
Umbau eines Sportplatz-Sozialgebäudes<br />
bewältigen wollte. Doch nach einer ersten<br />
Feier mit viel Prominenz im halbfertigen<br />
Haus im Jahr 2003 tat sich nicht<br />
mehr viel. Nach einer Reihe von Pleiten,<br />
Pech und Pannen gammelte eine Bauruine<br />
vor sich hin, der TV Friesen 1888 e. V.<br />
Naumburg hatte Insolvenz angemeldet.<br />
Das Landesverwaltungsamt erließ als einer<br />
der Gläubiger einen Rückforderungsbescheid.<br />
Doch das 2005 eingeleitete Insolvenzverfahren<br />
musste 2008 mangels<br />
einer die Verfahrenskosten deckenden<br />
Masse eingestellt werden. 320.375 Euro<br />
Fördermittel lös ten sich in Luft auf, denn<br />
die Insolvenzgläubiger erhielten auf ihre<br />
anerkannten Forderungen 0,00 Prozent.<br />
Wie uns das Landesverwaltungsamt<br />
wissen ließ, haben Prüfungen nach einer<br />
persönlichen Haftung des Vorstands<br />
des Sportvereins und der damals mit der<br />
Gewährung der Fördermittel befassten<br />
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