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Die öffentliche Verschwendung 2010

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Kostenexplosion<br />

100 Prozent der Freien und Hansestadt<br />

Hamburg, weshalb von externem Sachverstand<br />

nicht die Rede sein konnte. Zum<br />

anderen wurden der Gesellschaft von<br />

der Stadt beleihungsfähige Grundstücke<br />

kostenfrei zur Verfügung gestellt, weshalb<br />

private Investoren nach EU-Recht<br />

gar nicht beteiligt werden durften. Doch<br />

die Bedenken, die auch die Opposition<br />

im parlamentarischen Beratungsgang<br />

vorgetragen hatte, wurden von der seinerzeit<br />

mit absoluter Mehrheit ausgestatteten<br />

CDU beiseite gewischt – die<br />

Fischereihafenentwicklungsgesellschaft<br />

mbH & Co. KG (FEG) wurde gegründet.<br />

<strong>Die</strong> Grundlage für die erste Projektplanung<br />

war allerdings ein zu kleines Bemessungsschiff,<br />

weshalb die FEG diese<br />

Pläne verwerfen und neu ausarbeiten<br />

musste. Doch die Gesellschaft war sich<br />

ihrer Arbeit trotz des von der Politik zugetrauten<br />

externen Sachverstands offenbar<br />

nicht sicher genug, denn sie bat<br />

die Betriebsgesellschaft für das Cruise<br />

Center, die Entwurfsplanung kritisch<br />

gegenzulesen. <strong>Die</strong> wurde ursprünglich<br />

nicht ins Boot geholt, damit sie sich bei<br />

einer Ausweitung ihrer Aufgaben nicht<br />

verzettelt, obwohl es sich um teils identische<br />

Tätigkeiten gehandelt hätte.<br />

Das Planungschaos hätte wohl vermieden<br />

werden können, wenn sich der Senat<br />

auf hanseatische Tugenden besonnen<br />

und das zusätzliche Kreuzfahrtterminal<br />

mit der eigenen Hochbauverwaltung<br />

geplant hätte. Dann wäre allerdings die<br />

66<br />

Vorlage der sogenannten Haushaltsunterlage-Bau<br />

(HU-Bau) zwingend erforderlich<br />

gewesen, in der alle Informationen<br />

zur Errichtung, zum Betrieb und<br />

zur Wirtschaftlichkeit des Vorhabens<br />

detailliert dargestellt und nachgewiesen<br />

werden müssen. <strong>Die</strong>se konservative<br />

Planung soll Planungsfehler minimieren<br />

und dazu beitragen, Bauprojekte<br />

wirtschaftlich zu errichten. Doch weil<br />

die HU-Bau auch kritische Fragen der<br />

Opposition provoziert und gerade die<br />

bei politisch gewollten Leuchtturmprojekten<br />

umgangen werden sollen, nimmt<br />

der Trend zur Gründung städtischer Unternehmen<br />

zur Realisierung von Bauprojekten<br />

in Hamburg zu. Das ist wiederum<br />

Auslöser für zum Teil enorme<br />

Kostensteigerungen bei <strong>öffentliche</strong>n<br />

Bauprojekten, wie im Fall des zweiten<br />

Kreuzfahrtterminals: Hier werden nun<br />

60 Prozent mehr ausgegeben als ursprünglich<br />

veranschlagt, also rund 30<br />

Mio. Euro.<br />

Aufgedeckt<br />

Rechnungshöfe werden fündig<br />

Europa. <strong>Die</strong> EU-Mitgliedstaaten wollen<br />

zusammen mit sechs weiteren Nationen<br />

einen Kernfusionsreaktor bauen. ITER<br />

(International Thermonuclear Experimental<br />

Reactor) nennt sich dieser Versuch,<br />

Wasserstoffkerne miteinander zu<br />

verschmelzen. Derzeit schmelzen aber<br />

lediglich Steuergelder. Im Jahr 2001 hieß<br />

es, die EU werde 2,7 Mrd. Euro zu den<br />

ITER-Baukosten beisteuern müssen. Inzwischen<br />

geht die EU-Kommission davon<br />

aus, dass sich der EU-Beitrag fast<br />

verdreifachen wird – auf 7,2 Mrd. Euro!<br />

Das ist ein Mehrbedarf von 4,5 Mrd.<br />

Euro. Einen Teil der Lücke müsste Frankreich<br />

schließen, da dort der ITER gebaut<br />

wird. Doch der Großteil des Mehrbedarfs,<br />

rund 3,7 Mrd. Euro, müsste von<br />

EURATOM und damit aus dem EU-<br />

Haushalt finanziert werden. Noch wird<br />

auf EU-Ebene darum gerungen, wie die<br />

Finanzierungslücke geschlossen werden<br />

kann. Im Gespräch sind Kostensenkungsmaßnahmen,Haushaltsumschichtungen<br />

oder Kredite der Europäischen<br />

Investitionsbank. Hauptleidtragende<br />

dürften die deutschen Steuerzahler sein,<br />

die mit knapp 20 Prozent den größten<br />

Beitrag zum EU-Haushalt leisten.<br />

Wie konnte es zu dieser Kostenexplosion<br />

kommen? <strong>Die</strong> EU-Kommission spricht<br />

diplomatisch von „Problemen in Bezug<br />

auf die Verwaltung des gemeinsamen<br />

Unternehmens „Fusion for Energy“ und<br />

der internationalen ITER-Organisation“.<br />

Der Europäische Rechnungshof beklagt<br />

mangelhafte Kontroll- und Finanzin-<br />

Aufgedeckt<br />

formationssysteme sowie Vergabefehler<br />

durch „Fusion for Energy“. Dessen<br />

Chef ist Anfang <strong>2010</strong> zurückgetreten,<br />

auch wenn ein Zusammenhang mit<br />

der Kostenexplosion offiziell bestritten<br />

wird. <strong>Die</strong> Bundesregierung sieht<br />

Abstimmungsprobleme zwischen den<br />

Partnerstaaten und die zweifellos große<br />

Komplexität des Projekts als weitere<br />

Gründe.<br />

So weit, so schlecht. Doch vor allem ist<br />

zu konstatieren, dass das ITER-Abkommen<br />

ein ziemlich unverblümter Vertrag<br />

zu Lasten Dritter ist. Denn die EU bzw.<br />

EURATOM haben gar kein Recht, von<br />

dem Abkommen zurückzutreten! Was<br />

immer ITER kostet, die europäischen<br />

und damit vor allem die deutschen Steuerzahler<br />

sind zur Begleichung der Rechnung<br />

verpflichtet. Wer will angesichts<br />

solch eines Blankoschecks überrascht<br />

sein, wenn dann die Kosten tatsächlich<br />

explodieren.<br />

Brandenburg. Zur Einführung umweltschonender<br />

Verfahren in der Landwirtschaft<br />

und der Produktivitätsverbesserung<br />

der Betriebe förderte das Land<br />

Brandenburg zwischen 2004 und 2006<br />

landwirtschaftliche Betriebe mit insgesamt<br />

rund 39 Mio. Euro. <strong>Die</strong> mit der<br />

Förderung beauftragte InvestitionsBank<br />

des Landes Brandenburg beachtete nach<br />

Feststellungen des Landesrechnungshofs<br />

die Zuwendungsvoraussetzungen<br />

nicht ausreichend. Entgegen der Förderrichtlinie<br />

bewilligte sie Zuschüsse an<br />

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