Trödler Erotikmagazine (Vorschau)
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PUPPEN<br />
KÄTHE KRUSE<br />
REINHARD WYLEGALLA<br />
1910 erschien die erste für den Verkauf bestimmte<br />
Käthe-Kruse-Puppe (Typ I). Sie zeichnete sich<br />
durch sehr breite Hüften aus und wurde bis 1952<br />
mit Stoffkopf hergestellt. Das Bild zeigt eine<br />
Puppe aus dem Jahr 1920<br />
Puppe „Fritz" (Typ 19), um 1930<br />
Puppe Typ I, 1917<br />
Seit über hundert Jahren entzücken Käthe-Kruse-Puppen Kinder und Sammler gleichermaßen.<br />
In Bad Kösen, wo die siebenfache Mutter und weltberühmte „Puppenmutter"<br />
38 Jahre lang wirkte, geht eine Dauerausstellung im Romanischen Haus auf die<br />
Geschichte der „Kinder" für das Kinderzimmer ein. Seit dem Ankauf der Sammlung<br />
Wally Lüer (Goslar, 1931-2013) umfasst der Bestand über 230 Exemplare aus der Zeit von<br />
1910 bis in die jüngere Vergangenheit. Darüber hinaus sind Bad Kösener „Künstler-<br />
Puppen" aus der Zeit zwischen 1950 und 1964, als die Werkstatt Käthe Kruses als VEB<br />
weitergeführt wurde, zu sehen.<br />
toffel eingebunden, der „Rumpf" unterhalb<br />
des „Kopfs" mit Sand gefüllt. Übrig blieben<br />
vier Zipfel, in denen man mit etwas Fantasie<br />
Arme und Beine erkennen konnte.<br />
Tochter Marie, das „Mimerle", nahm die<br />
Puppe spontan in die Arme und drückte<br />
sie an sich. Ihre Mutter erkannte, dass ihre<br />
ziemlich abstrakte Kreation die kindliche<br />
Fantasie mehr anregte als die handelsüblichen<br />
Puppen mit Porzellan- oder<br />
Pappmachéköpfen und Lederbälgen: „Eine<br />
Puppe muss warm und weich sein und<br />
auch ein gewisses Gewicht haben, um<br />
dem Kind das Gefühl zu geben, ein Kind<br />
im Arm zu haben."<br />
Diesem pädagogischen Grundsatz sollte<br />
Käthe Kruse, wie sie sich ab 1909 nach der<br />
Heirat mit dem 30 Jahre älteren Bildhauer<br />
Max Kruse nannte, ein Leben lang treu<br />
bleiben. Nachdem 1904 die „Urpuppe"<br />
aus der Taufe gehoben war, fertigte sie in<br />
den folgenden Jahren für ihre Kinder weitere<br />
Puppen an. Dabei wurde stetig die<br />
Technik verfeinert, auch experimentierte<br />
die „Puppenmutter" mit „kinderfreundlichen"<br />
Materialien. Schließlich gerieten ihre<br />
Puppen so professionell, dass sie 1910<br />
einige im Berliner Kaufhaus Hermann Tietz<br />
unter dem Motto „Spielzeug aus eigener<br />
Hand" ausstellen durfte.<br />
Das Publikum war schier begeistert von<br />
den „Puppenkindern", die mittlerweile ein<br />
so natürliches und liebenswertes Erscheinungsbild<br />
hatten, wie es anderen Herstellern<br />
kaum gelang. Obwohl schwanger, ermutigte<br />
der Erfolg Käthe Kruse, noch im<br />
gleichen Jahr mit der gewerblichen Puppenproduktion<br />
zu beginnen. Insbesondere<br />
die Gestaltung der Köpfe hatte der<br />
Autodidaktin lange Zeit Kopferzerbrechen<br />
bereitet. Vermutlich angeregt durch ihren<br />
Ehemann, hatte sie schließlich einen Kinderkopf,<br />
der ihr während eines Aufenthalts<br />
in München aufgefallen war, zum Modell<br />
ausgewählt. Bei der Münchner Vorlage<br />
handelte sich um die Kopie einer Skulptur<br />
des flämischen Bildhauers François Duquesnoy<br />
(1597-1643), der unter dem Namen<br />
„Il Fiamingo" (der Flame) in Rom gelebt<br />
hatte und wegen seiner anmutigen<br />
Kinderdarstellungen berühmt geworden<br />
war.<br />
Die „Urpuppe”<br />
„Ick koof euch keene Puppen. Ick find se<br />
scheißlich. Macht euch selber welche",<br />
stellte Max Kruse (1854-1942) ein für allemal<br />
klar, als Katharina Simon (1883-1968)<br />
ihn bat, für die Kinder Puppen zu kaufen.<br />
Die in Breslau gebürtige Schauspielerin,<br />
die später als „Puppenmutter Käthe Kruse"<br />
in die Geschichte eingehen sollte, resignierte<br />
nicht, sondern improvisierte: In<br />
die Mitte eines Handtuchs wurde eine Kar-<br />
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