22.06.2012 Aufrufe

Die öffentliche Verschwendung 2010

Die öffentliche Verschwendung 2010

Die öffentliche Verschwendung 2010

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Teure Fehler<br />

Teure Fehler<br />

Dumm gelaufen oder nicht zu Ende gedacht?<br />

Leinfelden-Echterdingen. Bereits im Winter<br />

<strong>2010</strong> machte der Bau eines Ziegenstalls<br />

in Leinfelden-Echterdingen (Kreis<br />

Esslingen) den Bund der Steuerzahler<br />

Baden-Württemberg hellhörig. Satte<br />

118.000 Euro sollten die Steuerzahler<br />

für den Neubau aufbringen. Inzwischen<br />

wurde der benötigte Betrag auf<br />

100.000 Euro korrigiert. <strong>Die</strong> Rechnung<br />

mussten übrigens alle Steuerzahler im<br />

Land tragen, da auch Mittel aus der naturschutzrechtlichen<br />

Ausgleichsabgabe<br />

in den Bau flossen. <strong>Die</strong> Stadt war Bauherr<br />

und errichtete das Stallgebäude<br />

für Ziegen, welche zur Beweidung eines<br />

Naturschutzgebietes eingesetzt werden<br />

sollten. Allerdings war vorgesehen, dass<br />

der neue Stall nur als Winterquartier genutzt<br />

wird. In der übrigen Zeit sollte das<br />

Gebäude als Lagerraum und zur Nutzung<br />

durch den Pächter dienen. Nicht<br />

konkret beantwortet wurde die Frage, ob<br />

der Bau eines Stallgebäudes nicht auch<br />

günstiger möglich gewesen wäre. Dazu<br />

wurde lediglich auf die Anforderungen<br />

und Auflagen des Landwirtschaftsamtes<br />

verwiesen, damit eine artgerechte Unterbringung<br />

der Tiere gewährleistet sei.<br />

Zudem führte die Stadt aus, man sei bemüht,<br />

das Gebäude möglichst gut in die<br />

Landschaft zu integrieren. Später wurde<br />

allerdings vermeldet, dass der Pächter<br />

offenbar gar keinen Stall benötigt, da er<br />

über einen eigenen verfügt. Der Ziegenstall<br />

drohte demnach leer zu stehen und<br />

war auf dem besten Weg, zu einem „So-<br />

Da-Ziegenstall“ zu werden, der einfach<br />

38<br />

so da steht. Kurz vor Redaktionsschluss<br />

wurde nun aber anscheinend doch noch<br />

eine Ziegenherde aus dem Hut gezaubert,<br />

die den Stall bevölkern soll. Allerdings<br />

werden nun noch Strom- und<br />

Wasseranschlüsse benötigt, so dass mit<br />

weiteren Kosten zu rechnen ist. Fazit:<br />

Der Steuerzahler schüttelt den Kopf und<br />

ärgert sich.<br />

Goslar. Aus der tristen Talstraße soll<br />

eine ansehnliche Baumallee werden –<br />

so sieht es die Planung der Stadt Goslar<br />

hinsichtlich der Umgestaltung der Ortsmitte<br />

Oker vor. Fünf Pavillons stehen der<br />

Realisierung dieses Vorhabens im Wege<br />

und sollen daher abgerissen werden.<br />

Praktischerweise wurden die Pavillons<br />

auf Grundstücken errichtet, die nur vermietet<br />

worden waren. Nach dem Willen<br />

der Stadt sollten die Grundstücksmietverträge<br />

zum 30. Juni 2009 gekündigt<br />

und die Pavillons danach vertragsgemäß<br />

auf Kosten der ehemaligen Mieter<br />

abgerissen werden. Was in der Theorie<br />

einfach klingt, scheiterte in der Praxis<br />

aber an Formmängeln: Denn entweder<br />

hätten die Vertragskündigungen vom<br />

Oberbürgermeister persönlich unterschrieben<br />

oder einem Bevollmächtigten<br />

eine entsprechende Vollmachtsurkunde<br />

ausgestellt werden müssen. Doch nichts<br />

von beidem geschah, obwohl die Rathausspitze<br />

mit zwei Volljuristen besetzt<br />

war. Bei festgestellter Unwirksamkeit<br />

