Stadt-Anzeiger 576
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<strong>Stadt</strong>-<strong>Anzeiger</strong> Nr. <strong>576</strong> 24. April 2014 Seite 7<br />
Workshops Horn-Bad Meinberger Bürger arbeiten an der touristischen Zukunft Bad Meinbergs<br />
Auf der Suche nach dem Stein der Weisen<br />
Das Beratungsunternehmen Projekt<br />
M ist dabei, in Zusammenarbeit mit<br />
vielen Akteuren aus Horn-Bad Meinberg<br />
einen touristischen Masterplan<br />
zu erstellen. Dieser Plan wiederum ist<br />
Voraussetzung für eine (finanzielle)<br />
Unterstützung des Landes NRW für<br />
die Neuausrichtung Bad Meinbergs.<br />
Mitte April kam es nun im Kurgastzentrum<br />
zu einem ersten Workshop<br />
mit Horn-Bad Meinberger Bürgern<br />
und Entscheidungsträgern.<br />
Bürgermeister Eberhard Block machte<br />
die Misere deutlich: Nur noch zwei<br />
Prozent der Gäste kommen aus dem<br />
Bereich der ambulanten Badekur.<br />
„Das kann die Zukunft nicht sein“, so<br />
Block. Wo aber liegt die Zukunft Bad<br />
Meinbergs? „Allein werde man den<br />
Stein der Weisen nicht finden“, befand<br />
Block. Klaus Stein erwartet aus<br />
Sicht des Landesverbandes „gute und<br />
plausible Handlungsempfehlungen“<br />
von Projekt M. Und Wolfgang Grimme,<br />
der den Prozess im Auftrag des<br />
Landesverbandes als Moderator begleitet,<br />
befand: <strong>Stadt</strong> und Landesverband<br />
sind an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit<br />
angekommen. Ideen<br />
für die Zukunft Bad Meinbergs müssten<br />
aus der Gemeinschaft heraus kommen.<br />
„Wir sind Katalysator und Hebamme“,<br />
so Grimme.<br />
Unbekannt und<br />
unbeliebt<br />
Nachdem die Aufgaben verteilt waren,<br />
ging es an eine schonungslose<br />
Bestandsaufnahme. Die übernahm<br />
Andreas Lorenz (Projekt M). Privat<br />
angereiste Gäste seien in Bad Meinberg<br />
kaum vorhanden. Zwar seien die<br />
Übernachtungszahlen in den letzten<br />
Jahren stabil gewesen. Das liege aber<br />
am Wachstum des Hauses Yoga Vi-<br />
Arbeit in den Workshops mit Maike Grieshaber.<br />
Der Kommentar von Manfred Hütte<br />
Flamme höher stellen<br />
Eines steht schon jetzt fest: Horn-Bad Meinberg hat sich in der<br />
Vergangenheit wenig professionell touristisch vermarktet. Die Erfolge<br />
der beiden großen Kliniken (Brunnenklinik, Mediclin Roseklinik) und<br />
dem Haus Yoga Vidya waren mehr<br />
einem eigenständischen Marketing zu<br />
verdanken als dem Zutun von <strong>Stadt</strong>,<br />
<strong>Stadt</strong>marketing, Kreis oder Landesverband.<br />
Im Gegenteil: fehlende Zuständigkeiten<br />
oder Doppelzuständigkeiten<br />
bremsten Projekte. Und eine dilettantische<br />
Landesverband-Politik<br />
(Ausverkauf des Staatsbades, Schließungsabsichten<br />
des Badehauses nach<br />
Millionensanierung) scheint auch den<br />
letzten Rest an Gästen noch zu vergraulen.<br />
Im Ergebnis kocht der Tourismus<br />
in Horn-Bad Meinberg auf ganz<br />
kleiner Flamme.<br />
Eine Alleinstellung muss her, und<br />
davon haben wir in unserer Bindestrichstadt<br />
mehr als genug: Die Externsteine<br />
vor der Haustür, gleich drei<br />
