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Manfreds Mann: Kreativ-Solist<br />
Fo<strong>to</strong>: © Deborah Franks<br />
Der britische Sänger, Keyboarder, Gitarrist und Schlagzeuger Michael David "<br />
Mike"<br />
d'Abo wird wohl auf ewig mit den Sixties-Ikonen Manfred Mann identifiziert werden.<br />
Viele erinnern sich: d'Abo übernahm 1966 den Frontjob von Paul Jones und<br />
fügte einer langen Hitserie ein halbes Dutzend weiterer Treffer hinzu, "Just Like<br />
A Woman", "Semi-Detached Suburban Mr James", "Ha Ha Said <strong>The</strong> Clown", "Mighty<br />
Quinn" sowie "Fox On <strong>The</strong> Run" und "My Name Is Jack". Keiner dieser Popsongs<br />
wurde vom Orgler Manfred Mann komponiert – der bestellte lieber beim Routinier<br />
Tony Hazzard oder dem zeitweiligen Privatier Bob Dylan. Er hätte ebenso gut seinen<br />
Leadsänger fragen können ...<br />
B<br />
ereits als 19-Jähriger bewies d'Abo in A<br />
Band Of Angels, dass er nicht nur mit einer<br />
klaren Gesangsstimme gesegnet war,<br />
die sich für Beat, Pop, aber auch Soul eignete. Man<br />
hatte ihn auch als Songschreiber gewähren lassen.<br />
Mochten Single-A-Seiten gelegentlich von Neil Sedaka<br />
oder Doc Pomus & Mort Shuman geschrieben<br />
sein – dem jungen<br />
d'Abo gelang es, Eigenes<br />
wie "Gonna Make A Woman<br />
Of You" (mit Gitarrist<br />
John Edward Baker)<br />
und "Too Late My Love"<br />
auf B-Seiten zu platzieren.<br />
Die erste Single<br />
"Me"/"Not True As Yet"<br />
hatte United Artists gar<br />
komplett von d'Abo<br />
schreiben lassen; vor<br />
dem Einstieg bei Manfred<br />
Mann trug auch der<br />
Single-Abschied "Invitation" ausschließlich seinen<br />
Namen.<br />
Nicht, dass dem Mädchenschwarm die Mann'sche<br />
Missachtung viel ausmachte: In der Manfreds-Ära<br />
1966 bis 1969 wurden seine Kompositionen vielfach<br />
angefragt: Cliff Richard, Love Affair, Long John<br />
Baldry, die Liste ist endlos. Die britischen Soulstars<br />
<strong>The</strong> Foundations schlugen mit seinem "Build Me<br />
Up Buttercup" ein, Rod Stewart coverte das romantische<br />
"A Little Misunders<strong>to</strong>od", und R&B-Urwuchs<br />
Chris Farlowe brachte 1967 die eingängige Ballade<br />
"Handbags & Gladrags", von der niemand ahnte –<br />
am wenigsten d'Abo selbst –, dass sie ihm einst die<br />
Rente bringen würde!<br />
Farlowe bugsierte das Pracht-<br />
Stück zwar nur bis auf #33, hält<br />
es<br />
aber bis heute hoch, auch auf<br />
Tourneen mit den Manfreds.<br />
Rod Stewart interpretierte es<br />
zwei Jahre danach auf AN OLD<br />
RAINCOAT WON'T EVER LET<br />
YOU DOWN – als Single gelang<br />
Manfred Mann Band, 1966–1969 (v.l.): Klaus, Manfred Mann, Mike d'Abo,<br />
Tom McGuinness, Mike Hugg<br />
immerhin ein Platz in den Billboard-Top-100. Dessen<br />
erinnerte sich Rod <strong>The</strong> Mod wohl, als er "Handbags"<br />
1991 auch auf UNPLUGGED AND SEATED nahm –<br />
jenen Song, der laut d'Abo „Mädchen sagen sollte,<br />
dass Trends-hinterher-Hecheln nicht zum Glück<br />
