Die öffentliche Verschwendung 2010
Die öffentliche Verschwendung 2010
Die öffentliche Verschwendung 2010
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Brücken und Verkehr<br />
Brückenwerk aufgesetzt. Um ein Wegenetz<br />
für die Landwirtschaft zu erhalten,<br />
wurde die Landesstraße mehrere Meter<br />
aufgeschüttet und mit einer Brücke versehen:<br />
Kosten rund 430.000 Euro. Damit<br />
sollten landwirtschaftliche Fahrzeuge<br />
kreuzungsfrei in das Wirtschaftswegenetz<br />
gelangen. Übergangen wurden<br />
dabei die Einwände, es habe seit Jahren<br />
dort keine Landwirtschaft gegeben<br />
und am Anfang und am Ende der 1.450<br />
Meter langen Umgehung seien Zugänge<br />
in die Wirtschaftswege vorhanden. Der<br />
neue Weg unter der Brücke wird indes<br />
hauptsächlich von Spaziergängern mit<br />
Hund genutzt. Ursache dafür ist ein hinter<br />
der Brücke befindliches, ebenfalls<br />
neu errichtetes Regenrückhaltebecken.<br />
Wegen des Beckens führt der Weg in so<br />
enger Kurve unter der Brücke hindurch,<br />
dass er für landwirtschaftliches Gerät<br />
kaum nutzbar ist.<br />
Kisdorf/S-H. Gerade einmal drei Jahre<br />
war der Minikreisverkehr von Kisdorf in<br />
Betrieb, dann wurde er wieder zurückgebaut.<br />
Dabei wollte die Gemeinde ihn<br />
behalten. Wie viele andere Ortschaften<br />
auch, beklagt die Gemeinde Kisdorf<br />
(Kreis Segeberg), dass sich Autofahrer<br />
in der Ortsdurchfahrt nicht an die<br />
Geschwindigkeitsbegrenzung halten.<br />
Abhilfe sollte ein Kreisverkehr schaffen.<br />
Im August 2006 errichtete der Landesbetrieb<br />
Straßenbau und Verkehr auf<br />
Wunsch der Gemeinde im Rahmen einer<br />
anderen Straßenbaumaßnahme einen<br />
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sogenannten Minikreisel, weil für einen<br />
großen Kreisverkehr mit bepflanzter<br />
Mittelinsel nicht genügend Raum zur<br />
Verfügung stand. Deshalb musste er<br />
so gestaltet werden, dass Lastzüge und<br />
Busse die Mittelinsel überfahren können.<br />
In der Praxis zeigte sich, dass aber auch<br />
viele andere Autofahrer einfach geradeaus<br />
über die Aufpflasterung fuhren, womit<br />
zusätzlicher Lärm verursacht wurde.<br />
Deswegen beschwerten sich rund 60<br />
Einwohner und forderten den Rückbau<br />
des Kreisels. Mehrfach beschäftigte sich<br />
daraufhin die Gemeindevertretung mit<br />
dem Problem und kam zu dem Ergebnis,<br />
dass unter dem Strich der Erhalt<br />
des Kreisverkehrs die bessere Lösung<br />
ist. <strong>Die</strong> Minderheit der unmittelbar<br />
Betroffenen wandte sich dann an den<br />
Petitionsausschuss des Schleswig-Holsteinischen<br />
Landtags. Nach Anhörung<br />
von Verkehrsaufsicht, Polizei und Straßenbauverwaltung<br />
empfahl dieser den<br />
Rückbau als einzige Lösungsmöglichkeit.<br />
Der Landesbetrieb Straßenbau und<br />
Verkehr als Baulastträger sah sich an die<br />
Empfehlung des Ausschusses gebunden<br />
und verfügte trotz Protesten des Bürgermeisters<br />
den Rückbau. Dabei spielte<br />
auch keine Rolle, dass dieser mit rund<br />
24.000 Euro fast fünfmal so teuer war<br />
wie die ursprüngliche Herstellung. <strong>Die</strong><br />
Lehre aus der Geschichte: Wenn man<br />
Minderheiten vor der Mehrheit schützen<br />
will, wird es für den Steuerzahler<br />
oft teuer.<br />
Finnentrops Lennebrücke ist bis 2012 eine temporäre So-Da-Brücke.<br />
Finnentrop. Seit drei Jahrzehnten wird<br />
die Beseitigung des Bahnübergangs in<br />
Finnentrop, der täglich lange Staus verursacht,<br />
geplant und geprüft, verworfen<br />
und wieder neu geplant. Es handelt<br />
sich um ein Gemeinschaftsprojekt von<br />
Bund, Land und Bahn. Dass es mit Bund,<br />
Land und Bahn, die sich die Kosten zu je<br />
einem Drittel teilen, gleich drei Beteiligte<br />
gibt, macht die Sache nicht einfacher.<br />
Im Dezember 1979 stellte das Landesstraßenbauamt<br />
erstmals verschiedene<br />
Varianten vor, um den Bahnübergang<br />
zu beseitigen. Zuerst gab es Proteste von<br />
einer Bürgerinitiative, dann wurden die<br />
Planungen eingestellt. Nachdem das Gesetz<br />
zur Prüfung der Umweltverträglichkeit<br />
(UVP) erlassen worden war, musste<br />
wieder neu geprüft und geplant werden.<br />
Anfang 1990 brachte die Gemeinde<br />
schließlich selbst eine neue Variante ins<br />
Spiel: Mit einer neuen Brücke über die<br />
Lenne und einer weiteren Brücke über<br />
die Gleise. Im Mai 2004 wurde das Planfeststellungsverfahren<br />
rechtskräftig.<br />
Anschließend brauchten Bund, Land<br />
und Deutsche Bahn weitere vier Jahre,<br />
um eine neue Eisenbahnkreuzungsvereinbarung<br />
zu treffen. Im März 2008<br />
Brücken und Verkehr<br />
war es endlich soweit: Feierlich wurde<br />
der erste Spatenstich für die neue Lennebrücke<br />
gesetzt. Ende <strong>2010</strong> sollte der<br />
Bahnübergang beseitigt werden. Doch<br />
die Finnentroper haben zu früh gefeiert:<br />
<strong>Die</strong> neue Lennebrücke ragt sinnlos ins<br />
Leere, weil die Oberleitungen der Bahn<br />
den Weiterbau behindern. Um die Oberleitungen<br />
zu verlegen, muss der Bahnhof<br />
sechs Wochen gesperrt werden. Das<br />
war für die Sommerferien <strong>2010</strong> geplant.<br />
Weil die Bahn aber zu viele Baustellen<br />
und zu wenige Umleitungsmöglichkeiten<br />
hat, würde der bereits national und international<br />
abgestimmte Eisenbahnverkehr<br />
nicht mehr funktionieren. Denn die<br />
Bahn hatte vergessen, ihre Pläne rechtzeitig<br />
mit ihren Verkehrsunternehmen<br />
abzustimmen. Also werden die Oberleitungen<br />
erst 2012 verlegt. Das hatte die<br />
Straßenbaubehörde allerdings nicht mitbekommen<br />
und schon mal mit dem Bau<br />
der neuen Lennebrücke begonnen. Jetzt<br />
ist die Brücke fast fertig – aber eben nur<br />
fast, weil die restlichen Bauarbeiten erst<br />
beendet werden können, wenn die Oberleitungen<br />
verlegt worden sind. Bis in vier<br />
Jahren alles endgültig fertig ist, wird hier<br />
kein Auto fahren. Für die Unterhaltung<br />
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