natürliche Heilmittel, der Teutoburger Wald, die medizinisch-therapeutische<br />
Kompetenz in den Kliniken und eine durch Yoga importierte neue<br />
Art zu Denken und zu Handeln – all das sind Pfunde, mit denen man<br />
wuchern kann. Jetzt gilt es, daraus gemeinsam getragene Produkte zu<br />
backen, die von vielen Leistungsträgern mit vermarktet werden. Dann<br />
kann die Flamme durchaus höher gestellt werden. Auch wenn man<br />
keinen „Stein der Weisen“ finden wird.<br />
dya bei den Übernachtungszahlen.<br />
Gäste hätten den Eindruck, der Ort<br />
stehe vor dem Ausverkauf. Zudem,<br />
das hätte eine Umfrage des Hauses<br />
ergeben, verfüge Bad Meinberg nur<br />
über eine unterdurchschnittliche Markenstärke.<br />
Im Klartext: Bad Meinberg<br />
sei im Vergleich mit anderen<br />
Kurorten eher unbekannt und unbeliebt.<br />
Dabei sieht er trotzdem Potenziale.<br />
31,7 Millionen Menschen leben<br />
in einem Radius von drei Autostunden<br />
Anreise. Bad Meinberg verfüge<br />
zudem über eine gute Infrastruktur, so<br />
Lorenz, und nannte das Badehaus,<br />
dessen Becken aber unsaniert aus den<br />
70er Jahren stamme. Die natürlichen<br />
Heilmittel würden zu wenig zielgruppengerecht<br />
und hinsichtlich ihrer<br />
Wirkung vermarktet. Das Thema<br />
„Moor“ werde zu wenig emotional<br />
besetzt. „Wo liegt der Mehrwert und<br />
der Nutzen für den Gast“, fragte er,<br />
und nannte das Beispiel „Bad Kohlgrub“<br />
für eine Vermarktung.<br />
„Yoga Vidya“ sei weitgehend eine<br />
autarke Angelegenheit mit zu wenig<br />
Vernetzung im Ort. Leitbetriebe wie<br />
der „Stern“ oder das Hotel „Bärenstein“<br />
entsprächen nicht komplett den<br />
Anforderungen der Gesundheitstouristen.<br />
Und bei kleineren Betrieben<br />
beobachtete er einen Investitionsstau.<br />
Als Pluspunkte wertete er „die hohe<br />
Kompetenz im Umgang mit älteren<br />
Gästen“ und Angebote wie die Senioren-Uni<br />
oder „Urlaub von der Pflege“<br />
(Haus am Kurpark). Bisher habe<br />
es aber wenig Zusammenarbeit und<br />
Vernetzung gegeben, klare Strukturen<br />
und Vernetzung fehlten und es<br />
gäbe eine Reihe an Doppelzuständigkeiten<br />
und nicht eindeutig zugeordnete<br />
Kompetenzen.<br />
Mehr Yoga<br />
in die <strong>Stadt</strong> tragen<br />
Trends im Tourismus war das Thema<br />
von Projektentwickler Detlef Jarosch.<br />
Er führte die Veränderungen<br />
im Reiseverhalten wie Individualisierung,<br />
Multioptionalität, die Suche nach<br />
authentischen, sinngeladenen Erlebnissen<br />
an und der Wunsch nach psychischer,<br />
physischer und sozialer<br />
Gesundheit. Ländliche Räume erfahren<br />
ein „Revival“, verbunden nach der<br />
Sehnsucht nach Entschleunigung und<br />
Gesundheit. Nachhaltigkeit sei ein<br />
Trendthema, gesucht werde Regionalität,<br />
Erlebbarkeit und ein sozialverträglicher<br />
Urlaub. Es fehlten Angebot<br />
im mittleren Segment und eine klare<br />
Positionierung. Jarosch nannte als<br />
Musterort Bad Reichenhall. Dort<br />
werde nicht die Sole beworben, der<br />
Ort positioniere sich als „Atemort“.<br />
Oder Scheidegg im Allgäu. Der Ort<br />
wirbt als „glutenfreies Scheidegg“.<br />
Zehn Prozent der Gäste kämen<br />