der ausgesprochenen Kündigungen hätten<br />

sich die Mietverträge um fünf Jahre<br />

verlängert. Für das städtische Rechnungsprüfungsamt<br />

ein klarer Fall von<br />

grober Pflichtverletzung. <strong>Die</strong> Stadt Goslar<br />

spricht wiederum von bedauerlichen<br />

Bürofehlern. An der Rechtsauffassung<br />

der ungültigen Kündigungen zweifelt die<br />

Stadt, wollte es aber auf keine jahrelangen<br />

Prozesse mit ungewissem Ausgang<br />

ankommen lassen – insbesondere nicht<br />

vor dem Hintergrund, dass die zeitliche<br />

Verzögerung dazu geführt hätte,<br />

dass ihr Bauprojekt wohl nicht mehr<br />

in den Genuss von Landesförderungen<br />

gekommen wäre, die im Jahr 2012 auslaufen.<br />

<strong>Die</strong> Streitigkeiten wurden daher<br />

außergerichtlich beigelegt. Den Mietern<br />

wurden für die Beendigung ihrer Verträge<br />

beträchtliche Zugeständnisse in<br />

Form von Entschädigungszahlungen<br />

und Übernahme der Abrisskosten in<br />

einer Gesamthöhe von ca. 73.000 Euro<br />

gemacht. <strong>Die</strong>se Vereinbarungen wurden<br />

vom Rechnungsprüfungsamt kritisiert –<br />

die angestrebte bauliche Umgestaltung<br />

hätte wirtschaftlicher durchgeführt werden<br />

können, wenn der nächstmögliche<br />

Kündigungstermin zum 30. Juni 2014<br />

von der Stadt akzeptiert und der Baubeginn<br />

verschoben worden wäre. Doch<br />

so viel Geduld hatte man im Goslarer<br />

Rathaus offenbar nicht.<br />

Blandorf/Ostfriesland. Auf welch kostspielige<br />

Weise hochfliegende Träume<br />

doch platzen können, erlebte die ostfriesische<br />

Samtgemeinde Hage. Seit 1972<br />

hatte man dort die fixe Idee, in Blandorf<br />

Teure Fehler<br />

einen Campingplatz zu errichten. Doch<br />

erst 2002 konnte die Samtgemeinde<br />

das dazu auserkorene 5,3 Hektar große<br />

Areal für rund 330.000 Euro plus ca.<br />

20.000 Euro Nebenkosten erwerben – auf<br />

Kredit versteht sich. Allerdings sprang<br />

der sicher geglaubte Investor, der den<br />

Campingplatz errichten und betreiben<br />

sollte, schnell wieder ab. So lag das Projekt<br />

fast sieben Jahre lang faktisch auf<br />

Eis, während der Schuldendienst für<br />

das aufgenommene Darlehen zu bedienen<br />

war. Erst 2009 konnte die Samtgemeinde<br />

einen neuen Investor finden, der<br />

auch das Grundstück kaufte: Zu einem<br />

Drittel des ursprünglichen Kaufpreises!<br />

<strong>Die</strong> Samtgemeinde erhielt für das Areal<br />

lediglich knapp 110.000 Euro. Zusätzlich<br />

war der Investor bereit, einen Ablösebetrag<br />

für die Schmutzwasserkanalisation<br />

in Höhe von über 41.000 Euro zu leisten.<br />

Der Samtgemeindebürgermeister meint,<br />

damit ein gutes Geschäft gemacht zu haben.<br />

Schließlich gab ein zum Zeitpunkt<br />

des Verkaufs aktuelles Verkehrswertgutachten<br />

den Grundstückswert mit etwa<br />

143.000 Euro an. Wenn dem so ist, wurde<br />

die Samtgemeinde offenbar 2002 auf eklatante<br />

Weise zulasten der Steuerzahler<br />

übervorteilt. Denn dass das Areal in sieben<br />

Jahren aufgrund von Marktentwicklungen<br />

rund zwei Drittel an Wert verloren<br />

hat, behauptet noch nicht einmal<br />

der Samtgemeindebürgermeister selbst.<br />

Und als wäre das nicht genug, ist die<br />

Samtgemeinde auch auf dem Restdarlehen<br />

von 245.000 Euro aus dem Grund-<br />

39

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!