führt, sondern es tiefere Werte gibt". Die Stereopho-<br />
nics folgten ebenso wie Tantiemen-Gigant BBC, der<br />
den Song zur<br />
Titelmelodie<br />
seiner TV-<br />
Serie „<strong>The</strong> Office"<br />
machte.<br />
Mike d'Abo<br />
war über<br />
Jahrzehnte<br />
profiliert geblieben:<br />
Er<br />
sang den<br />
Herodes in<br />
„Jesus Christ<br />
Superstar",<br />
war Filmkomponist für „Ein Mädchen in der Suppe"<br />
(1970), lieferte 1976 D'ABO & SMITH mit Mike<br />
Smith (Leadsänger der Dave Clark Five) sowie fünf<br />
Soloalben, von denen er drei vor und zwei nach seinen<br />
weniger erfolgreichen Amerika-Jahren aufnahm.<br />
Der inzwischen 70-Jährige ist s<strong>to</strong>lz auf seine Kompositionen,<br />
baut sie in den Set der Manfreds ein, so<br />
auch während der Goldenen Jubliläums<strong>to</strong>ur Anfang<br />
2013. Vor allem sang er "Handbags & Gladrags" wieder<br />
selbst im Studio: auf seinem ersten Solo-Album<br />
seit 25 Jahren, PASSION DRIVEN („Von Leidenschaft<br />
getrieben"). Variationsreich, wenn auch leicht überproduziert,<br />
ist seine Kreativität intakt. D'Abo prägt<br />
"Handbags" mit eigener Diktion, unterstützt vom<br />
Chor seiner beiden „Passion Sisters" Ginnie David<br />
und Lauren Rimell. Er behält das schöne Piano-Arrangement<br />
von Chris Farlowes Thunderbirds-Organist<br />
Dave Greenslade bei, garniert mit betörendem<br />
Sopransaxofon vom Manfreds-Bläser Simon Currie.<br />
Zwischen neuen Balladen ("Jaqueline", "Rosarita")<br />
und karibischem Holiday-Feeling ("Sunny Skies",<br />
"Spice It Up") liefert der Altmeister mit "Tiny Miracles"<br />
anrührend den Grund dafür, dass er beim<br />
letzten Manfreds-Album LET 'EM ROLL 2007 durch<br />
Abwesenheit glänzte, obwohl er 2008 zur nächsten<br />
Tournee wieder antrat.<br />
Damals erblickten seine Zwillinge – getauft nach<br />
Louis (Armstrong) und Ella (Fitzgerald) – das Licht<br />
der Welt: „Als Vater von zwei so<br />
jungen Kindern hat der Tag nicht<br />
genug Stunden für mich: Ich<br />
möchte die Welt am liebsten einmal<br />
im Monat anhalten", beteuert<br />
er. So hätte der rüstige Brite (selbst<br />
seit neun Jahren Großvater) auch<br />
ohne Studios und Bühnenshow<br />
alle Hände voll zu tun, trotz agiler<br />
junger Gattin und Mutter: Lisa<br />
Weaver ist jünger als des Sängers<br />
45-jährige erste Tochter Olivia<br />
d'Abo.<br />
Uli Twelker<br />
MIKE D'ABO ALBUM-DISCOGRAPHIE:<br />
1970 D'ABO (Uni Records)<br />
1972 DOWN AT RACHEL'S PLACE (A&M Records)<br />
1974 BROKEN RAINBOWS (A&M Records)<br />
1987 INDESTRUCTABLE (President)<br />
1988 TOMORROW'S TROUBADOUR (President)<br />
2013 PASSION DRIVEN (Nova Records)<br />
COMPILATIONS:<br />
THE MIKE D'ABO SONGBOOK I –<br />
1964–1970: A LITTLE MISUNDERSTOOD (RPM)<br />
THE MIKE D'ABO SONGBOOK II –<br />
HANDBAGS & GLADRAGS (RPM)<br />
HANDBAGS & GLADRAGS –<br />
THE MIKE D'ABO SONGBOOK (President)<br />
HIDDEN GEMS AND TREASURED FRIENDS (Angel Air)<br />
Seite 18 ■ <strong>GoodTimes</strong> 2/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>