inzwischen wegen des Themas. Wanderer,<br />
Radfahrer – die „Hardware“<br />
sprich die Infrastruktur ist da, es werde<br />
aber zu wenig „bespielt“ und vermarktet.<br />
Das Thema „Yoga“ – für die<br />
Agentur M eine Chance zum Ausbau<br />
der gesundheitstouristischen Angebotes.<br />
Dafür müsse die vorhandene<br />
Kompetenz imagewirksam genutzt<br />
werden. Das Thema Yoga müsse mehr<br />
in die <strong>Stadt</strong> gebracht werden – durch<br />
Vernetzung und Kooperation zwischen<br />
Tourismus, Yogaanbieter und<br />
der <strong>Stadt</strong>. Projekt M stellte aber auch<br />
die Frage, ob das Thema Yoga von der<br />
Bevölkerung getragen werde.<br />
Foto: Manfred Hütte<br />
Anschließend ging es für die Workshop-Teilnehmer<br />
in die Arbeitsgruppen,<br />
geleitet von Wolfgang Jarosch,<br />
Andreas Lorenz und Maike Grieshaber<br />
von Projekt M. Hier wurden anhand<br />
von Themen Chancen und Risiken,<br />
Stärken und Schwächen genannt<br />
und mit Post-Its festgehalten. Zurzeit<br />
ist Projekt M mit der Auswertung<br />
beschäftigt, aus der dann konkrete<br />
Projekte abgeleitet werden sollen.<br />
Projekte und<br />
Maßnahmen als<br />
Ergebnis<br />
Aufbauend auf den Analyseergebnissen<br />
aus den Workshops wird in der<br />
zweiten Arbeitsphase die künftige<br />
Profilierung Bad Meinbergs auf dem<br />
gesundheitstouristischen Markt erarbeitet.<br />
Arbeitsphase 3 widmet sich der<br />
Festlegung von künftigen Themenschwerpunkten<br />
und Geschäftsfeldern<br />
sowie Zielgruppen und deren charakteristischer<br />
Merkmale. Für die einzelnen<br />
Produkt- und Themenbereiche<br />
werden Produkt- und Qualitätsstandards<br />
unter medizinisch-gesundheitlichen<br />
sowie touristischen Aspekten<br />
definiert, die eine Entwicklung und<br />
Vermarktung zukunftsfähiger und<br />
qualitativ hochwertiger Programme<br />
und Produkte sichern soll, schreibt<br />
der Landesverband. Basierend auf<br />
den erarbeiteten Ergebnissen umfasst<br />
die letzte Arbeitsphase die Erstellung<br />
eines konkreten Projekt- und Maßnahmenkatalogs<br />
zur Umsetzung des<br />
Konzeptes.<br />
Im Ergebnis wird mit dem Masterplan<br />
Bad Meinberg ein Handlungsprogramm<br />
für die künftige touristische<br />
Entwicklung Bad Meinbergs auf<br />
den Weg gebracht. Die strategischen<br />
Eckpfeiler der Arbeit werden mit einer<br />
Steuerungsgruppe diskutiert. Diese<br />
besteht aus Vertretern der Staatsbad<br />
Meinberg GmbH, dem Landesverband<br />
Lippe, der <strong>Stadt</strong> Horn-Bad<br />
Meinberg, dem Kreis Lippe, der <strong>Stadt</strong>marketing<br />
GmbH und der Bezirksregierung<br />
Detmold sowie PROJECT<br />
M und tagt alle zwei Monate.<br />
Die operative Begleitung des Prozesses<br />
erfolgt durch eine kleinere Projektsteuerungsgruppe,<br />
die sich aus<br />
der Staatsbad GmbH, der <strong>Stadt</strong>marketing<br />
GmbH, der <strong>Stadt</strong> und dem<br />
Landesverband zusammensetzt und<br />
im Zwei-Wochen-Turnus die erarbeiteten<br />
Ergebnisse diskutiert.<br />
Mehr unter<br />
www.projektm.de.<br />
www.hornbadmeinberg.de<br />
www.landesverband-lippe.de<br />
M.H./Landesverband